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f) Weitere Tatbestände (§§ 225, 226a, 229 StGB)

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Eine fahrlässige Körperverletzung nach § 229 StGB liegt vor, wenn der Körperverletzungserfolg durch fahrlässiges Handeln herbeigeführt worden ist. Es muss also eine Sorgfaltspflichtverletzung ursächlich dafür geworden sein, dass ein anderer Mensch in seiner Gesundheit beschädigt oder körperlich misshandelt worden ist.[202] Für die Bestimmung der im Einzelfall gebotenen Sorgfalt werden die in der zivilrechtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze herangezogen.[203] So kann etwa das unbeaufsichtigte Herumlaufenlassen eines Hundes eine Sorgfaltspflichtverletzung i.S.v. § 229 StGB darstellen.[204] Der Tatbestand des § 229 StGB ist insbesondere wegen des Straßenverkehrs (vgl. dazu noch Rn. 74) von erheblicher praktischer Relevanz. Zudem kommt ihm dort Bedeutung zu, wo vorsätzliches Handeln nicht mit der hinreichenden Sicherheit nachgewiesen werden kann. Gemäß § 230 Abs. 1 S. 1 StGB wird die fahrlässige Körperverletzung ebenso wie die einfache Körperverletzung nur bei Vorliegen eines Strafantrags verfolgt, es sei denn, es besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung.

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Eine Misshandlung von Schutzbefohlenen nach § 225 Abs. 1 StGB wird angenommen, wenn der*die Täter*in, der*die eine Sorgepflicht für eine besonders schützenswerte Person innehat, diese Person quält, roh misshandelt oder böswillig vernachlässigt. Unter Quälen ist das Zufügen länger dauernder oder sich wiederholender Schmerzen körperlicher oder seelischer Art zu verstehen.[205] Roh misshandelt, wer aus gefühlloser Gesinnung handelt; entscheidend ist dabei die Schwere des körperlichen Eingriffs, in dem sich die gefühllose Gesinnung widerspiegelt.[206] Die Vernachlässigungsvariante des § 225 Abs. 1 StGB wird als echtes Unterlassungsdelikt eingeordnet; böswillig vernachlässigt, wer den Pflichten aus einem verwerflichen Beweggrund nicht nachkommt, z.B. aus Hass, Eigennutz oder Sadismus.[207] Insbesondere aufgrund von Beweisproblemen im subjektiven Tatbestand führt § 225 StGB in der Praxis eher ein Schattendasein, was unter Rückgriff auf §§ 223, 224 StGB kompensiert wird.[208] Eine Misshandlung i.S.v. § 225 Abs. 1 StGB kann gleichzeitig eine gefährliche Körperverletzung (häufig als eine das Leben gefährdende Behandlung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB) darstellen, insofern besteht Tateinheit. Die gefährliche Begehungsweise nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB tritt im Wege der Gesetzeskonkurrenz zurück, wenn eine qualifizierte Misshandlung von Schutzbefohlenen gemäß § 225 Abs. 3 Nr. 1 StGB vorliegt.[209]

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Eine Strafbarkeit nach § 226a StGB wegen Verstümmelung weiblicher Genitalien setzt als Handlungsobjekt eine weibliche Person voraus.[210] Unter der Tathandlung der Verstümmelung ist jede mechanische Einwirkung auf den Körper zu verstehen, die zur Einbuße an Körpersubstanz führt.[211] Der Tatbestand umfasst nur die äußeren Genitalien, die inneren Bereiche wie beispielsweise die Gebärmutter oder Eierstöcke sind demnach kein Tatobjekt.[212] Im subjektiven Tatbestand ist vorsätzliches Handeln erforderlich, es genügt dolus eventualis.[213] § 226a StGB wird als Qualifikation zu § 223 StGB eingeordnet und schützt somit in erster Linie das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit.[214] Das gegenüber dem Grunddelikt erhöhte Unrecht liegt darin, dass bei Erfüllung des Tatbestandes nicht nur die Substanz verletzt worden ist, sondern auch die den betroffenen Körperteilen zukommende Funktion im Gesamtorganismus nicht mehr erfüllt werden kann, da der Geschlechtsverkehr und/oder die sexuelle Empfindsamkeit sowie das Ausscheiden von Körperflüssigkeiten dauerhaft gestört und mit Schmerzen verbunden sind.[215] Weitergehend wird auch die sexuelle Selbstbestimmung als Schutzgut erklärt, da die Verstümmelung weiblicher Genitalien regelmäßig auf die Kontrolle der weiblichen Sexualität gerichtet ist.[216] Die Vorschrift wurde vielfach als aus politischem Aktionismus entstandenes symbolisches Strafrecht kritisiert.[217] Das betroffene Rechtsgut war auch vor Einführung des § 226a StGB bereits durch § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB geschützt, gleichwohl haben derartige Fälle in der Praxis praktisch keine Rolle gespielt.[218]

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