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Er braucht Hilfe, keine Korrektur

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Im traditionellen Hundetraining wurde der Begriff „Korrektur“ verwendet, um die Anwendung einer aversiven Maßnahme zu bezeichnen – das konnte ein Ruck an einem Würgehalsband, ein Schnauzengriff, ein strenges „Nein!“ oder eine andere aversive Erfahrung sein. Die Korrektur war ein Euphemismus für Strafe, was nicht mit dem Umlenken auf ein Alternativverhalten verwechselt werden sollte. Dies bedeutet, dass man die Konzentration oder das Verhalten eines Hundes von einer Sache auf eine andere lenkt – wenn Ihr Hund zum Beispiel einen Schuh hat und Sie ihm stattdessen einen Kauartikel anbieten, mit dem er sich beschäftigen kann. Es stört mich, wenn ich sehe, dass Menschen ihre Hunde mit Negativität trainieren, egal wie mild die aversive Maßnahme auch sein mag. Wenn Menschen wütend oder frustriert werden, weil ein Hund nicht das gemacht hat, was sie wollten, dann ist das selten bis nie darauf zurückzuführen, dass der Hund einfach stur war und sich geweigert hat, das Richtige zu tun. Allzu oft war der Hund nicht in der Lage, zu folgen, weil er nicht wusste, was von ihm erwartet wird. In dem Fall erhöht eine Strafe nicht die Wahrscheinlichkeit, dass er es in der Zukunft richtig machen wird.

Es tut mir im Herzen weh, wenn ich sehe, wie jemand einen Hund bestraft, der ehrlich verwirrt ist, aber leider sieht man das nur allzu häufig. Mein Herz tut deshalb weh, weil es der besagten Person etwas zurufen möchte, weil es verzweifelt versucht, die folgende Botschaft von mir an den anderen Hundehalter zu übermitteln: „Ich weiß, dass Sie verärgert sind – aber könnten Sie bitte, bitte sehen, dass Ihr Hund keine Korrektur braucht? Ihr Hund braucht Hilfe.“ Es kann tragische Folgen haben, wenn man das beim Hundetraining nicht erkennt.

Versuchen Sie einmal, es aus der Sicht eines Hundes zu sehen. Hunde wissen oft, dass ein Verhalten von ihnen verlangt wird, aber sie wissen nicht, welches. Stellen Sie sich vor, jemand befiehlt Ihnen: „Rospotadspu, flubberall! Rospotadspu, flubberall!“ Und Sie merken, wie die Person immer frustrierter und sogar zornig wird. Das wäre für uns Menschen genauso unverständlich, wie viele Signale es für Hunde sind. Wenn der Hund versucht, zu raten und dabei falsch liegt (er hat ja auch nur geraten!), dann wird er mit strengen Worten, Empörung, Entrüstung und manchmal sogar mit einer körperlichen Strafe gezüchtigt. Es gibt Hunde, die so etwas ständig aushalten müssen und dabei ist die Strafe nicht nur nicht hilfreich, sondern möglicherweise schädlich. Ein bisschen Unterstützung könnte so viel bewirken, aber leider wird dieser Weg zu selten beschritten.

Das Ergebnis ist ein verängstigter, verwirrter und verunsicherter Hund, der sich zusätzlich davor fürchtet, Fehler zu machen. Manchmal wirken Hunde in dieser Situation „wohlerzogen“, aber in Wirklichkeit machen sie gar nichts. Der Grund, warum sie nichts anstellen, ist, dass sie praktisch katatonisch sind, also angststarr. Es hat nichts damit zu tun, dass sie folgsam sind. Solche Hunde zeigen deshalb kein Fehlverhalten, weil sie genau genommen so gut wie überhaupt kein Verhalten zeigen – womit ich meine, dass sie gar nichts machen.

