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2.1 Anordnen
Die Anordnung der baulichen Anlagen auf dem Grundstück, d. h. der Abstand der Gebäude voneinander, der Abstand zur Grundstücksgrenze und der Abstand zu bestehenden oder baurechtlich zulässigen künftigen Gebäuden, beeinflusst die Möglichkeit der Brandausbreitung ganz wesentlich.
An dieser Stelle muss ein Begriff eingeführt und erläutert werden, der im Baurecht eine wichtige Rolle spielt: der Nachbarschutz. Alle Schäden und Nachteile, die von einem Grundstück und seiner Bebauung ausgehend das Nachbargrundstück und dessen Bebauung betreffen könnten, sollen durch Nachbarschutzbestimmungen verhindert werden. Auf den Brandfall bezogen, sind viele Bestimmungen – über Brandwände, Außenwände und Dächer –, die der Ausbreitung eines Brandes entgegenwirken sollen »nachbarschützend«. Andere, das Anordnen der Gebäude auf dem Grundstück betreffende Bestimmungen haben den Schutz der Personen im Gebäude, der Gebäude selbst, bzw. der Löschmannschaft im Auge. Zu letzterem gehören z. B. der Abstand zu Hochspannungs-Freileitungen oder zu Bahnanlagen. Durch die Hochspannung entsteht einerseits eine Gefahr für die Löschkräfte und andererseits dürfen die Hochspannungsleitungen nicht durch brennende Gebäude beschädigt werden.
Die Anordnung der Gebäude auf dem Grundstück bestimmt weiterhin die Zugangsmöglichkeit zu den Gebäudefronten und damit die Möglichkeit für die Feuerwehr, wirksam zu löschen und Menschen und Tiere zu retten.
Die Anordnung der baulichen Anlagen auf dem Grundstück wird von den §§ 4 bis 6 MBO geregelt. Diese bestimmen unter anderem, dass Gebäude nur errichtet werden dürfen, wenn das Grundstück in angemessener Breite an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liegt und insbesondere für die Feuerwehr ein Zugang oder eine Zufahrt geschaffen wird. Vor den Außenwänden der Gebäude sind Abstandsflächen freizuhalten, die neben der ausreichenden Belichtung der Räume auch dem Brandschutz dienen.
Eine alte Fassung der Musterbauordnung war hier deutlicher und sei deshalb zitiert:
»Bauliche Anlagen sind auf dem Grundstück so anzuordnen, dass sie sicher zugänglich sind und ihrem Zweck entsprechend belichtet und gelüftet werden können. Die [25]erforderliche Bewegungsfreiheit und Sicherheit für den Einsatz der Feuerlösch- und Rettungsgeräte muss sichergestellt sein.«
§ 5 führt dazu Näheres aus – siehe 11.3.6
2.2 Errichten
Um ein Gebäude zu errichten, werden Bauteile, die aus bestimmten Baustoffen bestehen, in einer bestimmten Weise zueinander angeordnet. Dies ist eine Binsenweisheit, enthält aber die drei Haupteingriffsmöglichkeiten des baulichen Brandschutzes:
Einflussnahme auf die Baustoffe,
Einflussnahme auf die Bauteile,
Einflussnahme auf die Grundrissgestaltung.
2.3 Ändern und Instandhalten
Die in den §§ 3 und 14 der Musterbauordnung genannten Schutzziele müssen nicht nur zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme eines Gebäudes erfüllt sein, sondern der einmal genehmigte Zustand muss während der gesamten Lebensdauer des Gebäudes erhalten werden: »zu ändern und instand zu halten […]«. Die größte Gefahr liegt in nicht genehmigten Änderungen der Bausubstanz oder der Nutzung.
Hier darf als Beispiel an den so genannten »Ringkaufhausbrand« 1962 erinnert werden, der 22 Personen das Leben kostete (Bild 3). Ursache dafür, dass der Brand diese katastrophalen Folgen hatte, war im Wesentlichen eine Nutzungsänderung, die der Bauaufsicht nicht bekannt war. Das ehemalige Kaufhaus wurde als Lager genutzt, war – einschließlich der Rettungswege – vollgestapelt, und in den obersten Geschossen wurden Arbeitsräume eingerichtet, deren Rettungsweg nicht gesichert war. Alarm-, Feuermelde- und Löscheinrichtungen waren stillgelegt, die an sich reichlich vorhandenen ehemaligen Kaufhausausgänge mit Rollgittern versperrt. Wäre die geänderte Nutzung genehmigt worden, so wären in diesem Genehmigungsverfahren wieder die Gesichtspunkte des Vorbeugenden Brandschutzes zum Tragen gekommen. Es gehört daher zur Pflicht der für den Betrieb Verantwortlichen, bauliche und Nutzungsänderungen mit der Bauaufsichtsbehörde bzw. mit der für den Brandschutz verantwortlichen Behörde abzustimmen.
