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Zwischen Juni und September entfaltet der Kamm-Wachtelweizen seine bunt-bizarren Lippenblüten.

KAMM-WACHTELWEIZEN

Melampyrum cristatum

Familie der Rachenblütler

(Scrophulariaceae)

Selbst die vielen Schmetterlingssträucher sind längst verwaist bis auf vereinzelte Admirale, Distelfalter und Kohlweißlinge – ein Skandal, tiefe Tristesse und daher längst ein ernstes Alarmzeichen! Das Auto, speziell die Kennzeichen, muss ich auch nur noch einmal im Jahr waschen. Es ist nix mehr los!

Und aus diesem Grund packe ich in meine Arche noch eine ausgesprochene Schönheit, einen Lebensretter, Lichtblick und Strohhalm für Hautflügler. Ein wahrhaft skurriler Halbschmarotzer ist das aus der individuenreichen Familie der Rachenblütler (Scrophulariaceae), einer unserer sieben überaus talentierten Wachtelweizen: Gemeint ist der Kamm-Wachtelweizen (Melampyrum cristatum). Es hätten auch Acker- oder Berg-, Hain- oder Wiesen-Wachtelweizen sein können – so exorbitant ist diese Gattung.

Dieser Kamm-Wachtelweizen – Wichtelweizen würde ebenfalls passen – ist ein wirklich schräger Vogel. An seinen von Juni bis September bis zwei Zentimeter langen Lippenblüten in weißlich-gelber bis dunkelvioletter Farbe vergreifen sich nur die kräftigen Hummeln – dachte der Wachtelweizen so bei sich, die würden sich mit ihrem schweren Gewicht auf seine Blüten plumpsen lassen, sodass sie sich weit öffnen, um an den Nektar zu gelangen (manche Blüten sind so raffiniert gebaut, da kann nicht jeder ran, spezielle Blüten und spezielle Insekten haben so ihr eigenes System ...). Da lassen sich aber Bienen und Co. nicht lumpen, ignorieren ihre evolutionären Nachteile und beißen kurzerhand die Blütenbasis an, um so leicht brachial an den begehrten Nektar zu gelangen. »Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt« – mit diesen Worten drohte Goethes Erlkönig. Und das gilt auch im Pflanzenreich, wenn sich etwas nicht öffnen lässt, musst man auf die eine oder andere Weise nachhelfen. Sie riechen also den Braten – und weil sie am Futtertrog teilhaben wollen, handeln sie so ganz und gar nicht Wachtelweizen-like.

Alle Wachtelweizen-Arten – der deutsche Name ist auf die irrige Annahme zurückzuführen, Wachteln würden die verhältnismäßig großen Samen besonders gerne fressen –, sehen einfach irre aus. Und der Irrste von ihnen ist für mich der Kamm-Wachtelweizen. Nicht nur seine bunten Blüten an straffen, zu allen Seiten ausgebreiteten Sprossen dieser nur 15 bis 40 Zentimeter hohen Pflanze sind genial, nein, er toppt alle noch durch seine hellgrünen bis violetten, zuletzt weißlichen Hochblätter, die letztendlich jeden Samen umgeben. Sie sind scharf kammartig gezähnt und dachziegelartig dicht angelegt in verrückt vierkantiger und allseitswendiger Ähre. Das ist ein wunderbares, wenn auch immer selteneres Schauspiel dieses eingefleischten Basen-, Lehm-, Licht-, Magerkeits- und Trockenzeigers. Der einjährige, giftige und konkurrenzschwache Kamm-Wachtelweizen parasitiert unter anderem auf Gräsern und wird leider wie alle anderen Wachtelweizen im Herbarium unkenntlich pechschwarz. Versuchte man früher Brot aus ihm zu machen, kam es zu dieser gefährlichen Schwarzfärbung. Er ist also ein Halbschmarotzer, doch Blühen und etwas Chlorophyll kriegt er dann selbst noch ganz vorbildlich hin!

Der Pflanzenretter

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