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Der Prüfungskandidat

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Der Professor saß in seinem Zimmer und schrieb.

Ein Student trat ein und bat den verdienten Mann, ihn zu einem Kolloquium zuzulassen.

»Ich prüfe jeden Dienstag von acht bis zwölf«, nickte der alte Herr freundlich, »melden Sie sich nur beim Portier an.«

»Verzeihen Sie, Herr Professor«, dienerte der Student, »vormittags ist es mir überhaupt unmöglich, dürfte ich vielleicht untertänigst bitten, einen Termin zu etwas späterer Zeit …«

»Gut, gut, vielleicht geht es mir Samstag um eins aus, ich bleibe dann etwas länger hier …«

»Pardon«, unterbrach der junge Mann, »mir wäre es erst um fünf Uhr möglich, ich wohne auswärts und …«

»Schon recht«, gewährte der Professor, »ich werde halt in Gottes Namen um fünf Uhr herkommen.«

Der Prüfling dankte ihm und entschwand.

Samstags um dreiviertel sechs wartete der Professor noch und machte sich zum Gehen bereit. Da klopfte es, atemlos stürzte der Student herein und entschuldigte sich wortreich.

»Nun, dann kommen Sie herein«, seufzte der Professor, und die Tür schloss sich hinter den beiden.

Nach einer guten halben Stunde verabschiedete sich der Hörer, der alte Lehrer aber trat kopfschüttelnd zu seinem Assistenten und erzählte:

»Einen ganzen Samstagnachmittag habe ich heute geopfert, eine Stunde habe ich warten müssen, und endlich sehe ich, dass der Kandidat ganz unvorbereitet war. Da sage ich zu ihm: Sie können ja gar nichts, bereiten Sie sich lieber noch zwei Wochen vor und kommen Sie dann wieder. Da antwortet er: Das kann ich nicht, ich brauche das Zeugnis schon nächste Woche für die Staatsprüfung. – Nun sage ich, dann gebe ich Ihnen halt ein ›ausreichend‹, um endlich Schluss zu machen. Da meinte er: Ich muss aber mindestens ein ›gut‹ haben, Herr Professor, sonst nützt mir die Prüfung gar nichts; bitte, stellen Sie mir doch noch eine Frage. Nun, ich gebe ihm noch eine ganz leichte Aufgabe, und wieder redet er herum und weiß nichts rechtes. Da sage ich schließlich: Na, ich schenke Ihnen halt ein ›gut‹, weil sie mir ja früher doch keine Ruhe geben. Und als ich jetzt zusammenpacke und gehen will, komme ich darauf: Meinen Bleistift hat er auch noch mitgenommen.«

Unter dem Pseudonym Peter Parsival verfasst.

Entstehungsdatum ca. 1946–1950

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