Читать книгу Rückkehr zu Gott - Jörg Gabriel - Страница 29

II. Die Katharer 193

Оглавление

Wie viele Waldenser verstanden sich auch die Katharer als die „echten Nachfolger der Apostel.“194 Katharer (wörtlich: die „Reinen“) werden die Anhänger einer über Kreuzfahrer und Tuchhändler vom Balkan nach Europa eingedrungenen gnostisch-christlichen Bewegung genannt, die in Anlehnung an die bulgarischen Bogomilen eine manichäisch-dualistische Lehre entwickelte.195 „Ihr Name stand Pate für das deutsche Wort Ketzer.“196 „Als Lehre vertraten die Katharer (der Name kommt seit 1163 auf) einen manichäisch getönten Dualismus in der zweifachen Richtung einer absoluten und einer gemäßigten Form. Der gute Gott als Schöpfer der Geister, der böse Gott als Schöpfer der sichtbaren Welt vertreten Ordnungen, die durch das Wirken Satans ineinander verschlungen werden. Das Wirken St. Michaels und Christi, welche den Dämon besiegen und dadurch die Geister aus der Herrschaft des Satans erlösen, wird die alte (dualistische, in der Trennung existierende) Ordnung wiederhergestellt. So lehrt der absolute Katharismus. Der gemäßigte kennt einen Schöpfergott, dessen Ordnung durch die Revolte Satans, der die Engel verführt und sie als Seelen den Leibern der Menschen einfügt, gestört wird. Erlöst aus diesem Gefängnis des Fleisches werden sie durch Christus, der nicht Sohn Gottes ist, sondern ein Engel, der in Maria scheinbar Mensch wird. In einem Scheinleib lebt, leidet, stirbt dieser Christus. Der Geist nimmt bei der Taufe im Jordan in ihm Wohnung und bleibt dort bis zur Verherrlichung Christi, kommt dann auf die Apostel herab, teilt sich den Gläubigen durch die Taufe mit, die bei den Katharern keine Wassertaufe ist, sondern ein Exorzismus, Berührung mit den Evangelientext und eine Handauflegung: das Consolamentum. Den Vollkommenen (der führenden Elite) verleiht das Consolamentum Unsündlichkeit, während die einfachen Gläubigen von ihren Sünden jeweils durch das Apparellamentum, eine Art Buße, befreit werden können. Der Tod befreit die Engel für das Paradies, doch scheint auch eine Art Seelenwanderung nicht ausgeschlossen. Dämonen und Verdammte werden beim Weltende vernichtet, eine leibliche Auferstehung gibt es nicht. Gottes Sieg erscheint damit allumfassend. Die Trinität wird geleugnet, eine gottmenschliche Inkarnation nicht angenommen, viele altchristliche Häresien (Gnosis, Monarchianismus, Doketismus, Manichäismus u.a.) scheinen erneuert.“197 Der hohe Anspruch, in wirklicher Armut Christus nachzufolgen, so wie die Apostel dies taten, machte großen Eindruck auf die Menschen.198 Doch glaubten die Anhänger der Ketzerbewegung die einzig „wahren Apostel“, die einzig „guten Christen“ oder die „guten Menschen“ schlechthin zu sein. Dieser Absolutheitsanspruch aber führte zwangsläufig zum Bruch mit der Kirche.199 Aus drei Gründen ging die Kirche mit aller Härte gegen derartige Gruppen vor: „Erstens entwickelte sich aus der Idee, dass die Weisungen der Evangelien und der Apostelschriften der einzige für die Kirche und für Christen gleichmäßig verbindliche Maßstab des religiösen Lebens sei, eine entschiedene Kritik an den Lehren und Bräuchen der Kirche, die zur Ablehnung der meisten Sakramente in ihrer katholischen Form, ebenso der Heiligenverehrung, der Fürbitte, der Fegefeuerlehre usw. führte. Zweitens erkannten die Ketzer, die in der Armut das Leben der Apostel zu führen behaupteten, den Ordo der hierarchischen Kirche nicht an, sondern stellten die Rechtmäßigkeit der kirchlichen Ordinierung in Frage und bildeten auf Grund ihres Bewusstseins, zur wahren Vollstreckung des Evangeliums berufen zu sein, geradezu eine Konkurrenz-Kirche der ‚guten Christen‘, die in genauer Analogie zur katholischen Kirche in den ‚Vollkommenen‘ oder ‚Erwählten‘ ihren Klerus, in den ‚Gläubigen‘ ihre Gemeinden hatten und sich sogar in einer Art Bistumsverfassung ausgestaltete. Drittens endlich hat sich die Armutsidee und die apostolische Wanderpredigt im Laufe des 12. Jahrhunderts in manchen Kreisen, besonders in Südfrankreich und in der Lombardei, mit dualistischen Weltlehren verbunden und ist, ohne Zweifel vom griechischen Osten her, immer mehr von spekulativen Ideen durchdrungen worden, in denen ein großer Teil der manichäischen Kosmogonie und Mythologie seltsam wieder auflebte.“200

Die katholische Polemik richtete sich seit dem Ende des 12. Jahrhunderts vor allem gegen die manichäische Weltsicht. Der Name „Manichäer“ wurde zum Synonym für den Ketzer schlechthin, obwohl nicht alle Ketzerbewegungen diese dualistische Weltanschauung vertraten, diese sogar teilweise scharf bekämpften.201 Dennoch übte der manichäische Dualismus auf manche Teile der Bevölkerung202 eine große Anziehung aus: „Der Dualismus sagt dem Menschen eindeutiger, was zu tun sei... . Für Menschen, die aus religiösem und ethischen Drang zum Nachdenken über das Wesen der Welt erwachten, war die katholische Weltlehre unendlich viel schwerer zugänglich und begreiflich als die manichäische.“203

Rückkehr zu Gott

Подняться наверх