Читать книгу Wirksam führen - Ärztinnen und Ärzte in Führung - Jörg Gottschalk - Страница 7
Die Utopie - der Nordstern Utopia
ОглавлениеStellen Sie sich vor, Sie würden als Arzt bzw. Ärztin, Pflegend_er, Finanzbuchhalter, Pförtner oder Geschäftsführer_in in einem Krankenhaus arbeiten, das sich in wenigen Jahren zu dem profiliertesten Gesundheitsdienstleister in der Region entwickelt, keine Fehler macht, verschwendungsfreie Prozesse aufweist und mit einer Umsatzrendite von 6 Prozent zu den hundert profitabelsten Krankenhäusern in Deutschland zählt. In den öffentlichen Qualitätsstatistiken belegt Ihr Krankenhaus seit Jahren einen Spitzenplatz. Die Weiterempfehlungsrate Ihrer Patienten beträgt 100 Prozent. Ihr Krankenhaus hat im dritten Jahr in Folge den renommierten Preis für das mitarbeiterfreundlichste Haus in Deutschland erhalten.
Einen kurzen Moment lang spielte es keine Rolle, ob dieses Krankenhaus tatsächlich existiert oder ob es jemals existieren wird. Allein der Gedanke daran, eine solche Utopie könnte Wirklichkeit werden, würde Sie vermutlich kurz inne halten lassen. Sie halten diese Vision vermutlich für unrealistisch. Wer sie äußert, muss entweder ein Idealist oder ein Spinner sein. Oder beides. Aber warum ist das so? Haben Sie darüber einmal nachgedacht?
Vermutlich denken Sie so, weil Ihnen kein Vorbild für ein vergleichbares Krankenhaus einfallen will. Weil es Ihnen heute unmöglich erscheint, dass ein derart erfolgreiches Unternehmen jemals existieren könnte. Seit Jahren erleben Sie das genaue Gegenteil. Sie schauen sich um und stellen fest, dass es nicht alleine Ihnen so geht. Überall um Sie herum herrscht Mangelverwaltung, Unzufriedenheit bei Mitarbeiter_innen, Angst und Troubleshooting. Sie haben bereits zu häufig darüber nachgedacht, Ihrer Organisation den Rücken zu kehren. Aber wohin?
Abb. 1: Die Zukunft ist ungewiss, um einen neuen Aufbruch
zu wagen sind Ideen nötig (© Xeon / fotalia.com)
Gäbe es nur einen Konkurrenten, der sich in dieser sehr beneidenswerten Situation befindet, würden Sie sicher ein Haar in der Suppe finden wollen. Sie könnten aus dem Stegreif hundert und einen Grund anführen, warum dieser Zustand gerade in Ihrem Haus niemals möglich wäre. Ja, wenn wir …, dann …! Aber so …?
Die Kraft der Fantasie reicht nicht aus sich vorzustellen, wie es heute gelingen kann, eine Utopie morgen zu verwirklichen. Wir kennen den Weg zum Ziel heute noch nicht, deshalb gehen wir erst gar nicht los!
Was wäre, wenn Sie sich mit einigen Kolleginnen und Kollegen diese schöne neue Krankenhauswelt bei Bier bzw. Wein gemeinsam an einem wunderbaren Abend in einem sonnigen Biergarten vorstellen, in dieser Idee schwelgen, sie vielleicht auf einen Bierdeckel skizzieren und beschließen, sich auf den Weg zu machen? Sicher, es wird immer jemanden geben, der skeptisch bleibt, der lamentiert: „Das schaffen wir nie.“ Vermutlich wird er recht behalten. Aber Sie werden sich immer weiter diesem Ziel, dieser Utopie, annähern. Sie werden Stück für Stück, Tag um Tag, besser. Vermutlich werden Sie Schritt für Schritt erfahren und lernen, welchen Weg Sie nehmen müssen, welcher der falsche, welcher der richtige ist. Es werden Ihnen neue „Reisemöglichkeiten“ begegnen, erst Pferde, Kutschen, das Moped, der Zug, das Auto. Vielleicht gelingt es uns irgendwann, in einer fernen Zukunft, Menschen zu beamen. Wer weiß? Wenn es denn so weit ist, werden Sie darüber nachdenken, wie Sie Beamen für die Verbesserung Ihrer Klinik nutzen können. Wir wären gut beraten, uns bereits auf den Weg machen, bevor Beamen zur Normalität geworden ist.
Als John F. Kennedy am 25. Mai 1961 vor den US-amerikanischen Kongress trat mit den berühmten Worten “this nation should commit itself to achieving the goal, before this decade is out, of landing a man on the Moon and returning him safely to the Earth”1 wusste er nicht und auch niemand anders, wie diese Vision umgesetzt werden könnte. Heute kennen wir alle das Ergebnis.
Keine Sorge, ich werde in diesem Buch keine großen Utopien vor Ihnen ausbreiten, sondern nüchterne Realität. Ich bin sicher, dass Sie nach der Lektüre mit einem anderen Blick auf diese Realität schauen werden. Wenn mir das bei dem ein oder anderen Leser oder der ein oder anderen Leserin gelingt, hat es sich bereits gelohnt, Lebenszeit, Energie und zahlreiche Nächte in das Schreiben dieses Buch zu investieren.