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Positive Verstärkung

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Positive Verstärkung ist ein Teil der sogenannten operanten Konditionierung, was bedeutet, dass Konsequenzen eingesetzt werden, um Verhalten zu beeinflussen. Die anderen Teile der operanten Konditionierung heißen negative Verstärkung, positive Bestrafung und negative Bestrafung. Dies sind die vier grundlegenden Arten, in denen wir Konsequenzen einsetzen können, um die Wahrscheinlichkeit einer Verhaltensweise zu beeinflussen. Obwohl es sich dabei um sehr unterschiedliche Konzepte handelt, werden sie aufgrund der Fachbegriffe leicht verwechselt. Positive Verstärkung bedeutet, dass nach dem gezeigten Verhalten etwas Gutes passiert, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass das Verhalten erneut auftritt. (Hund macht Rolle. Hund bekommt Belohnung. Es ist wahrscheinlicher, dass der Hund noch einmal eine Rolle macht.) Positive Bestrafung bedeutet, dass nach dem Verhalten etwas Negatives passiert, was die Wahrscheinlichkeit sinken lässt, dass dieses Verhalten erneut auftritt. (Jemand stiehlt die Lebensmittel seines Mitbewohners aus dem Kühlschrank. Der Mitbewohner wird böse und brüllt. Es ist weniger wahrscheinlich, dass der Dieb noch einmal Essen stehlen wird.) Negative Verstärkung bedeutet, dass etwas Schlechtes als Konsequenz des Verhaltens weggenommen wird, wodurch das Verhalten mit höherer Wahrscheinlichkeit erneut auftritt. (Eine Person legt den Anschnallgurt an. Anschnallalarm hört auf. Es ist wahrscheinlicher, dass die Person sich in der Zukunft erneut anschnallen wird.) Negative Bestrafung bedeutet, dass als Reaktion auf ein Verhalten etwas Gutes weggenommen wird, was die Wahrscheinlichkeit senkt, dass dieses Verhalten noch einmal auftritt. (Hund springt an Ihnen hoch, wenn Sie heimkommen. Sie legen die Tüte mit den Leckerchen weg, ohne ihm eines zu geben. Es ist weniger wahrscheinlich, dass er Sie beim nächsten Mal anspringen wird.) Beachten Sie, dass beide Arten der Verstärkung das Verhalten wahrscheinlicher machen, während beide Arten der Bestrafung es weniger wahrscheinlich machen. Die beiden „positiven“ Methoden bedeuten außerdem, dass etwas als Konsequenz auf ein Verhalten zugefügt wird, während die beiden „negativen“ Arten bedeuten, dass etwas weggenommen wird. Obwohl alle vier Konsequenz-Arten im Hundetraining oft zum Einsatz kommen, konzentriere ich mich auf positive Verstärkung.

Ich bin für eine zielgerichtete positive Verstärkung, um Verhalten zu beeinflussen. Mit „zielgerichtet“ meine ich, dass ich Verhalten bewusst verstärken möchte. Einmal ganz abgesehen davon, dass es funktioniert, gefällt mir am besten daran, dass ich durch diese Methode meinen eigenen Willen mit dem eines anderen in Einklang bringen kann. In anderen Worten, es handelt sich um eine Methode, mittels derer ich andere dazu bringen kann, dasselbe machen zu wollen, was ich von ihnen will. Deshalb machen sie freiwillig, was sie „machen sollen“ und genau darum geht es im Training. Positive Verstärkung ist generell die beste Art, dies zu erreichen: Sie basiert nämlich darauf, dass ich Verhaltensweisen verstärke, die mir gefallen, wodurch ich deren Wiederholung erreichen möchte. Dieses Kapitel stellt unter anderem einige Strategien vor, um das Verhalten anderer durch korrekte Verstärkung zu beeinflussen.

