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3.10 Verwendung brennbarer Baustoffe

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Die Verwendung nichtbrennbarer Baustoffe (Baustoffklassen A 1 und A 2) ist in jedem Fall unbedenklich und erhöht die Sicherheit für die Gebäudenutzer. Es bedarf daher einer Regelung, wo brennbare Baustoffe zur Verwendung gelangen dürfen.

[52]Für tragende Bauteile ergibt sich die Verwendung brennbarer Baustoffe aus der MVV TB, wo festgelegt ist, welche Baustoffe für Bauteile verwendet werden dürfen, die die bauaufsichtliche Forderung »feuerhemmend«, »hochfeuerhemmend« oder »feuerbeständig« erfüllen müssen. Schließt das Baurecht – über die Zuordnung der MVV TB hinausgehend – brennbare Baustoffe überhaupt aus, so ist dies bei der entsprechenden Bestimmung ausdrücklich gesagt, z. B. »Tragende Wände von Hochhäusern müssen mindestens feuerbeständig und aus nichtbrennbaren Baustoffen sein«.

Nur bei der Anforderung feuerhemmend (F 30) besteht keine Anforderung an die Brennbarkeit der Baustoffe (unabhängig Verbot leichtentflammbarer Baustoffe). Die mit den Anforderungen hochfeuerhemmend und feuerbeständig verbundenen Schutzziele können daher nur unter eingeschränkter Verwendung brennbarer Baustoffe erfüllt werden (siehe auch Tabelle 6).

Es ist natürlich nicht die Absicht dieses Buches, in Katalogform jeden Einzelfall zu behandeln, aber es sollen Prinzipien herausgestellt werden, nach denen der Gesetzgeber verfährt. Dämmschichten, Verkleidungen und Oberflächen von Wänden und Decken, nichttragende Außenwände, Rohrleitungen und Kanäle, Fußbodenbeläge, Dichtstoffe und Klebemittel müssen bauphysikalischen und ästhetischen Forderungen gerecht werden, die mit anorganischen, also nichtbrennbaren Baustoffen oft nur schwer oder gar nicht zu erfüllen sind. An die Raumdecke soll eine Holzverkleidung, die Wand wird tapeziert, der Fußboden erhält einen Parkettbelag, die Wärmeisolierung soll aus Polystyrolschaum hergestellt werden, die Abflussrohre wählt man aus Niederdruck-Polyethylen, der Fußbodenbelag im Flur besteht aus Polyvinylchlorid-(PVC)-platten, die mit einem brennbaren Kleber aufgebracht werden, Türen und Fensterrahmen sind aus Holz, alle Elektroleitungen mit PVC ummantelt – kurzum in jedem Gebäude besteht ein nicht unerheblicher Teil der Bausubstanz aus brennbaren Baustoffen mit z. T. unangenehmen Brandparallelerscheinungen.

Mit zunehmender Zahl der Personen im Gebäude, der Höhe eines Gebäudes oder dem Anteil nicht selbstrettungsfähiger Personen ist das erhöhte Brandrisiko durch die Verwendung brennbarer Baustoffe immer weniger tragbar. Das zweite Kriterium ist die Zugänglichkeit für die Feuerwehr an die Bauteile aus brennbaren Baustoffen.

An Wand- und Deckenverkleidungen von Wohnungen werden keine Anforderungen gestellt, da eine Wohnung nur von wenigen Personen bewohnt wird und von anderen Wohnungen durch feuerwiderstandsfähige Wände und mindestens feuerhemmende Decken getrennt ist. »Keine Anforderungen« gilt immer unter der Einschränkung, dass Baustoffe, die nach dem Einbau noch leichtentflammbar sind, gemäß § 26 MBO bei der Errichtung und Änderung baulicher Anlagen grundsätzlich nicht verwendet werden dürfen. Wandverkleidungen von Räumen in Hochhäusern müssen mindestens schwerentflammbar sein, Wandverkleidungen aus normalent[53]flammbaren Baustoffen (Klasse B 2) sind in Hochhäusern zulässig, wenn die Unterseite der angrenzenden Decke aus nichtbrennbaren Baustoffen (Klasse A) besteht. In Hochhäusern müssen alle Wand- und Deckenverkleidungen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Das Prinzip ist einleuchtend: mit der Höhe des Hauses wächst die Zahl der von einem Brand betroffenen Personen, verlängert sich der Rettungsweg, d. h. auch der Angriffsweg der Feuerwehr, folglich wird mit steigendem Risiko die Verwendung brennbarer Baustoffe, die eine Erhöhung der Brandentstehungswahrscheinlichkeit, der Brandlast, der Ausbreitungsgeschwindigkeit und der Verqualmung mit sich bringen, mehr und mehr eingeschränkt. Verkleidungen einschließlich Unterdecken und Dämmstoffe müssen in notwendigen Fluren aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen; ausgenommen sind Beschichtungen, Anstriche und Tapeten bis 0,5 mm Dicke, wenn sie vollflächig auf massivem mineralischen Untergrund aufgebracht sind. Flurwände und -decken aus brennbaren Baustoffen müssen eine Bekleidung aus nichtbrennbaren Baustoffen in ausreichender Dicke haben, um einer Brandentstehung und -ausbreitung vorzubeugen. Als ausreichende Dicke können z. B die im Handel verfügbaren Brandschutzplatten angesehen werden. In Schleusen und Treppenräumen sind brennbare Wandverkleidungen in jedem Fall untersagt; sofern die Treppenraumwände aus brennbaren Baustoffen bestehen dürfen, müssen sie ebenfalls eine nichtbrennbare Bekleidung haben. Auch hier ist ein Prinzip erkennbar: steigende Anforderungen in Fluchtrichtung. Im Raum keine Einschränkung, im Flur Einschränkungen, im Treppenraum ein Verbot der Verwendung brennbarer Baustoffe. Die Flucht aus dem Raum erfolgt in Richtung auf die Sicherheit hin, was logisch und psychologisch richtig ist. Den Zusammenhang zwischen der Zugänglichkeit für die Feuerwehr und der Anforderung an die Baustoffe zeigen die Bestimmungen über Verkleidungen an Außenwänden von Gebäuden. Abgesehen von der Brandausbreitung von einem Gebäude auf das andere soll ein Feuer auch nicht an der Gebäudeaußenwand hochbrennen und sich über ungeschützte Fensteröffnungen in andere Stockwerke oder auf das Dach ausbreiten. Höhen bis etwa 15 m erreicht die Feuerwehr mit dem Löschwasserstrahl sicher vom Boden aus. Höhen bis zur Hochhausgrenze von Hubrettungsgeräten, sprich Leitern aus, sofern eine Zufahrt und eine Aufstellfläche vorhanden sind; darüber hinaus ist der Zugang zur Gebäudeaußenwand verwehrt.