Bild 3: Der Brand des »Ringkaufhauses« in Nürnberg forderte mehr als zwanzig Todesopfer. Die Ursache dieser Brandkatastrophe ist eindeutig in der ungenehmigten Nutzungsänderung zu suchen. [zurück]
[26]Schon das Versetzen einer leichten Trennwand kann die Rettungswegsituation empfindlich verschlechtern, der »Schwarzbau« einer Garage oder eines Schuppens kann die Feuerwehrzufahrt unbefahrbar machen, eine Überdachung kann zur Feuerbrücke werden.
Beim Unterhalten eines Gebäudes sind sowohl bauliche Maßnahmen, wie beispielsweise das Erneuern des schadhaften Putzes einer feuerhemmenden Decke, als auch betriebliche Maßnahmen notwendig, wie zum Beispiel die Reparatur oder Wartung einer Sprinklerpumpe. Aus der Sicht des Vorbeugenden Brandschutzes kommt natürlich der Instandhaltung der baulichen und technischen Sicherheitsvorkehrungen größte Bedeutung zu, aber nicht ausschließlich. Als Brandursache bilden die »Mängel an Bauten« eine eigene Gruppe, wobei die Brandentstehung meist nur mittelbar erfolgt. Wenig problematisch ist die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft immer dann, wenn eine Sicherheitseinrichtung noch einen anderen, alltäglichen Zweck erfüllt, etwa ein Telefon, das zur Feuermeldung dient oder ein Feuerwehraufzug, der in der Aufzugsgruppe mitläuft: jede Störung wird sofort bemerkt und behoben. Anders ist es bei Einrichtungen, die ausschließlich der [27]Sicherheit im Brandfall dienen, etwa die Sprinkleranlage oder die Rauchabzugseinrichtung, ihr Versagen würde man erst im Bedarfsfall feststellen. Derartige Einrichtungen bedürfen also einer regelmäßigen Wartung und Prüfung. Die Betreiber von Sonderbauten müssen nach den Vorschriften der Muster-Prüfverordnung technische Anlagen und Einrichtungen auf ihre Wirksamkeit und Betriebssicherheit durch anerkannte Sachverständige prüfen lassen. Die Prüfungen sind vor der ersten Inbetriebnahme der baulichen Anlage, nach einer wesentlichen Änderung sowie jeweils innerhalb einer Frist von drei Jahren durchführen zu lassen. Bei bestimmten Sicherheitseinrichtungen, wie z. B. Sprinkleranlagen, für deren Einbau der Versicherer Rabatte auf die Feuerversicherungsprämie gibt, schreibt auch der Versicherer die regelmäßige Prüfung vor oder führt sie selbst durch.
Allgemein kann festgestellt werden, dass ein Vorbeugender Brandschutz, der auf baulichen Maßnahmen beruht, kaum Unterhalts- und Prüfkosten erfordert, wohingegen alle technischen Sicherheitseinrichtungen einen hohen Unterhaltsaufwand nach sich ziehen. Dies wird bei Anlagen zur Kompensation von Abweichungen von baulichen Vorschriften oft nicht beachtet.
2.4 Bauprodukte
§ 2 MBO schafft einen Oberbegriff für Baustoffe und Bauteile.
»Bauprodukte sind
Produkte, Baustoffe, Bauteile und Anlagen sowie Bausätze […], die hergestellt werden, um dauerhaft in bauliche Anlagen eingebaut zu werden,
aus Produkten, Baustoffen, Bauteilen sowie Bausätzen […] vorgefertigte Anlagen, die hergestellt werden, um mit dem Erdboden verbunden zu werden […].«
Ein Bauprodukt ist dadurch gekennzeichnet, dass es durch ein Transportmittel auf die Baustelle gebracht wird, z. B. Mauersteine, vorgefertigte Bauteile aus Stahl, Türen oder ein Heizöltank.