Meine Freundin (und Hundetrainer-Kollegin) Laura Monaco Torelli erzählte mir von einer Situation, in der sie „dicht machte“, wobei sie der Gedanke beschlich: „So muss sich ein gestresstes Tier fühlen!“ Sie wollte ihre Italienischkenntnisse verbessern und ihr Italienischlehrer korrigierte sie sofort nach jedem Wort, wobei er den Kopf schüttelte, mit seinem Finger direkt auf ihr Gesicht zeigte und Dinge sagte, wie: „Nein! Das ist die falsche Aussprache! Sagen Sie es so. SO!“ Für sie fühlte sich das wie eine Bestrafung an, und zwar wie eine ziemlich effektive Strafe. Weshalb sie aufhörte, das Verhalten des Italienisch-Sprechens anzubieten. Bei ihrem nächsten Italienaufenthalt (um ein Seminar zum Thema Hundetraining zu unterrichten) wunderte sich ein Freund und Kollege darüber, dass sie beim Abendessen so still war – sie war normalerweise immer sehr lebhaft und gesprächig. Sie schilderte ihre Sorge, dass ihr holpriges Italienisch auf die anderen ohne die Hilfe eines Dolmetschers verwirrend klingen könnte. Woraufhin er lachte und etwas auf Italienisch zu den anderen Anwesenden sagte, die Laura darauf allesamt warm anlächelten. Wie man es von einem richtigen positiven Hundetrainer erwarten würde, sagte er zu ihr: „Der einzige Weg, um eine Sprache zu lernen, ist einfach zu sprechen. Du kannst dich bei uns sicher fühlen. Wir werden dir helfen.“ Anstatt ihr Verhalten unterdrücken zu müssen, konnte sie daraufhin am Tischgespräch auf Italienisch teilnehmen, wobei sie zahlreiche Wörter und Ausdrücke von ihren Kollegen lernte. Sie brauchte keine Korrektur, um ihr Italienisch zu verbessern. Sie brauchte Hilfe.

Auch wenn es um Kinder geht, denke ich oft an die Parole „Er braucht keine Korrektur. Er braucht Hilfe.“ Während der ersten Monate an einer neuen High-School hatte mein ältester Sohn Schwierigkeiten mit dem häufigen Wechsel der Klassenzimmer. Es fiel ihm schwer, es rechtzeitig in den Unterricht zu schaffen, weshalb er Probleme bekam. Lehrer und diverse Schulmitarbeiter hielten ihm mehrmals strenge Moralpredigten am Gang. Mir brach das fast das Herz, weil er sich so bemüht hatte, es pünktlich in den Unterricht zu schaffen. Eine Bestrafung wäre sinnlos gewesen, weil es nicht so war, als ob er sich nicht angestrengt hätte. Er wollte es so gerne schaffen, aber war einfach noch nicht in der Lage dazu. Sein Hauptproblem bestand darin, dass das Schloss an seinem Spind schwer zu öffnen war und er so gut wie immer mehrere Versuche benötigte. Er hetzte zu seinem Spind und hetzte weiter in den Klassenraum und bemühte sich so, nicht zu trödeln. Aber wenn drei oder vier Versuche nötig waren, um seinen Spind aufzubekommen, brauchte das fast seine fünfminütige Pausenzeit auf – und er war der Unpünktlichkeit einen Schritt nähergekommen. Viele Mitarbeiter der Schule waren verständnisvoll und taten ihr Bestes, um den neuen Fünftklässlern zu helfen, aber nicht alle. Mein Sohn kam einmal heim und erzählte mir, dass er schnellen Schrittes zu seinem Klassenzimmer geeilt war – gerade so, dass er nicht rennen musste – und schon wieder hatte der Schulleiter ihn angebrüllt: „Was machst du noch im Gang? Du solltest schon längst in deinem Klassenzimmer sein!“ Er wurde in die Direktion geschickt, um sich einen Verweis wegen Zu-Spät-Kommens abzuholen und musste erklären, warum er noch nicht in seinem Klassenraum war. Ich kenne meinen Sohn und möchte wetten, dass er aufgrund der Verspätung schon einen panischen Ausdruck auf seinem Gesicht hatte, bevor er überhaupt angeschrien wurde. Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, warum ein ausgebildeter Pädagoge nicht erkennen konnte, dass er hier keiner Korrektur bedurfte. Er brauchte Hilfe. Glücklicherweise gab es auch genügend Leute an der Schule, die das bemerkten und denen ich ewig dankbar bin – besonders Mr. Anderson, der begriff, dass mein Sohn einen Trick an dem Schloss nicht kannte: Man musste das Schloss mehrmals drehen, bevor es sich mit der Zahlenkombination öffnen ließ. Sobald ihm das erklärt wurde und er kompetenter darin wurde, seinen Spind zu öffnen (das heißt, sobald ihm geholfen wurde), schaffte er es, für die Dauer des restlichen Jahres pünktlich zu sein. Die Korrekturen waren in Bezug auf eine Verhaltensänderung völlig nutzlos und richteten sogar Schaden an, aber die Hilfestellung löste das Problem sofort. (Ich glaube, das ist das Ende meiner elterlichen Tirade! Ah, wie befreiend!)

