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3.2 Gesellschaftliche Entwicklungen im dritten Jahrhundert
ОглавлениеWenige schlaglichtartige Beobachtungen mögen zur Charakterisierung des in Frage stehenden Untersuchungszeitraumes dienen.16 In außenpolitischer Hinsicht war er durch die gewaltige Expansion direkter und indirekter römischer Herrschaft nach dem Ersten Punischen Krieg bestimmt, die Rom bis zur Mitte des zweiten Jahrhunderts zur dominierenden Macht im Mittelmeerraum werden ließ. Das wirkte auch kulturell: Die direkten, das heißt zumeist kriegerischen Kontakte mit der italischen Magna Graecia in den Pyrrhus-Kriegen hatten sich auf Sizilien und schließlich sogar das festländische Griechenland ausgeweitet. Angesichts einer – wie zuvörderst der gigantische Kunstraub beweist – attraktiven hellenistischen Kultur war eine eigene Ortsbestimmung unausweichlich. Die antihellenistischen Affekte des alten Cato17 und Philosophenvertreibungen bestimmen das Bild vom Ende der Epoche mit – Haltungen und Ereignisse, die dezidierte Stellungnahmen in Einzelfällen darstellen, ohne den massiven Menschen- und Materialimport aus der hellenistischen Welt zu stoppen (und stoppen zu wollen).
Das erste Drittel des zweiten Jahrhunderts ist aber auch das Zeitalter einer Reihe von Luxusgesetzen.18 Das zeigt die Prozesse im Inneren der Gesellschaft. Eine starke Differenzierung weitete die Entfernung zwischen der Führungsschicht, die in ihrer Größe relativ stabil blieb und enorme Reichtümer ansammelte, und der Schicht der Beherrschten, die durch italische und provinziale Klienteln stark vergrößert und durch die fortgesetzte Kriegführung eher belastet als bereichert wurde. Mit den gestiegenen Chancen der magistratischen Ämter (und der in solchen schon realisierten Gewinne) nahm zugleich der interne Wettbewerb der Nobilität zu; Luxusgesetze wie Spielregeln für die Besetzung von Ämtern – zum Beispiel die Lex Villia annalis – werden notwendig, um die sichtbare Differenzierung in Grenzen zu halten und die Kohärenz der Führungsschicht zu bewahren.