»Bauprodukte dürfen nur verwendet werden, wenn bei ihrer Verwendung die bauliche Anlagen während einer dem Zweck entsprechenden angemessenen Zeitdauer die Anforderungen dieses Gesetzes […] erfüllen und gebrauchstauglich sind.« § 16 b MBO
[28]Diese Bauprodukte
tragen entweder die CE-Kennzeichnung und die erklärten Leistungen des Herstellers entsprechen den festgelegten Anforderungen des Baurechts oder
es handelt sich um geregelte Bauprodukte entsprechend den Bestimmungen der Muster Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) – Ziffer C 2 und weichen von ihnen nicht wesentlich ab (z. B. Minaralfaserplatten als Einlagen für Feuerschutztüren nach DIN 18089-1 oder Fahrschacht-Dreh- und -Falttüren für Aufzüge in Fahrschächten mit Wänden der Feuerwiderstandsklasse F 90 nach DIN 18090).
Bauprodukte,
für die es keine Technische Baubestimmung (nichtgeregelte Bauprodukte) gibt oder
für die das Bauprodukt von einer Technischen Baubestimmung wesentlich abweicht
benötigen für ihre Verwendung
eine allgemein bauaufsichtliche Zulassung,
ein allgemein bauaufsichtliches Prüfzeugnis oder
einen Nachweis der Verwendbarkeit von Bauprodukten im Einzelfall.
Bauprodukte, die nur eines allgemein bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses bedürfen, sind in Ziffer C 3 der MVV TB aufgeführt (z. B. Türen und Tore als Rauchschutzabschlüsse, ausgenommen Vorhänge nach DIN 18095-1 und -3). Darüber hinaus gibt es noch Bauprodukte, die keinen Verwendbarkeitsnachweis benötigen; sie sind in Ziffer D der MVV TB aufgeführt.
2.5 Bauart
Bauart ist das Zusammenfügen von Bauprodukten zu baulichen Anlagen oder Teilen von baulichen Anlagen (§ 2 MBO). Baustoffe, das sind Bauprodukte, wie Zement oder Mauersteine, die an die Baustelle transportiert und dort zu einem Bauteil »Wand« als Teil einer baulichen Anlage zusammengefügt werden.
[29]2.6 Brand – Feuer – Rauch
Im Folgenden werden die Begriffe Feuer und Brand allein und in Wortzusammensetzungen auftauchen, ohne dass ein Unterschied im Wortsinn erkennbar ist. Dies entspricht nicht dem Wunsch, Wiederholungen zu vermeiden, oder einer schlampigen Ausdrucksweise, sondern beide Begriffe werden überall gleichwertig gebraucht. Das DIN-Normenwerk normt zwar einerseits in den »Begriffen aus dem Brandschutzwesen« das Wort »Brand«, spricht aber in der wichtigsten Norm des baulichen Brandschutzes von Feuerwiderstandsklassen, Feuerschutzabschlüssen, Flugfeuer usw. Das Baurecht kennt die Brandgefahr, den Brandschutz und die Brandwand genauso wie die Feuerlöschgeräte, die feuerbeständige Wand und die Übertragung von Feuer und Rauch. Dies ist ganz einfach historisch begründet. Gleichwohl wäre eine Unterscheidung möglich, wenn man von der Grunddefinition ausgeht: Brand = Schadenfeuer.
Ein Kommentar zur Bayerischen Landesverordnung über die Verhütung von Bränden gibt folgende Definition:
»Brand ist ein Feuer, das außerhalb einer Feuerstätte oder Feuerstelle entstanden ist oder eine solche verlassen hat und das sich aus eigener Kraft fortentwickelt, es sei denn, dass es sich unter menschlicher Kontrolle befindet und einem bestimmten Zwecke dient.«
Eine wesentliche Differenzierung zwischen Brand und Feuer ergab sich durch die Fassung des § 17 der Musterbauordnung von 1981: Anstelle von »Brand« wurde ab diesem Zeitpunkt von »Feuer und Rauch« gesprochen. Dabei bedeutet Feuer die energetische Komponente eines Brandes, d. h. die Auswirkung der freiwerdenden Wärmeenergie auf Menschen und Sachen, und Rauch steht für eine so genannte Brandparallelerscheinung, nämlich die Entstehung von Pyrolyse- und Verbrennungsprodukten in festem, flüssigem und gasförmigem Aggregatzustand. Die Unterscheidung wurde aufgrund der gesicherten Erfahrung getroffen, dass in unserer überwiegend massiven Bausubstanz insbesondere der Brandrauch Leben und Gesundheit der Menschen, aber auch Sachgüter und die Umwelt schädigt.
Von »kaltem Rauch« spricht man bis zu einer Temperatur von 200 °C. Der Übergang von Rauch in Feuer ist fließend; Brandgase von hoher Temperatur – Flammen – besitzen auch einen entsprechenden Energieinhalt. Ab einer Temperatur von etwa 700 °C beginnen sie, dunkelrot zu leuchten und unserem Auge als Flammen zu erscheinen.