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c) Staatliche Angelegenheiten (Art. 12 Abs. 3 BayHSchG)

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Art. 12 Abs. 3 BayHSchG erklärt einige Materien zu staatlichen Angelegenheiten, d.h. zu Aufgaben, die die Hochschule als staatliche Einrichtung erfüllt und deshalb der Fachaufsicht unterstehen (Art. 74 Abs. 2 BayHSchG)[114]. Es handelt sich um:

1. die Personalverwaltung,
2. Haushalts- und Wirtschaftsangelegenheiten, insbesondere die Verwendung und Bewirtschaftung der den Hochschulen zugewiesenen Landesmittel, landeseigenen Liegenschaften und Vermögensgegenstände,
3. die Gliederung der Hochschule einschließlich der Studiengangstruktur sowie Errichtung, Organisation und Betrieb technischer Einrichtungen, Materialprüfämter, wirtschaftlicher Betriebe und ähnlicher Einrichtungen,[115]
4. die überörtliche Bibliotheks- und Rechenzentrumskooperation,
5. die Studienjahreinteilung, die Regelung des Hochschulzugangs, Im- und Exmatrikulation, die Ermittlung von Ausbildungskapazitäten, die Festsetzung von Zulassungszahlen und die Vergabe von Studienplätzen,
6. die Beteiligung an oder die Durchführung von staatlichen Prüfungen,
7. die Erhebung von Gebühren, Verwaltungskostenbeiträgen und Auslagen und
8. weitere durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmte Angelegenheiten

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Auch in den genannten Bereichen können wissenschaftsrelevante Entscheidungen getroffen werden. Die Wissenschaftsfreiheit und die Hochschulselbstverwaltung werden hier jedoch regelmäßig durch andere Rechtsgüter in den Hintergrund gedrängt: Dem Staat obliegen zum einen grundrechtliche Schutzpflichten (für die Berufsfreiheit des Hochschulpersonals (Art. 12 Abs. 3 Nr. 1 BayHSchG), für die Berufsausbildungsfreiheit der Studenten (Art. 12 Abs. 3 Nr. 3, 5 und 6 BayHSchG) und für die allgemeine (wirtschaftliche) Handlungsfreiheit von Gebühren- und Kostenschuldnern (Art. 12 Abs. 3 Nr. 7 BayHSchG))[116]. Zum anderen sind öffentliche, insbesondere haushaltsrechtliche Interessen zu beachten (Art. 12 Abs. 3 Nr. 2 und 4 BayHSchG). Der Einfluss von Entscheidungen in diesen Bereichen auf Wissenschaft und Hochschulselbstverwaltung ist andererseits regelmäßig nur ein mittelbarer. Freie Forschung und Lehre wird z.B. grundsätzlich nicht dadurch unmittelbar beeinträchtigt, dass der Staat das Studienjahr in bestimmter Weise einteilt oder Bibliothekskooperationen regelt.[117]

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Allerdings sind im Interesse eines effektiven Schutzes der verfassungsrechtlichen Rechte aus Art. 138 Abs. 2 S. 1 BV Einschränkungen zu beachten: Zunächst sind die einzelnen Nummern des Art. 12 Abs. 3 BayHSchG restriktiv auszulegen[118] und die Aufzählung der in Art. 12 Abs. 3 BayHSchG genannten Materien ist (abgesehen von Art. 12 Abs. 3 Nr. 8 BayHSchG) wie der Wortlaut des Art. 12 Abs. 2 BayHSchG („… alle Angelegenheiten …, soweit nichts anderes bestimmt ist“) deutlich macht, als abschließend zu verstehen. Anderenfalls hätte der Staat z.B. gestützt auf Art. 12 Abs. 3 Nr. 1–3 und 5 BayHSchG die Möglichkeit, das Selbstverwaltungsrecht auszuhöhlen. Unter „Personalverwaltung“ i.S.d. Art. 12 Abs. 3 Nr. 1 BayHSchG darf daher z.B. nicht die Beurteilung der wissenschaftlichen Qualifikationen bei der Einstellung oder Berufung verstanden werden.[119] Bei den Haushalts- und Wirtschaftsangelegenheiten (Art. 12 Abs. 3 Nr. 2 BayHSchG) muss es im Lichte des Art. 138 Abs. 2 S. 1 BV allein Sache der Hochschule sein, die unmittelbar wissenschaftsrelevanten Entscheidungen zu treffen, welche finanziellen Dispositionen vorausgehen. Die Verwaltung des hochschuleigenen Vermögens sowie die Erhebung von Studienbeiträgen fällt, wie bereits dargelegt, ohnehin nicht unter Art. 12 Abs. 3 Nr. 2 BayHSchG. Ebenso sind bei Entscheidungen in den in Art. 12 Abs. 3 BayHSchG genannten Bereichen mittelbare Einflüsse auf die Wissenschaftsfreiheit der Hochschulen und Hochschullehrer stets mit zu berücksichtigen.[120]

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Im Gegensatz zum übrigen Studienwesen, das dem Kooperationsbereich zuzuordnen ist, überwiegt bei den in Art. 12 Abs. 3 BayHSchG genannten, das Studium betreffenden Angelegenheiten insbesondere bei der Frage der Im- und Exmatrikulation[121] sowie der Studiengangsstruktur das Interesse der Studierenden und Studienbewerber dasjenige der Hochschulen. Die genannten Materien (aber auch nur diese) sind somit Aufgabe des Staates.

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Die Gliederung der Hochschulen (z.B. in Fakultäten und andere wissenschaftliche Einrichtungen) rechnet Art. 12 Abs. 3 Nr. 3 BayHSchG dem staatlichen Bereich zu.[122] Gemessen am Ziel der Hochschulreformen, die Selbstständigkeit der Hochschulen zu stärken,[123] erscheint dies zunächst als kontraproduktiv. Mehr Selbstständigkeit bedeutet auch mehr Organisationsautonomie.[124] Allerdings entscheidet nur über die Gliederung in Fakultäten und Abteilungen der Staat (Art. 19 Abs. 3 S. 3 BayHSchG), während weitere Untergliederungen (z.B. in Fachbereiche, Departments und Institute) nach Art. 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 8 die Hochschulleitung regelt. Da diese Entscheidungen Auswirkungen auf Forschung und Lehre an der Hochschule haben können, folgt aus der Wissenschaftsfreiheit ein Anhörungsrecht der von solchen Entscheidungen der Hochschulleitung betroffenen Fakultäten und sonstigen Einrichtungen.

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