Читать книгу Just Wine - Justin Leone - Страница 13
„Kochen“ mit Holz
ОглавлениеUm zu erklären, warum Weinmacher im Keller Eiche verwenden, schauen wir uns einen Chefkoch an, der in der Küche letzte Hand anlegt. Für jedes Gericht sind Fleisch, Fisch usw. gegart, die Saucen erwärmt, die Beilagen vorbereitet. Nun richtet der Chef die Teller an, schmeckt endgültig ab, fügt die Garnitur hinzu … Details, die noch die letzte Würze, Knackigkeit, Pfiff oder Schärfe bringen. Dieses finale Abschmecken und Anrichten macht einen enormen Unterschied, entscheidet zwischen „gut“ und „wow!“ und ist eine Kunst für sich. Feinfühligkeit ist das Geheimnis: zu viel Salz, zu wenig Säure, zu viel Sauce für zu wenig Protein, und ein ansonsten fantastisches Gericht kann furchtbar in die Hose gehen. Ein unvollendeter Wein vor seiner endgültigen Zusammenstellung ist dem ganz ähnlich. Wenn die Trauben angeliefert werden, muss der Chef entscheiden, wie der Wein zubereitet werden soll. Wie lang der gepresste Saft beispielsweise mit den Schalen EINGEMAISCHT bleiben soll. Ob, und wenn, wie lange, der Wein „SUR LIE“ (auf dem Hefesatz) reifen soll, wann BTONNAGE angewendet werden soll (dabei wird die Hefe, die sich auf dem Grund des Fasses oder Tanks abgesetzt hat, aufgerührt, um mehr Kontakt mit dem Wein zu haben. Die Hefen verleihen dem Wein – ganz besonders deutlich bei Champagner – eine im Vergleich zur Eiche andere, an Toast und Brioche erinnernde Cremigkeit.) Wann soll ABGEZOGEN werden (womit das Überführen des Weins von einem Fass oder Tank in ein anderes gemeint ist, um ihn von der Grobhefe zu trennen und Oxidation, Klärung und eventuell auch den biologischen Säureabbau zu ermöglichen. Das ist im Prinzip nichts anderes, als eine alte Flasche zu dekantieren.) usw. Im Grunde genommen wird der Wein also erst einmal „vorbereitet“, und dann ist es der Job des Kellermeisters, ihn „abzuschmecken“ und „anzurichten“. Französische Eiche in ihrer subtilsten Form ist ein Element, das eine schöne Nuance von Toast, Crème Caramel oder frischer Tahiti-Vanille hinzufügt, vielleicht auch Gewürznoten wie von Nelke, Muskatnuss oder sogar etwas in der Richtung wie Zimtrinde, Röstkaffee und Bitterschokolade, je nachdem, aus welchem Wald die Eiche stammt: aus NEVERS, ALLIER, TRONÇAIS, den VOGESEN oder dem LIMOUSIN, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Das Toasting und die Eichenart machen den Unterschied.
So wie Sel Gris, Maldon Sea Salt, rosa Himalaya-Salz, schwarzes Vulkansalz und Smoked Sea Salt ganz unterschiedlich würzen, hat auch jedes Fass einen enormen Einfluss auf das Endprodukt. Die ersten drei der gerade genannten Eichenarten haben das härteste und feinporigste Eichenholz ganz Frankreichs. Deswegen genießen sie auch in Regionen, die langlebige Weine mit zwei bis zehn Jahren Fassreife erzeugen, das höchste Ansehen. „Traditionelle“ Kellereien verwenden ihre Fässer bis zu einem halben Jahrhundert lang, bevor sie sie erneuern. Die feinen Poren sorgen für einen graduellen, eleganten Einfluss auf den Wein, sodass der Kellermeister bei der Reifung keinen übertriebenen Eichenton im Wein befürchten muss. Der Wein nimmt langsam minimale Mengen an Sauerstoff auf, die ihm Komplexität verleihen ohne das penetrante Aroma von neuem Holz. Bäume aus den Vogesen im Elsass liefern dagegen grobporigeres Holz, das sich für längere Reifung nicht so gut eignet. Dieses Holz gibt typischerweise alles, was es zu bieten hat, schon im ersten Jahr ab, wodurch es für Trauben wie Pinot Noir und Chardonnay, die empfindlicher auf Oxidation reagieren, besser geeignet ist. JUPILLES ist ein weiteres interessantes Beispiel. Dieses Holz aus dem Loire-Tal überträgt – womöglich nicht ganz zufällig – wunderbar subtile florale, fast fruchtige Nuancen, die sich sehr schön mit Chenin Blanc und Sauvignon Blanc vereinen. Beide Trauben sind ebenfalls hier heimisch und brauchen mit Sicherheit keinen massiven Vanilleschub aus dem Eichenholz, um zu glänzen. Zu viel Eicheneinfluss in diesen frischen Weinen wirkt so, als würde man ein von Natur aus wunderschönes Gesicht mit greller Schminke zukleistern. Und schließlich gibt es die Eiche aus dem Limousin. Sie ist der Rüpel unter den Hölzern, mit so großen Poren, dass sie ihre Aromen schneller hergibt als eine 18-Jährige auf dem Abschlussball ihre Unschuld. Für die meisten Weine sind diese massiven Vanillenoten aber viel zu aggressiv. Limousin-Eiche hat schließlich ihren Platz nicht im Himmel, aber in Cognac gefunden. Durch ihre Alkoholstärke sind Weinbrände für die kräftigen Aromen dieses Holzes geradezu prädestiniert, und mittlerweile sind auch Brenner von Rum, Gin und Tequila auf den Trichter gekommen.