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18. Pilgertag, Dienstag, 05.05.2015

Beckenried–Gisigen: 24 km, Gesamt: 343 km

Nach einem wunderbaren ausgedehnten Frühstück starte ich in den heutigen Tag. Es geht zuerst am See entlang bis nach Buochs. Dort verlasse ich den Vierwaldstättersee und komme bald nach Stans mit der schönen Wallfahrtskirche St. Peter und Paul.


Frühling/Winter

Bis Stans war es eben, und ich konnte immer wieder den Blick vom Frühling hinauf in die winterlichen Berggipfel genießen. Neben mir auf den Streuobstwiesen stehen die ersten Obstbäume bereits voll in Blüte. Ich habe verschiedene Jahreszeiten im Blick.

Ab Stans wird es richtig hügelig. Keine großen Berge, aber trotzdem hab ich während des Tages sehr viele Höhenmeter zu überwinden.

Außerdem befinde ich mich offenbar wieder in der gastronomischen Diaspora. Ich komme immer mal durch kleine Weiler. Da erwarte ich gar keine Gastwirtschaft, aber leider finde ich nicht einmal einen kleinen Laden. Offensichtlich war ich in der Früh einfach nachlässig, als ich an einigen Supermärkten vorbeiging, ohne meinen Proviant wieder aufzufüllen. Diese Lektion lerne ich heute ausgiebig. Bequemlichkeit beim Einkaufen wird auf einem Pilgerweg zu Fuß gnadenlos mit Hunger und Durst bestraft. Auch das Gehen wird durch den Energieabfall nicht unbedingt zur Vergnügungsreise.

Hungrig und dürstend komme ich endlich nach St. Jakob. Schon von Weitem sehe ich das Werbeschild eines Gasthauses. Ich freue mich auf einen Teller Suppe und eine Tasse Kaffee. Umso größer dann die Enttäuschung, als ich das Schild „Ruhetag“ am Lokal hängen sehe.

Ich muss einfach weiterziehen und auf einer Bank meine letzte Käsescheibe und den letzten (halben) Körnersemmel essen. Und mein Trinkwasser ist jetzt auch aufgebraucht.

Und weil jetzt langsam auch die Energien aufgebraucht sind, versuche ich gleich ein Quartier für heute Abend zu reservieren. Mein Anruf im Haus Bethanien, dem Kloster der Dominikanerinnen, ist jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Dort sind derzeit 30-tägige Exerzitien und dementsprechend keine Betten frei – für nächste Woche könnte sie mir aber ein Zimmer reservieren. Gute Frau, so lange kann ich hier auf der Bank nicht warten.

Aber der nächste Anruf ist von Erfolg gekrönt. Im Pilger-Stibli ist ein Bett für mich frei. Gleichzeitig bin ich auch froh, weil sich meine Etappe dadurch um ca. 2 km verkürzt. Das Wissen, ein Bett für die Nacht in erreichbarer Entfernung zu haben, setzt jetzt neue Energien frei. Gestärkt raffe ich mich auf, auch die letzten Kilometer hinter mich zu bringen. Erschöpft und verschwitzt erreiche ich in der brennenden Sonne das Pilger-Stibli und werde vom kleinen Töchterchen Saskia empfangen.


Pilgerstibli

Im Stibli kann ich mir gleich Kaffee machen und eine kühle Cola ist auch im Kühlschrank. Neben dem Stibli, einer umfunktionierten Garage, an der Scheune die Treppe hoch, da ist dann die Pilgerherberge. Die habe ich heute für mich ganz allein, wie mir meine Gastgeberin Diana mitteilt. Das ist sehr angenehm. Ich habe Ruhe, kann die sauberen Sanitärräumlichkeiten ungestört benützen und mich bei einer kleinen Siesta wieder erholen. Am kleinen Tisch kann ich mein Tagebuch schreiben.

Abends regnet es ganz leicht, sodass die Luft wieder herrlich duftet und etwas abkühlt. Abendessen gibt’s im Gartenhäuschen der Familie. Die Kinder, Saskia und Denis, leisten mir Gesellschaft und erzählen vom Leben hier abseits der großen Städte und Dörfer. Den Großvater treffe ich vor dem Haus. Mit seinem Hut und dem buschigen Bart könnte er in jedem Heimatfilm das Klischee vom Schweizer Opi perfekt darstellen. Draußen rieselt immer noch der angenehme leichte Regen vom Himmel. Ich gehe deshalb sehr früh zu Bett, kann aber trotz des anstrengenden Tages nicht so richtig schlafen. Die ganze Muskulatur ist noch auf Dauerbetrieb. Ich merke, wie sich mein ganzer Körper auf die täglichen körperlichen Anstrengungen umstellt.

Vier Tage bin ich nun unterwegs. Die Muskulatur arbeitet auf Hochtouren und nutzt dazu auch leider die Nachtstunden. So unangenehm das vielleicht für den Moment ist, so dankbar kann ich mich aber bald auf eine wesentlich bessere körperliche Fitness freuen und meine Tagesetappen umfangreicher planen. Das macht mich schon etwas stolz und zufrieden.

Buen Camino - die schönste Reise meines Lebens

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