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Einleitung

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Was im Allgemeinen unter „römischer Religion“ verstanden wird, ist vor allem ein Produkt der mittleren und späten Republik, also der Zeit zwischen dem Sieg Roms über die Latiner 338 v. Chr. und Bundesgenossenkrieg, in dem die italische Bevölkerung versuchte, der römischen Hegemonie ein Ende zu setzen. Dieser Versuch endete im Jahre 89 v. Chr. mit dem Sieg Roms über ganz Italien.

Durch grundlegende Veränderungen im Wesen und in der Struktur der römischen Aristokratie und dem eigenen Versuch, diese Modifikationen wiederum zu verfestigen, zu lenken oder einzuschränken, veränderte sich auch die römische Religion in dieser Epoche. Die Erfindungen und Veränderungen, die in dieser Zeit unternommen wurden, könnten jeweils unter verschiedenen Begriffen, wie zum Beispiel Ritualisierung, Routinisierung, Systematisierung oder gar Abstraktion, Skepsis, Hellenisierung und Modernisierung, behandelt werden. In diesem Buch werde ich hingegen versuchen darzulegen, dass die Mehrheit dieser Begriffe unter den Begriff Rationalisierung zusammengefasst werden kann: Aus Praktiken wurden Regeln und Prinzipien gewonnen. Diese wurden wiederum zum Objekt eigener Diskurse, mit eigenen Argumentationsregeln und eigenen institutionellen Orten. So festgeschrieben und weiter ausgearbeitet beeinflussten sie zukünftiges Handeln und Innovation.

Zu Beginn muss vor allem eines klar sein: Die Quellen, die uns vorliegen, lassen es nicht zu – und das behaupte ich auch nicht –, zu sagen, dass alle Veränderungen dieser Zeit systematisch geplant waren oder durch Prozesse in intellektuellen Kreisen vorangetrieben wurden. Die massiven Änderungen, die römische rituelle Praktiken im vierten Jahrhundert durch weitreichende Additionen zu einem zuvor in engem kalendarischen und topographisch Rahmen angesiedelten Ritualsystem durchlief, sind ein Beispiel dafür. Wie ich in Kapitel 2 beschreiben und zu erklären versuchen werde, können diese Veränderungen primär vor allem als von politischen Motiven getrieben betrachtet werden. Aber im darauf folgenden Zeitraum und über das ganze dritte Jahrhundert hinweg zeigt religiöser Wandel eine Stringenz, die zugleich Ergebnis ihrer Entstehungsumstände wie ihrer diskursiven Kontrolle ist. Dass wir von ihnen überhaupt wissen und wie sie sich entwickelten ist das Ergebnis ihrer gezielten Beeinflussung und ihrer Durchführung unter dem Druck rationalisierender und systematisierender Prozesse des religiösen Diskurses der späten mittleren Republik – Prozesse, die bis zum Ende der Republik an Bedeutung gewannen. Dies ist die Entwicklung, die dieses Buch darstellen und untersuchen will.

Römische Religion in republikanischer Zeit

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