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Die Ente macht Furore

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Kurz darauf besuchte ich wie allmonatlich seit fast einem Jahr ein Seminar aus einer spirituellen Reihe meiner Lehrerin Regina. Es fanden sich dort immer mehr oder weniger die gleichen Leute ein, alle sehr spirituell und besonders am Aufstieg interessiert. Als ich das Zentrum betrat und mich noch an der Garderobe damit beschäftigte, meinen massigen Körper vorsichtig aus der Kleidung zu schälen und es irgendwie zu schaffen, andere Strümpfe anzuziehen, kam einer der jungen Männer auf mich zu. Ich kannte Christian schon lange, an ihm beeindruckte mich, dass er auf natürliche Weise offen für alle spirituellen Themen und Energien schien, wo ich selbst zu dieser Öffnung ein ganzes Leben gebraucht hatte. Aber mindestens genauso wunderte es mich, dass er, wie die meisten anderen dieser jungen spirituellen Leute, wirklich keinen blassen Schimmer davon hatte, wie er sein Leben auf der Erde geregelt bekommen sollte.

Alle Teilnehmer des Seminars von Regina fühlten sich in jenen Tagen wie Geschwister und Freunde, ein kleiner Kreis, der sich längst begonnen hatte, auch privat und ohne Regina zu treffen. Christian entdeckte sofort die Ente in meinem Korb und war begeistert. Ich hob sie vorsichtig heraus, reichte sie ihm hinüber und beschäftigte mich weiter mit meinen Strümpfen. Sichtlich bewegt hielt Christian die Regenbogenente gleich mit den Füßen auf seinen Solarplexus, die Stelle dicht unter den Rippen, offensichtlich passierte da etwas Wohltuendes mit ihm. Und da ließ er sie dann die ganze Zeit, bis das Seminar begann. Es wirkte, als wäre meine Ente dort festgeklebt und als gehöre sie da hin. Ich spürte es auch deutlich und dann hörte ich die vertraute Stimme der Ente in meinem Kopf:

„Ich will zu ihm und bei ihm bleiben. Wir zwei gehören zusammen.“

Ich zögerte. Christian besaß kein Geld, das war bekannt. Und wenn ich sie ihm schenken würde, hätte ich ganz viele Stunden für ihn gearbeitet. Würde er auch so viele Stunden für mich arbeiten? Aber dann wischte ich den Gedanken wieder weg, im Moment stand im Vordergrund, dass meine Regenbogenente in der gesamten Seminargemeinschaft ziemlich Furore machte und großen Anklang fand. Und so öffnete ich mein Herz weit und schenkte Christian diese erste Regenbogenente. Die Ente wurde in der Pause viel herumgereicht und ausgiebig bewundert. Und in meinem Kopf formte sich der Gedanke: Die Regenbogenenten kommen vor allem für diese jungen, spirituell besonders offenen Menschen, auch schon zu den Kindern, und sie helfen ihnen, sich in dieser Welt zu erden und in der Freude zu bleiben. Aha, dachte ich bei mir, dann kommen wohl noch andere Puppen mit anderen Aufgaben.

Christian liebte seine Ente, er strahlte vor Freude und das allein war doch ein wundervoller Lohn! Ich spürte seine Dankbarkeit und fühlte mich geachtet und geschätzt. Dann verschenkt man sich doch gerne. Während des Seminars saß die Ente gleich neben ihm und ich hatte das deutliche Gefühl, dass die Ente das Seminar aufmerksam und neugierig verfolgte. Es sah so aus, auch wenn der rationale Teil meines Verstandes dies für einen großen Blödsinn hielt, der andere, intuitive Teil blieb dabei. Es ging unter anderem an diesem Wochenende um die Antakarana, unsere Verbindung zu unserer höchsten Identität, welche dann wiederum nur noch mit Gott selbst verbunden ist, und diese Verbindungsschnur setzt nicht wie die Silberschnur, welche die Verbindung zum physischen Körper hält, wenn wir träumen oder auf Astralreisen gehen, an der vorderen Körpermitte an, sondern am Hinterkopf, am Ende der Wirbelsäule. Sie wurde von Hellsichtigen als Lichtfaden wahrgenommen, wenn sie denn solche Dimensionen oder Schichten der Realität sahen. Denn ich hatte auch erlebt, dass sich die Hellsicht verschiedener Menschen erheblich unterscheiden konnte. Jeder sah und erzählte etwas anderes, jeder schien Spezialist zu sein und es musste auch unglaublich viele Dimensionen geben. Ich hatte jedenfalls diese Antakarana noch nicht gesehen, aber ich sah ja sowieso nichts. Vielleicht sah man sie auch erst, wenn man sie erwartete?

Je länger ich mit Hellsichtigen zu tun hatte, umso mehr faszinierte mich, dass fast jeder da in ganz anderen Ebenen und Realitäten herumturnte, ja eigentlich gab das auch erst einmal Anlass für mich, diese ganzen Wahrnehmungen, welche die anderen so munter erzählten, absolut anzuzweifeln. So viele verschiedene Realitäten und Ebenen konnte es doch gar nicht geben, vielleicht hatten die ja alle nur eine blühende Fantasie! Ich fand auch nur selten, dass die Wahrnehmungen verschiedener Menschen übereinstimmten, es sei denn, sie waren gleichzeitig und miteinander in anderen Dimensionen unterwegs.

