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HAUS UND HOF

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Auf unserem Grundstück stand neben dem Haus die riesige Holzscheune. Zwischen diesen beiden Gebäuden hatten die Hühner, Enten und Gänse ihre Gatter. Der ideale Ort für Kinder, denn in der Scheune gab es oben einen großen Heuboden. Und wenn mein Opa genügend Heu eingefahren hatte, war auch unten noch alles voll, sodass man sich von der oberen Etage schön herunterfallen lassen konnte. Das machte riesigen Spaß.

Bei uns gab es recht viel an Getier: Hühner, Enten, Gänse, Karnickel, Katze, ein Schwein, auf dem man reiten konnte – wenigstens ein kurzes Stückchen … Und um die Weihnachtszeit ab und zu noch eine oder zwei Tauben, die ich von der Tombola der jährlich stattfindenden Geflügelausstellung mitbrachte. Hier gewann man immer etwas, Wellensittiche, Eier, Hühner und eben auch mal Tauben.

Als man mir den Gewinn dann aus dem Käfig holte, musste ich erst immer böse werden, als der blöde Mann mich fragte, ob er ihr gleich den Kopf abreißen sollte. Was um Himmels willen wollte ich mit einer Taube ohne Kopf, hääh? Bescheuert? Manchmal hatten sie wirklich nicht mehr alle, die Alten.

Das glaubte ich erst recht, als ich daraufhin vor der Tür des Kulturhaussaales, in dem die Ausstellungen stattfanden, im blutverschmierten Schnee wieder die abgerissenen Taubenköpfe sah. Entsetzlich primitiv, diese Erwachsenen! Ich war mir sicher, die waren nicht normal.

Mit Beginn jeden Frühjahrs wurde es zunehmend lebhafter auf unserem Gehöft. Die Karnickel sollten Junge bekommen. Opa sorgte für „frisches Blut“, so sagte er mir. Deshalb kamen Wendelbácsi oder Onkel Weber mit Kisten, worin sich ein paar Karnickelmänner befanden. Opa holte dann eine Karnickelfrau an den Ohren aus unserem Stall, setzte es vor den Karnickelmann von Wendelbácsi oder Onkel Weber – rappel di zappel –, wartete ein paar Sekunden (relaaaax …) und tat sie wieder in den Stall zurück. Dann trank man einen Schnaps oder ein paar Schnäpse mehr oder auch was von dem selbst gegorenen Wein aus Johannisbeeren und die beiden gingen – je nach Genussanteil an diesem Event mehr oder weniger geradlinig – wieder zufrieden nach Hause. Und nach neun Monaten … Blödsinn, denn die Karnickel waren doch viel, viel fixer. Süß, die kleinen Wollknäuel.

Im Mai holte meine Oma auch neue Küken aus dem Nachbarort. Die Katze hatte bereits ein Auge auf sie geworfen, tat aber zu meiner Verwunderung nichts. Vermutlich ahnte sie, was ihr blühen würde, wenn … Nur bei meiner Schwester musste man aufpassen, dass sie den armen Tierchen vor lauter Freude den Hals nicht zu stark zudrückte. Denn wenn sie bereits die Augen verdrehten, war die Zeit knapp, um noch Leben zu retten. Jedenfalls, die meisten – zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als man was für die Suppe brauchte – haben überlebt.

Hühner und Enten konnte ich prinzipiell auch ganz gut leiden, die taten mir ja auch nichts. Ganz im Gegenteil dazu die verfressenen Monstergänse: Der Chef der fiesen Herde, ein weiß-grauer Gänserich war bestimmt – alleine schon von der Statur her – ein verwunschener Kampfhund. Er und sein Gefolge sorgten stetig dafür, dass meine Beine immer irgendwo blau gezwickt waren. Und die Viecher waren so verdammt schnell, dass man kaum eine Chance hatte, zu entfliehen. Da half selbst die Weidenrute nicht immer, sich die Bestien vom Hals zu halten.

Selbst vor fremden Erwachsenen hatten die Ungeheuer keinen Respekt. Besonders gern hatten sie es auf meinen Onkel H. abgesehen. Er war fast ein Riese, hatte aber vor dem kleinsten Hund fürchterliche Angst und erst recht vor diesen Ungetümen. Also, wer uns besuchte, musste schon etwas aufpassen, dass er heil an den Tieren vorbeikam.

Darum hatte ich auch kein Mitleid mit ihnen, wenn meine Oma das Messer wetzte. Gerechte Strafe muss nun mal sein. Und schließlich brauchten unsere Kopfkissen auch ab und zu wieder neue Federn.

Letztendlich landete alles essbare Getier irgendwann im Kochtopf oder in der Pfanne. Hundert Prozent Bio! Und der Rest kam aus dem Garten oder von den zwei Schrebergärten und gepachteten Flächen. Wir hatten alles an Gemüse, was in unseren Breitengraden (auch schon vor der Klimaerwärmung) wuchs und was zum Kochen benötigt wurde.

Wenn ich mich an das selbst gemachte, knackige Sauerkraut erinnere, da wurde ein kinderbadewannengroßes Behältnis vollgehobelt und in Tontöpfe gestampft – einfach gesund und lecker! Oder die Salz- und Brotgurken. Hmm.

Meine Oma war meistens zu Hause und kochte vermutlich für ihr Leben gern. Exzellente Speisen, schmackhaft, rustikal. Und für uns Kinder fiel beim Zubereiten immer etwas zum Naschen ab. So auch beim Nudelnherstellen: Die runden Ränder vom Nudelteig, bevor er in feinste Fadennudeln verwandelt wurde, schnitt sie ab und legte sie direkt auf den holzbefeuerten heißen, gusseisernen Herd. Nach kurzer Zeit wurde daraus ein leckerknuspriger Knabbersnack für uns.

Meine Epoche Ost

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