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TABAK

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Nun, welcher Junge hat es denn nicht probiert? Das Rauchen! Zu unserer Zeit eine Selbstverständlichkeit. Einerseits war es für Kinder überhaupt kein Problem, an Zigaretten oder Tabak zu kommen, denn ich konnte – vorausgesetzt, ich hatte das nötige Geld – jederzeit Tabakwaren, jegliches Raucherzubehör, einschließlich Benzinfeuerzeuge, Feuerzeugbenzin oder Streichhölzer kaufen. Andererseits musste die Neugierde ja auch befriedigt werden. Von den Älteren rauchte seinerzeit fast jeder, da konnte es wohl kaum schlecht sein. Also probierten wir es aus.

Bei Frau Hiltscher (ein Begriff im Ort für einen kleinen Tabakladen an der Ecke unserer Straße) holte ich öfters im Auftrag meiner beiden Opas Tabakreste beziehungsweise des einen Lieblingsmarken Salem oder Stambul. Letzterer Name rührte bestimmt von Istanbul her, jedenfalls ein filterloses Kraut. Und auf dem Bildchen der Schachtel waren – glaube ich, mich zu erinnern – Türken abgebildet.

Das rauchte einer meiner Großväter (mein Opa, der bei uns im Haus wohnte) vorzugsweise, obwohl in seinem Wohnzimmer ein Schiebeschrank stand, der bis zum Platzen mit westdeutschen und amerikanischen Nobelzigaretten vom Feinsten vollgestopft war. Selbst brasilianische Zigarren gab es da in Hülle und Fülle.

Wer sich erinnert: zum Beispiel More, eine dunkle, dünne hundertzwanziger Zigarette aus den USA, die „rauchten“ wir besonders gern, auch später noch, zu Discozeiten. Natürlich pafften wir nur, sonst hätten wir uns dabei sicher in die Hosen gemacht.

Woher hatte er das Zeug? Sein Sohn, im Jahr 1961 noch rechtzeitig vor der Mauer geflüchtet, schickte regelmäßig Tabak, selbst als sein Vater aufgrund von Atemwegserkrankungen von einem Tag auf den anderen mit dem Quarzen aufhörte. Mein Onkel meinte, das Zeug könne man trotzdem gut gebrauchen, wenn man mal einen Handwerker benötige. Recht hatte er und schickte fleißig weiter.

Gelegentlich drehten wir unsere Zigaretten auch selber, die dazu nötigen Utensilien kauften wir uns wiederum im Tabakladen.

Einmal – zu Beginn unserer Räucherei – hatten wir keinen Tabak und wussten noch nicht, was Tabak eigentlich war, da füllten wir die kleinen Blütenbrösel rein, die im Frühsommer die Birken verloren. Es qualmte und stank entsetzlich. Konnte man wirklich nicht rauchen. Ein einmaliger Versuch.

Also orientierten wir uns lieber in Richtung Markenware. Es gab ja genug davon. Der Schrank wurde nie leerer, selbst dann nicht, wenn ich uns ab und zu eine Schachtel stibitzte. Ich weiß, es war wieder eine Sünde! Ich musste wieder zur Beichte. Aber die Versuchung war zu groß und mein Opa merkte es auch nicht, oder vielleicht doch?

Später, mit achtzehn, neunzehn, hörte ich mit dem gelegentlichen Qualmen auf. Es gab ja weitaus besser Gelegenheiten zu sündigen, die waren zu jener Zeit weder ungesund noch gefährlich und machten zudem bedeutend mehr Spaß …

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