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-Ralf- 28.04.2016, Donnerstag
Оглавление„Mannomann, sind wir aber verspannt heute!“, hört er die Stimme hinter sich.
Ralf kann noch immer keinen klaren Gedanken fassen, die Arbeit ist ihm schon längst zu Kopf gestiegen. Aber nicht nur das bereitet ihm Sorgen…
Die sonst so wohltuenden Berührungen an seinen Schultern fühlen sich an wie tausend Hände, die alle an der Wahrheit zerren, um sie vollends aus einem tiefen schwarzen Loch zu ziehen.
„Ja, ich… kann schon sein.“
Die Berührungen hören auf. Ralf dreht den Kopf zur Seite und kann Bibianas enttäuschten Gesichtsausdruck im Augenwinkel sehen. „Hör mal“, beginnt sie, „Ich sehe dir doch an, dass du mit den Gedanken ganz woanders bist.“
Ralf versucht abzulenken: „Es ist nichts, mach ruhig weiter.“
„Sind wir Kumpels oder nicht? Du weißt, dass du mir alles erzählen kannst.“
Er ist verwirrt. „Kumpels? Wie darf ich das verstehen?“
„Na ja, mein Mann ist mein Partner und du bist mein Freund zum Vögeln und Spaß haben.“
Verwirrung weicht Erstaunen. Nach dem, was sie ihm alles über ihren Partner erzählt hat… Vor allem die Geschichte mit dieser Magda geistert noch immer in Ralfs Kopf herum.
Bibiana muss grinsen und redet weiter: „Jetzt guck doch nicht so! Als würde dir etwas an dieser Beziehung liegen.“
„Tut es ja auch.“
„Inwiefern?“
„Zum einen haben wir Spaß, und…“
„Und was?“
„Und… zum anderen… vögeln wir…“
„Miteinander! Bingo! Und das wiederum macht Spaß! Also, Hand aufs Herz: Willst du mehr als das?“
„Eigentlich nicht.“
Eigentlich schon, denkt er sich. Aber sie wird sich vermutlich niemals ändern. Dann gibt es nur eine Möglichkeit: Er muss sich ändern…
„Siehst du, mir geht’s genauso. Ich erzähle dir auch alles über meine Ehe, das meiste davon weiß nicht einmal mein Mann selbst.“
„Ich kann mir gut vorstellen, dass er seeehr viel nicht weiß.“
„Na, hör mal! Soll ich ihm etwa sagen, dass ich alle Orgasmen bei ihm vortäusche? Und es deshalb bevorzuge, es mir von dir gelegentlich ordentlich besorgen zu lassen?“
„Wohl eher nicht“, antwortet Ralf sarkastisch, aber dieser Unterton dürfte ihr nicht aufgefallen sein. Was ihn aber irgendwie freudig stimmt, ist die Tatsache, dass sie in der zweiten Hälfte des Satzes nur ihn erwähnt hat. Ihre „Freundschaft“ hat sich doch anders entwickelt als gedacht.
„Finde ich auch. Er hat seine Interessen, ich habe meine. So ist die Ehe. Warum also sollte ich ihn verlassen?“
„Keine Ahnung.“ Was für eine Frage! Und was für eine saublöde Antwort von ihm! Ihm würden tausend Gründe einfallen, aber er beschließt, zu schweigen. Stattdessen redet Bibiana weiter: „Aber genug von mir. Entweder du entspannst dich und wir nutzen die restliche Zeit fürs Vögeln oder du redest über deine Sorgen.“
„So einfach ist das nicht.“
„Wow, hast du etwa eine Freundin? Wir können die Sache zwischen uns beenden, wenn du willst.“
„Nein, es… Nein!“
Dass ihr ein Schlussstrich zwischen ihnen ziemlich egal wäre, schockiert Ralf nun doch ein bisschen. Klar ist es keine Liebe zwischen den beiden, zumindest nicht aus ihrer Sicht, aber das wäre ihm eindeutig zu schnell gegangen. Er würde gern mit ihr über die Geschehnisse der letzten Tage reden, aber er kann es selbst noch nicht ganz verarbeiten. „Es ist einfach verdammt viel los auf der Arbeit. Das ist momentan alles etwas schwierig.“
„Das kann ich verstehen. Ist es etwas Ernstes?“
„Lustige Fälle bearbeiten wir eher selten.“
„Entschuldige. Ich dachte nur, vielleicht gibt es ja einen bestimmten Fall, der dir nahegeht.“
„Kann schon sein.“
Wenn sie nur wüsste, wie recht sie damit hat.