Wenn ich sehe, wie eine Person für ihr Verhalten von jemandem getadelt wird, der es eigentlich besser wissen müsste – wie zum Beispiel von einem Elternteil, einem Lehrer oder einem Ehepartner – und ich auch sehen kann, dass diese Person das Gefühl hat, niemals etwas recht machen zu können, dann denke ich daran, wie Hunde früher mit aversiven und gewalttätigen Methoden trainiert wurden und wie sehr sich diese Branche weiterentwickelt hat. Wenn nur das Sicherheitspersonal am Flughafen eine ähnliche Entwicklung durchmachen würde! Wenn ich durch den Sicherheitscheck am Flughafen gehen muss und weiß, dass sich die Regeln seit Dienstag geändert haben, dann weiß ich auch, dass ich Fehler machen werde und deshalb eine strenge Rüge zu erwarten habe. Jedes Mal, wenn das geschieht, denke ich daran, dass dieses Gefühl den Lebensalltag für viele Hunde bedeutet – das Gefühl, keine Chance gehabt zu haben, herauszufinden, was diesmal von ihnen erwartet wird. Was? Ich soll meine Schuhe nicht ausziehen? Das letzte Mal musste ich das machen. Was? Ich bekomme jetzt ein Problem, weil ich an dir hochspringe? Aber ich habe das gestern auch gemacht und da hast du mich hinter den Ohren gekrault und mich „braver Hund“ genannt. Woher soll ich wissen, dass Anspringen in Ordnung ist, wenn du abgetragene Kleidung anhast, aber nicht, wenn du etwas Neues trägst und ganz sicher nicht, wenn dieses Neue weiß ist? Was? Mein iPad muss in eine Kiste gelegt werden? Das letzte Mal wurde mir gesagt, ich soll es in der Tasche lassen. Was meinst du, ich kann heute kein Essen vom Tisch bekommen und wenn ich es versuche, brüllst du mich an? Du hast dein Abendessen gestern mit mir geteilt. Auf Individuen, die keine Chance haben, etwas dauerhaft richtig zu machen – weil die Welt so verwirrend ist – wartet sehr viel Bestrafung und Negativität. Einen Schutz gegen diese Art der Angst und des Unglücks bieten klare Vorgaben sowie eine Positivität, die starke Bindungen aufbaut.

Es scheint mir verrückt, Trainingstechniken anzuwenden, die emotionalen Stress verursachen und Beziehungen nicht nur nicht stärken, sondern sogar beschädigen. Ich bin überglücklich, der Kultur des positiven Hundetrainings anzugehören und ich hätte sehr gerne, dass die Leitlinien meiner Sparte zunehmend auf Menschzu-Mensch-Interaktionen angewandt werden. Zwei eng miteinander verbundene und überzeugende Gründe, warum wir alle dieses Ideal anstreben sollten, sind die Vorteile für die Beziehung und die Effektivität der Verhaltensbeeinflussung.

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