Aber dann überlegte ich, was ich in den Konflikten gelernt hatte. Wenn ich einmal die Idee fallen ließ, dass es eine und nur die eine Wahrheit gab, und unter Menschen zumindest blieb ja eigentlich alles subjektiv, dann konnte doch jeder gleichzeitig recht haben. Und statt anzunehmen, wenn hellsichtige Wahrnehmungen sich widersprachen, sei eine davon falsch, wozu ich am Anfang sehr verleitet wurde, konnte ich alle Wahrnehmungen auch einfach als gleich-gültig nebeneinander legen und wie bei einem Puzzle versuchen, sie zu einem größeren Bild zusammenzufügen – und es dann mit allen gemeinsam betrachten. Vielleicht brauchte es viele verschiedene subjektiven Wahrnehmungen, um unsere riesige, unfassbare und grandiose Realität zu verstehen.

So wünschte ich mir auch den Umgang der Menschen untereinander: „Deine Puzzleteile (Weltsicht) plus meine Puzzleteile (Weltsicht), und dann suchen wir zusammen nach den verbindenden Teilen dazwischen, die jeder alleine wahrscheinlich weder sehen noch finden könnte.“ Das war doch ganz einfach, warum sich also streiten oder auf einem einzigen (dem besseren) Blickwinkel beharren! Das schien mir so, als würde ich aus allen Puzzleteilen das schönste, größte oder bunteste Teil aussuchen und fortan behaupten, dieses eine Teil sei das ganze Bild und meine Wahrheit die einzige wahre. Es gab eben viele Teile, und nicht immer passten sie direkt zusammen, manchmal musste man ganz schön knobeln. Und unsere Realität besaß wahrscheinlich mindestens so viele Teile, wie es Menschen gab, das zumindest vermutete ich damals schon.

Regina gab in ihren Seminaren jedenfalls die Möglichkeiten solcher Puzzle-Erfahrungen, denn sie war eine wunderbare Lehrerin und lehrte nur wenig mit Worten. Sie hielt einen hohen geschützten Raum und da stammt auch der Begriff „Raum halten“ her. Und in diesem Raum konnten alle sich entfalten und in ihre eigene Größe wachsen. Ich fühlte mich ihr sehr dankbar verbunden.

Was die Regenbogenente betraf, war ich auf die Wahrnehmungen der anderen gespannt und wir unterhielten uns darüber in den Pausen. Alle spürten, dass die Ente hohe Energien abstrahlte, so wie sie es bisher nur von Heilerhänden und hochwertigen großen Kristallen kannten. Der eine oder andere der Teilnehmer saß einige Zeit still mit der Ente und fühlte sich ein. Es entspräche der Erfahrung einer Meditation, so beschrieben sie es, sie spürten es ganz stark in sich fließen und ihr Herz öffnete sich weit zu Gott. Einige hatten das Gefühl, dass die Ente sehr aufmerksam zuhörte und noch ein wenig schüchtern sei, andere fanden, sie sei an der Grenze zu lebendig. Doch was war schon lebendig? Pflanzen und Tiere... Aber doch auch die scheinbar unbelebte Natur, oder wie sonst könnte einen der Nachthimmel oder der Grand Canyon so überwältigen? Also, warum nicht auch eine Ente aus Schafwolle?

Vor allem bei so vielen göttlichen Lichtfäden! Das dachte ich natürlich nur heimlich. Ich selbst spürte diese Energien nicht, die Ente fühlte sich einfach an wie jede beliebige Filzpuppe. Aber ich konnte auch die Energie von Kristallen leider nicht spüren. Gerade Christian, bei dem die Ente nun schon wieder auf dem Solarplexus saß, wusste alle Kristalle ganz detailliert unterschiedlich wahrzunehmen. Und er redete mit den Edelsteinen und Kristallen und erfuhr so, was deren besondere Wirkung war und wie sie behandelt werden wollten. Zwischen ihnen entstand eine gedeihliche Zusammenarbeit. Auch Regina zeigte sich begeistert von der Ente. Was ich da in ihr Seminar mitbrachte, schien absolut neu, das zumindest spürte auch sie ganz deutlich. Und dann sagte Regina:

„Die Ente heißt Anna Karana in Anlehnung an die Antakarana.“

Und alle wussten, dass das stimmte. Später vermutete ich, dass das auf alle Regenbogenenten zutraf: Dass sie nämlich wie die Antakarana Menschen mit ihrem Höchsten Selbst stärker verbinden und gleichzeitig hier erden.

Christian kam übrigens nach der ersten Nacht mit seiner großen Ente ins Seminar zurück und erzählte, dass sich ganz viele Vögel bei ihm im Zimmer eingefunden hatten, als er gerade einschlafen wollte. Die waren wegen der Ente gekommen und aufgeregt zwitschernd umhergeflogen und hatten sich dann wieder vor die Filzente hingesetzt, und immer wieder gefragt:

„Sag, wie hast du das gemacht, sag’s, bitte! Wir wollen auch dahin!“

Die Regenbogenente sei der absolute Star dieser ätherischen Szene gewesen. Ja, und was hatte die Regenbogenente geantwortet?

„Weiß auch nicht so genau. Ihr müsst euch vielleicht auch einfach bei Eh-Yh-Ra melden und filzen lassen...“

Wirklich, so war das passiert, jedenfalls hatte Christian es so berichtet und er ist eine absolut ehrliche Haut. Es entstanden danach noch viele Regenbogenenten, sie blieben neben den Drachen die beliebtesten Lichtfilzlinge.

Hurra, die Lichtfilzlinge kommen

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