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22. Pilgertag, Sonntag, 01.05.2016

Amsoldingen–Rueggisberg: 25 km, Gesamt: 447 km

Frühmorgens wache ich sehr gut ausgeruht auf und packe meinen Rucksack. In der Gaststube ist bereits das Frühstück für mich gerichtet. Den Kaffee kann ich mir selbst an der Maschine zubereiten. Alles andere ist im Kühlschrank und auf dem Tisch. Da habe ich gestern eine extra Einweisung bekommen. Es ist schon ein seltsames Gefühl, frühmorgens alleine in einer Gaststube zu sitzen.

Gestärkt verlasse ich den Gasthof. Ich dachte, dass meine Windjacke ausreichend wäre. Als ich jedoch im Freien stehe, entscheide ich mich dann doch gleich für den Regenponcho, was sich gleich für den ganzen Tag als richtig erweist.


Amsoldingen

Mein Weg führt mich vorbei an der Kirche „St. Mauritius“. Ich gehe hinein und bin ob der schlichten Ausstattung überwältigt von der Ausstrahlung, welcher dieser Raum auf mich hat.

Die Mesmerin kommt hinzu und erzählt stolz von der beruhigenden Strahlkraft der Krypta, welche sich unter dem Altarraum befindet. Der Kirchenbau war ca. um das Jahr 1000, aber bereits im 8. Jahrhundert befand sich hier ein Vorgängerbau.

Regentag


Erfüllt von den Eindrücken verlasse ich das Gebäude und gehe im strömenden Regen weiter. Ein Mann, mit dem Hund beim Gassigehen, erfüllt mir die Bitte, ein Foto von mir in meinem signalroten Regenponcho zu machen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass ich die Regenausrüstung den ganzen Tag benötigen werde. Gedankenverloren gehe ich meinen Weg, singe Lieder aus dem letzten Jahrtausend wie z. B. „Regentropfen, die an mein Fenster klopfen …“, „I’m singing in the rain“ und freue mich über das Hier und Jetzt. Das Leben ist schön, man muss es nur annehmen. Das kann man sogar bei Regen, wenn man will.

Um die Mittagszeit komme ich nach Wattenwil. An ein Rucksackvesper ist bei dieser Wetterlage nicht zu denken, umso mehr wächst in mir immer mehr der Wunsch nach einer warmen Suppe. Eine Bouillon mit Ei ist der Wunschtraum, welcher sich in meinem Kopf festzurrt. Und tatsächlich finde ich in Wattenwil eine Gaststätte, welche mir meinen Wunsch erfüllt, und ein heißer schwarzer Tee erhöht mein Wohlbefinden zusätzlich. Beim anschließenden Besuch der Kirche bekomme ich dann auch noch einen Pilgerstempel.

Auf dem Weg überlege ich mir, ob ich meine geplante Etappe verkürze oder gar verlängere. Ich mache den Umständen entsprechend kaum Pausen, so bin ich ganz gut in der Zeit. Ich muss nur aufpassen, unter dem Poncho nicht zu sehr zu schwitzen, damit ich mir keine Erkältung einfange. Es wird nämlich unangenehm kalt, um nicht auf Schwäbisch zu sagen: Es ist saukalt …


Rueggisberg

Ich entscheide mich für Rueggisberg als Etappenort. Da gibt es eine Gastwirtschaft, und somit dürften sowohl Schlafstätte als auch Verpflegung gesichert sein. Der Weg führt stetig leicht bergauf, und ich erreiche Rueggisberg auf knapp 1000 Höhenmetern kurz vor der Schneefallgrenze zwischen Mittags- und Kaffeezeit. Im Ort, gleich neben der Kirche, befindet sich der Gasthof „Bären“. Doch was sehen meine Augen? Auf der Tafel vor der Türe steht geschrieben: „Sonntag ab 14.30 Uhr geschlossen“ und „Montag Ruhetag“, und jetzt ist es Sonntag und gleich 15.00 Uhr. Was tun??? Ich denke, vielleicht sind noch Gäste drin, dann bekomme ich wenigstens einen Kaffee und eine kurze Pause im Trockenen.

Mit diesem Ansinnen betrete ich die ländliche, gemütliche kleine Gaststube und frage höflich, ob ich noch was bekommen könnte. Das Servierfräulein und die sympathische junge Wirtin heißen mich willkommen und bieten mir gleich einen Tisch an. Ich bekomme einen wunderbaren üppigen Salatteller und ein überbackenes großes Toastbrot. Dazu erst ein Tässchen Kaffee und dann ein Glas Bier. Eine warme Stube und ein Zimmer für die Nacht gibt es als Zugabe auch noch dazu. Pilger Sepp, was willst du mehr? Richtig, mehr braucht es nicht. Ich bin wunschlos glücklich.

Aufs Zimmer nehme ich mir noch eine Flasche Bier für den Abend mit und nutze die Zeit, Poncho, Schuhe etc. zu trocknen und auch zum Wäschewaschen. Hier kann ich alles gut zum Trocknen aufhängen, und so hab ich morgen wieder eine komplette Ausrüstung zur Verfügung.

Nach getaner Arbeit gehe ich dann noch hinüber in die Kirche zu einer kleinen besinnlichen Einkehr. Es regnet leicht, aber der Regen ist immer noch mit Schnee vermischt. So beeile ich mich, dass ich ganz schnell wieder in meine warme Stube zurückkomme. Mangels Alternativen bin ich sehr früh im Bett, studiere noch etwas die nächste Etappe in meinem Reiseführer und halte via Internet Kontakt nach Hause. Meine Bilder, die ich zwischendurch an die Familie und an Freunde schicke, finden offensichtlich Gefallen.

Buen Camino - die schönste Reise meines Lebens

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