Bild 11: Durch den Brand eines Müllcontainers brannte das mit Polystyrol gedämmte Wärmedämmverbundsystem dieses fünfgeschossigen Wohnhauses vollständig ab. Der Brand wurde durch die ungeschützten Fensteröffnungen in die Wohnungen übertragen, die sämtlich ausbrannten.

Entsprechend sind die Forderungen des Baurechts: Bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3 sind Außenwandverkleidungen mit oder ohne Hinterlüftung aus mindestens normalentflammbaren Baustoffen zulässig, bis zur Hochhausgrenze aus mindestens schwerentflammbaren Baustoffen. Bei Außenwandkonstruktionen mit geschossübergreifenden Hohl- oder Lufträumen müssen gegen die Brandausbreitung besondere Vorkehrungen getroffen werden.

[54]Ziel ist die Begrenzung eines Brandes bis zum Beginn erster Löschmaßnahmen (20 min) auf das eigentliche Brandgeschoss und ein Geschoss darüber. Bei Hochhäusern müssen Außenwände und Fassaden aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Ausgenommen sind nur Fensterprofile, Dämmstoffe in nichtbrennbaren geschlossenen (Verglasungs-)Profilen, Dichtstoffe zur Abdichtung der Fugen zwischen Verglasungen und Traggerippen sowie Kleinteile ohne tragende Funktion, die nicht zur Brandausbreitung beitragen.

Ausnahmen für Wände ohne Öffnungen sind nicht sinnvoll, da Brände auch außerhalb von Gebäuden entstehen können. Brände in Industriebauten mit gewaltigen Sachschäden haben gezeigt, dass den Dämmstoffen großflächiger Bedachungen besonderes brandschutztechnisches Augenmerk zu schenken ist. Neben den Anforderungen der Industriebau-Richtlinie sollte die DIN 18234 beachtet werden.

[55]Bild 12: Totalschaden durch ungehinderte Brandausbreitung über die brennbare Dämm- und Teerschicht der gesamten Dachfläche.

Auch wenn sie nicht im direkten Sinn als Baustoff bezeichnet werden können, stellen die elektrischen Kabel und Leitungen in mehrfacher Hinsicht ein brandschutztechnisches Problem dar. Wegen der hervorragenden elektrischen Eigenschaften des brennbaren und salzsäureentwickelnden Kunststoffes PVC wird dieser beinahe ausschließlich zur Isolierung der Kabel und Leitungen verwendet. Diese Leitungen durchziehen das Gebäude in Strängen und Bündeln in Deckenhohlräumen und Schächten, wobei die Hauptstränge auf Kabelpritschen ausgerechnet in den Fluren geführt werden, die als Rettungswege dienen.

Hinsichtlich der Verlegung elektrischer Kabel und Leitungen in einem Gebäude sind aus der Sicht des Vorbeugenden Brandschutzes mehrere Gesichtspunkte zu beachten.

Zum einen ist das Gebäude, insbesondere seine Rettungswege, vor der Brandentstehung und Verqualmung durch elektrische Kabel und Leitungen zu schützen. Dies geschieht durch raumabschließende Bauteile mit Feuerwiderstand, Putz, Kanäle, Systemböden oder Abhängdecken. Dabei tritt das Problem der Abführung der elektrischen Verlustwärme auf.

Auch darf die Ausbreitung eines Brandes längs der Leitungswege, die das Gebäude horizontal und vertikal durchziehen, nicht möglich sein. Für die Durch[56]führung von Kabeln durch brandabschnittsbildende Wände und Decken hat die Industrie eine Reihe von Abschottungen anzubieten und die Leitungsanlagen-Richtlinie beschreibt standardisierte Ausführungen.

Kabel und Leitungen, die vor Brandeinwirkung geschützt werden müssen, weil sie der Sicherheit im Brandfall dienen, also Stromversorgung und Steuerleitungen von Sicherheitseinrichtungen, müssen einen Funktionserhalt im Brandfall haben, sie sind von der Brandlast des Gebäudes zu trennen, z. B. in feuerhemmenden oder feuerbeständigen Kanälen oder Schächten zu verlegen; es können auch alternativ Leitungsanlagen mit integrierten Funktionserhalt nach DIN 4102 Teil 12 verwendet werden.

Bestimmungen über die Verlegung von Leitungen und den erforderlichen Funktionserhalt finden sich in der Leitungsanlagen-Richtlinie.

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SBI – Single Burning Item

Vorbeugender baulicher Brandschutz

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