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Prolog

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Ärztinnen und Ärzte werden in der Führung von Gesundheitsunternehmen mehr als zuvor gebraucht: als kooperative und kompetente Partner bei Führungsaufgaben, als Gestalter, keinesfalls als Gegner. In der nächsten Dekade werden Krankenhausorganisationen abhängig sein von einer ärztlichen Führung, die ihre Rolle im Unternehmen ausfüllt und die Bedeutung ihrer Aufgabe versteht. Was über viele Jahre der Ingenieur an der Spitze von Produktionsbetrieben war, wird die Ärztin bzw. der Arzt für das Krankenhaus sein.

Wir werden einen langsamen aber unvermeidlichen Kulturwandel erleben, in dem Ärzt_innen sich an die Spitze einer Bewegung setzen, die Medizin und Organisation als zwei Seiten einer Medaille eng miteinander verzahnt, die neue Formen der Kooperation findet und Führung so versteht, dass sich Fortschritt in der Patient_innenbehandlung, Qualität und Wirtschaftlichkeit miteinander versöhnen. Ärzt_innen werden in Führung gehen.

Erste Vorboten für diesen Trend sind bereits zu erkennen, in den Vorständen und Geschäftsführungen kommunaler und freigemeinnütziger Krankenhausunternehmen und -konzerne.

Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Welt deutscher Krankenhäuser fundamental verändert. Ihre Führungs- und Organisationsstrukturen folgen nun einer ökonomischen Logik, die der industriellen Entwicklung der 1980er-Jahre stark ähnelt. Cost Cutting, Zentralisierung, Outsourcing und die Bildung von Konzernen und Verbünden haben dort das Führungshandeln geprägt, die Art und Weise, wie Produktion betrieben wird, aber seltsam unberührt belassen – wie im Krankenhaus.

Erst in der Krise der 1980er-Jahre setzte eine Trendwende ein. Business Reengineering, Lean Management und diverse andere Managementwellen haben dazu beigetragen, dass sich „Produktion“ und mit ihr „Führung“ nicht nur in Deutschland radikal verändert haben. Der Fokus von Unternehmen liegt seit diesen Jahren darauf, kontinuierlich ihre Verfahren und Methoden zu verbessern, Produkte zu entwickeln, sie herzustellen und zu vertreiben.

Die gleiche Entwicklung werden wir in Krankenhäusern erleben. Auch hier stehen längst Cost Cutting, Konzernierung, Zentralisierung und Outsourcing im Fokus des Managementhandelns.

Wenn aber alle Strategien verabschiedet sind, alle Funktionen zentralisiert oder outgesourct, alle Aufgaben abwärts delegiert und Personal bis an die Grenzen des Machbaren reduziert wurden, dann bleibt für Krankenhausverantwortliche die bange Frage zu beantworten: Wie geht es weiter? Auf unabsehbare Zeit wird die Krankenhauswelt eine steigende Kosten- und Erlösschere erleben. Eine nachhaltige „Rettung“ durch Politik oder Krankenkassen ist dabei nicht zu erwarten.

Die Rettung kann nur von Innen kommen. Wie in der Industrie setzt in der Krankenhausbranche ein Wandel ein, mit dem sich die Art zu führen, miteinander zu arbeiten und sich als Organisation fortzuentwickeln nachhaltig verändert. Es ist ein langwieriger, kräftezehrender Weg, denn es geht um die Veränderung der Kultur der Zusammenarbeit, eine Umkehrung vorherrschender Organisationsprinzipien und um neue Fähigkeiten: Methoden-, Führungs- und Veränderungskompetenzen.

Zehn Jahre Cost Cutting haben die Fronten zwischen Ärzt_innen und Ökonomen verhärtet. Löst sich die traditionelle Führungsstruktur mit ihrem etablierten Chefarztsystem und ihrer deutlichen Trennung von Berufsgruppen nicht über Nacht auf, werden die Krankenhausträger und -verantwortlichen Sie – die Ärztinnen und Ärzte – dringend für den anstehenden Wandel brauchen: als kooperative und kompetente Partner in der Führung, nicht als Gegner. Chefärzt_innen besitzen immer noch die Macht, Entwicklungen zu bremsen ebenso wie den Einfluss, Entwicklungen entscheidend zu beschleunigen. Ihre Stellung im Unternehmen ist unverändert groß, so dass ohne sie kein nachhaltiger Erfolg möglich sein wird. Denn Ärzt_innen in Leitungsfunktion sind die eigentlichen Hebel für Führung und Veränderung. Es geht um herausragende Medizin, innovative Führung und die Fähigkeit, einen Tanker mit Namen Krankenhaus in Bewegung zu setzen.

Wirksam führen ist kein nüchternes Fachbuch, das Methoden und Techniken über Führung und Veränderung beschreibt. Vor allem ist es kein Kochbuch, das Ihnen sagt, was gut oder schlecht ist oder wie etwas in welcher Situation genau zu funktionieren hat. Wirksam führen beschreibt Führung von morgen in der Hoffnung, dass Krankenhausunternehmen aus den Erfahrungen anderer lernen und nicht unnötig ihre Leidenswege nachahmen. Wirksam führen möchte Grundlagen legen, Zusammenhänge deutlich machen und an die Oberfläche holen, was bisher im Verborgenen passiert. Es soll zum Verstehen anregen. Gerade Führung lebt von eigenen Gedanken, von risikoreichen Entscheidungen unter Unsicherheit und von der Verantwortung, die Führende zu übernehmen bereit sind. All das setzt wirkliches Verstehen voraus.

Berlin, Juli 2015

Jörg Gottschalk

Wirksam führen - Ärztinnen und Ärzte in Führung

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