Читать книгу Buen Camino - die schönste Reise meines Lebens - Josef Frey - Страница 30
Оглавление24. Pilgertag, Dienstag, 03.05.2016
Tafers/Menziswil–Autigny: 27 km, Gesamt: 504 km
Gut ausgeruht und durch ein üppiges Frühstück gestärkt, fahre ich mit meinem Gastgeber ca. zwei Kilometer in Richtung des Bauernhofes vom Sohn, dem er bei der Arbeit hilft. Wir kommen dabei direkt am Jakobsweg vorbei. Dort verabschieden wir uns.
Fribourg
Der Weg bis Fribourg zieht sich unangenehm in die Länge. Nach den Vororten freue ich mich, als ich den Stadtkern mit der Kathedrale St. Nicolas erblicke. Ein schönes Bauwerk mit kunstvollen Glasfenstern. Ein Stempel bereichert meinen Pilgerpass. Der Stadtkern mit Fußgängerzone und vielen Geschäften ist sehr belebt. Ich nutze auch die Gelegenheit, mich an einem Bankautomaten wieder mit Bargeld zu versorgen.
Es ist etwas mühsam, den Weg aus der Stadt zu finden, aber ich finde ihn, und als ich auch durch diese Vororte durch bin, erwartet mich ein schöner Weg talwärts entlang einer kleinen Schlucht.
Wild, romantisch, Natur pur mal links und rechts des mitunter reißenden Baches. So erreiche ich die St. Appoloniabrücke über die Glâne, ein in früheren Zeiten wichtiger Verkehrsknotenpunkt der Römer. Heute kaum noch vorstellbar. Aber die ursprüngliche Schönheit dieses Bauwerks dürfen wir noch bewundern. Neben der Brückenkapelle, welche 1994 renoviert wurde, ist eine Rastbank, auf welcher ich eine Vesperpause einlege. Weil es aber sehr kalt und windig ist, gehe ich bald weiter.
Apolloniabrücke
Mein Weg führt mich durch hügeliges Terrain. Außer Gegend gibt es nichts. Davon aber sehr viel. Und meine innere Uhr meldet, dass es längst Zeit für eine heiße Suppe wäre. Ein Blick auf die Karte sagt mir, dass es eventuell in Posieux damit klappen könnte. Zielgerichtet marschiere ich nun zügig weiter und komme erwartungsvoll dort an. Und meine Hoffnung auf ein gutes Lokal sollte mehr als erfüllt werden.
Direkt an der Hauptstraße sehe ich eine Brasserie – und was für eine! Bei mir zu Hause würde man sagen, eine stilvolle Brauereigaststätte der feinen gutbürgerlichen Küche. Mir wird gleich ein kleiner Tisch angeboten, neben dem ich auch meinen Rucksack bequem ablegen kann. Einer der Ober kümmert sich unverzüglich um meine Wünsche, und ich probiere bei dieser Gelegenheit mal meine übersichtlichen französischen Sprachkenntnisse aus: „Bouillon avec œuf et thé noir, s’il vous plaît“ – Bouillon mit Ei und schwarzem Tee, bitte schön. Klappt prima. Am liebsten würde ich hier länger sitzen bleiben. Es herrscht reger Betrieb, alles ist brauereimäßig dekoriert und im großen Sudkessel wird offensichtlich auch noch gebraut. Richtig gemütlich hier.
Aber mein Weg führt mich wieder hinaus. Ich stelle mich dem kalten Wind, den Regenponcho immer griffbereit für den kleinen Schütter zwischendurch. Aber trotz der widrigen Witterung habe ich gute Laune. Konditionell bin ich dank meiner guten Vorbereitung topfit. Einzig mein rechtes Knie zwickt immer mal wieder schmerzhaft. Aber ich denke, wenn ich es mit der Belastung nicht übertreibe, wird sich das auch wieder einpendeln.
Gut gelaunt komme ich durch den Weiler Posat. Am Ortsausgang will ich schon an einer kleinen Terrasse des Restaurants vorbei den Weg ins Tal einschlagen, als ich zwei Pilger bemerke, welche mir „Buen Camino“ zurufen. Ich gehe auf sie zu. Es sind Lorenz und Hannes. Hannes hat seine Labradorhündin Lulu mit dabei. Wir kommen kurz ins Gespräch, nach dem Woher und Wohin. Zwei nette Typen, die erst in Ringenberg gestartet sind und die via Gebennensis von Genf bis Le Puy gehen wollen.
Hannes war bereits schon einmal in Santiago de Compostela und ist damals in Le Puy gestartet. Diese Lücke will er jetzt zusammen mit seinem Freund schließen. Sie haben für heute Abend Zimmer bei Mme Schneider in Autigny reserviert. Na, dann weiß ich auf jeden Fall, dass diese Dame zu Hause ist. Nachdem der Wirt zwischenzeitlich sein Restaurant für den Nachmittag geschlossen hat, gehe ich weiter. Vielleicht sehen wir uns ja in Autigny. „Buen Camino.“
Wieder mal hinunter zum Fluss Glâne und auf der anderen Seite hinauf zur Hochebene geht es dann bei zwischenzeitlich strömendem Regen drei bis vier Kilometer nach Autigny. Dort angekommen, entdecke ich gleich ein Restaurant mit Chambre (Zimmer). Ich gehe aber erst in die Kirche, um meinen Pilgerstempel abzuholen. Gegenüber der Kirche ist an einem Bauernhof auch ein Schild angebracht, welches auf eine Pilgerherberge aufmerksam macht. Hier geht’s ab!
Ich überlege schon, ob ich auf dem Bauernhof klingeln soll, da kommen meine zwei bekannten Pilger um die Ecke. Auf ihren Rat entschließe ich mich, mit ihnen zu gehen. Ich habe Glück. Mme Schneider hat noch ein Zimmer frei. Und das ist wirklich ein Glücksfall, wie man ihn nur alle Schaltjahre hat.
Bei Marie-Rose ist alles auf Pilger ausgerichtet. Die Zimmer und das Bad sind einfach, aber sauber. Im Flur gibt es auf dem Tisch alle Informationen, welche man als Pilger braucht. Und abends sitzen wir in gemütlicher Runde bei Martini, Vin rouge, Grappa und Kaffee zusammen Für das leibliche Wohl sorgen ein wunderbarer Salatteller und Spaghetti bolognese. Und dank der Französischkenntnisse meiner Pilgerfreunde haben wir auch eine unvergessliche Unterhaltung. Es ist ein traumhaft schöner Abend, an den ich mich noch sehr oft und sehr gerne erinnern werde.