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FUSSGÄNGER GEDULDET BRÄGELS REGELN FÜR DAS RADFAHREN IN DER STADT 2019

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Brägel hat es auf Seite 2 des Lokalteils unserer Zeitung geschafft – da sind wir uns ganz sicher. »Rad-Rambo gefährdet Fußgänger«, prangt da in fetten Lettern. Darunter ein Artikel, in dem steht, dass ein Rennradfahrer am vergangenen Mittwoch morgens um halb neun wild klingelnd durch die Fußgängerzone gebrettert sei. Manche Passanten konnten sich nur durch einen beherzten Sprung in Sicherheit bringen, der Radler sei dann laut fluchend, aber unerkannt verschwunden. Ein Augenzeuge wird zitiert: »Der hatte locker 40 Sachen drauf.« Gut, das spricht gegen Brägel, aber die Beschreibung (unverschämt, mittelalt, Bauchansatz, gelbes Trikot mit der Aufschrift »Balisto«) passt exakt.

Okay, es heißt »Banesto«, doch das Trikot ist mittlerweile so fadenscheinig, dass man den Aufdruck kaum noch lesen kann. Und jüngere Augenzeugen wissen natürlich auch nicht, wer oder was Banesto war. Die spanische Bank gibt es seit 2012 nicht mehr, das Radteam seit 2005. Aber gut, es muss Brägel gewesen sein, schließlich hat er neulich am Stammtisch erklärt, dass er künftig in der Stadt komplett auf sein Auto verzichten will. Beruflich wie auch privat.

Brägel streitet natürlich alles ab. Ja, er fahre jetzt mehr Rad in der City, aber natürlich streng nach den Regeln. »Und was sagen die Regeln zum Radfahren in Fußgängerzonen?«, fragt der Präsident. »In diesen Zonen sind Fußgänger ausdrücklich geduldet«, sagt Brägel, »Radler müssen sich aber akustisch bemerkbar machen.« Auweia – wir erklären ihm, dass seine Interpretation von der Wahrheit so weit entfernt ist wie er von guter Form. Fußgängerzonen und Gehwege sind für Radfahrer tabu, es sei denn, unter den Markierungsschildern hängt noch ein kleines, weißes Zusatzschild mit einem schwarzen Fahrrad und dem Wort »frei«. Dann dürfte er das Rad benutzen, aber nur im Schritttempo. Außerdem seien Rennräder für die Stadt nun wirklich nicht besonders gut geeignet. »Warum nicht?«, fragt Brägel. »Klickpedale, keine Schutzbleche, kein Ständer«, sagt der Präsi, »um nur das Wichtigste zu nennen.« Wenn er in der Stadt fahren wolle, solle er sich ein passendes Rad kaufen.


Will Brägel aber nicht. Man müsse ja auch ans Tempo denken, und er habe keine Lust, sich auf den Radwegen in der Stadt von E-Bikern abhängen zu lassen. Also geben wir ihm noch ein bisschen Nachhilfe. Wir erklären ihm, dass er auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen Rücksicht auf die Fußgänger zu nehmen hat, dass Tempolimits auch für Radler gelten und dass man Autofahrer nicht mit der Trinkflasche bespritzen darf, nur weil man meint, der seitliche Abstand sei zu gering. »Und was machst du bei einer roten Ampel?«, fragt der alte Hans. »Tempo rausnehmen, schauen ob frei ist und dann durch«, antwortet Brägel, ganz erstaunt, dass Rotlicht auch für Radler keine Empfehlung, sondern ein Befehl zum Anhalten ist. Doch er gelobt, sich künftig an die Regeln zu halten. Seine letzte Frage, ob er nicht wenigstens lästige Mitradler »abdrängen« dürfe, lässt aber Schlimmes ahnen.

Zum nächsten Stammtisch kommt Brägel mit bandagiertem Knie und veritabler Beule. Das Knie hat er sich aufgeschlagen, als er auf einem Gehweg mit »Radfahrer frei« tatsächlich im Schritttempo fuhr – und schneller umfiel, als er aus dem Klickpedal rauskam. Die Beule indes ist gemein. Brägel erzählt, dass er an einer Ampel bei Rot angehalten habe und von hinten von anderen Radlern über den Haufen gemäht wurde. »Und die haben mich noch angeranzt, warum um alles in der Welt ich angehalten hätte.« Okay, wir kommen langsam zu der Erkenntnis, dass für uns brave Rennradfahrer die Stadt nichts als ein gefährlicher Dschungel ist. Auch Brägel hat resigniert, will es aber künftig Downtown mit einem E-Scooter versuchen. »Mit dem darf ich ja auch auf den Gehweg«, sagt er. »Leider nein«, erklärt der Präsident.

Keine Ahnung, was Brägel nun vorhat. Eins interessiert uns aber noch. »Der unverschämte, mittelalte Rad-Rambo mit Bauchansatz und gelbem Balisto-Trikot aus der Zeitung, das warst doch du?«, fragt der Präsi. Brägel schweigt etwas zu lange und sagt dann: »Ich hab’ kein Balisto-Trikot.« Wir wussten es.

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