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d) Die Hochschule als Grundrechtsträgerin und Grundrechtsverpflichtete
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Die (staatlichen) Hochschulen sind sowohl grundrechtsberechtigt als auch grundrechtsverpflichtet: Trotz ihres Charakters als juristische Person des öffentlichen Rechts kann die Hochschule Trägerin von Grundrechten, insbesondere der Wissenschaftsfreiheit sein. Die vom Schrifttum[79] und dem BayVerfGH anerkannte Grundrechtsberechtigung der Hochschule[80] dient dazu, der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Wissenschaftsfreiheit vorwiegend an Hochschulen ausgeübt wird und deshalb dem Staat eher die Hochschule und als der einzelne Wissenschaftler gegenübertritt. Der Grundrechtsschutz des einzelnen Wissenschaftlers bedarf deshalb einer Abrundung durch den Grundrechtsschutz der Hochschule. Allerdings ist die Grundrechtsberechtigung der Hochschule auf das Außenverhältnis zum Staat beschränkt.[81] In keinem Fall darf die Hochschule sich für eine Beeinträchtigung der Wissenschaftsfreiheit des Einzelnen auf Grundrechte berufen. Anderenfalls könnte das Ziel, die Grundrechtsposition des einzelnen Wissenschaftlers durch eine Grundrechtsberechtigung der Hochschule zu stärken, verfehlt werden.[82] Dass die Grundrechtsträgerschaft der Hochschule auf das Außenverhältnis beschränkt ist, gilt im Übrigen auch für die subjektiv-rechtliche Seite der akademischen Selbstverwaltung i.S.d. Art. 138 Abs. 2 S. 1 BV[83].
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Mit dieser Beschränkung einer Grundrechtsposition der Hochschule ist freilich nicht zugleich eine Grundrechtsträgerschaft der Fakultäten und ähnlicher Untergliederungen (auch unterhalb der Fakultätsebene)[84] ausgeschlossen. Diese ist zwar ebenfalls auf das Verhältnis zum Staat beschränkt. „Staat“ in diesem Sinne ist jedoch auch die Hochschulleitung und zwar erst recht dann, wenn sie im Zuge von Hochschulreformen im Verhältnis zur Ministerialverwaltung gestärkt und verselbstständigt wurde.[85] Sinn von Hochschulreformen kann nicht sein, durch Verschiebung der Verantwortungsteilung im Hochschulwesen zugunsten der Hochschulen den Grundrechtsschutz für freie Forschung und Lehre insgesamt zu schwächen. Von dieser Grundrechtsberechtigung der Untergliederungen der Hochschule sind die organschaftlichen Rechte dieser Einheiten zu unterscheiden. Diese können im Wege eines Hochschulverfassungsstreits (Spezialfall des verwaltungsrechtlichen Organstreits[86]) gegen andere teilrechtsfähige Rechtssubjekte innerhalb der Hochschule auch dann verteidigt werden, wenn nicht zugleich eine Grundrechtsbeeinträchtigung vorliegt.
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Beschränkt die Hochschule Rechte ihrer Mitglieder oder grundrechtsberechtigten Untergliederungen, ist sie, wie bereits angedeutet, aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung grundrechtsverpflichtet. Dasselbe gilt im Außenverhältnis z.B. bei Immatrikulationen oder gegenüber externen Doktoranden. Je stärker Aufgaben im Zuge von Hochschulreformen auf die Hochschulen verlagert werden, desto wichtiger wird für den einzelnen Wissenschaftler diese Grundrechtsverpflichtung der Hochschule.