Es ist gut möglich, dass jemand, der dies liest, die allgemeine Technik als manipulativ empfindet. Ich gebe zu, dass man so argumentieren könnte, da Leute oft nicht merken, wie ihr Verhalten von anderen bestimmt wird. Und wenn sie es merken, könnten sie das Gefühl bekommen, ausgetrickst worden zu sein. Auf der anderen Seite geht es bei positiver Verstärkung darum, eine Verhaltensentscheidung basierend auf deren guten Konsequenzen zu treffen, es gibt also keine Verlierer. Die Person, deren Verhalten modifiziert wird (oder die etwas Neues lernt), wählt, was sie tun möchte und sollte dementsprechend mit dem Ergebnis zufrieden sein – da dieses Ergebnis per Definition aus ihrer Sicht positiv ist. Auch die Person, die das Verhalten verstärkt, bekommt, was sie will: erwünschtes Verhalten von jemand anderem. Ich möchte außerdem zu bedenken geben, dass Menschen oft sehr wohl merken, dass ihr Verhalten bestärkt wird, aber es macht ihnen nichts aus. Beispiele wären eine Schulklasse, die ein Pizzaessen spendiert bekommt, weil sie Spenden für einen guten Zweck gesammelt hat – oder jemand, der eine Bonuszahlung für eine erfolgreiche Kundenakquisition erhält. Im Allgemeinen akzeptieren wir positive Verstärkung in unserer Gesellschaft, solange das Kind nie beim Namen genannt wird. Die Leute haben meistens überhaupt kein Problem damit, von „Prämien“ oder „Bonuszahlungen“ zu sprechen oder darauf hinzuweisen, dass jemand etwas verdient. Aber sobald man es positive Verstärkung nennt, wird man der Manipulation beschuldigt. Traurig, aber wahr.

Trotzdem muss ich fairerweise auf die Möglichkeit hinweisen, dass die Leute in ihrem Leben sich manipuliert fühlen könnten (was sie nicht glücklich machen würde), wenn sie diese Techniken anwenden. Alles in allem hoffe ich aber, dass das Risiko es ihnen wert sein wird. Ich finde es eine bessere Lösung, als andere Menschen herumzukommandieren, zu nörgeln, zu brüllen, und so weiter – aber ich kann nicht garantieren, dass mir da alle zustimmen werden. Der beste Selbstschutz ist, freundlich zu sein – und unauffällig, wenn möglich. Es ist vielleicht nicht klug, jemandem zu erzählen, was Sie machen, wenn Sie schon das Gefühl haben, dass es bei dieser Person möglicherweise nicht gut ankommen würde. Ich hoffe, der Tag wird kommen, an dem positive Verstärkung und andere Instrumente aus der Welt des Hundetrainings als unproblematisch angesehen werden, aber momentan haben sie in unserer Gesellschaft diesen Nachteil. Was sehr schade ist, weil ich wir alle ständig versuchen, das Verhalten anderer zu beeinflussen. Positive Verstärkung ist einfach nur die nettere Art.

Komischerweise hat mir noch nie jemand gesagt, dass positive Bestrafung manipulativ sei, obwohl sie ständig eingesetzt wird, um Verhalten zu beeinflussen. Mir ist nicht ganz klar, warum der bewusste Einsatz positiver Verstärkung so anders beurteilt wird. Tatsache ist doch, dass Konsequenzen sich immer auf unser Verhalten auswirken und dass dies ständig passiert. Ich trete einfach dafür ein, positive Konsequenzen für das Verhalten anderer bewusst einzusetzen. Ich finde es außerdem sehr wichtig, dass diese absichtlichen Konsequenzen aufrichtig sein sollten. Wenn Sie eine Person für etwas loben, was sie gemacht hat, darf das nicht roboterhaft oder unaufrichtig klingen – das Lob könnte sonst nach hinten losgehen und Sie laufen Gefahr, so zu klingen, als ob Sie gerade ein Karriereseminar zu positiver Verstärkung absolviert hätten und die Techniken nun ausprobieren wollten. Genau das Richtige auf genau die richtige Art zu sagen, ist eine Kunst. Aber nur so bedeutet Ihre Reaktion auf die Handlung anderer auch etwas.

Positive Verstärkung ist ein mächtiges Instrument und in seiner grundlegenden Form unglaublich einfach anzuwenden. Eine Verstärkung ist eine Konsequenz für ein Verhalten, das die Häufigkeit dieses Verhaltens erhöht. Wenn die Konsequenz etwas Erstrebenswertes ist, dann sprechen wir von einem positiven Verstärker. Das beste Beispiel ist vielleicht ein Hund, der eine Belohnung für „Sitz“ erhält und deshalb in der Zukunft eher Sitz machen wird. Es gibt einen Witz, über den ich immer lachen muss und der genau illustriert, was positive Verstärkung ist und wie sie eingesetzt werden kann, um das Verhalten anderer zu beeinflussen. In dem Witz geht es um einen Mann, der fischen will, aber dem schnell die Würmer ausgehen. Er möchte schon resigniert heimgehen, als er eine Schlange mit einem Frosch im Maul entdeckt. Ihm fällt ein, dass sich Frösche hervorragend als Köder eignen und dass eine Schlange ihn nicht gut beißen kann, wenn sie schon einen Frosch im Maul hat. Also packt er die Schlange hinter dem Kopf, schnappt ihr den Frosch weg und legt ihn in seinen Eimer. Aber dann merkt er, dass er ein Problem hat. Wie kann er die Schlange wieder loslassen, ohne von ihr gebissen zu werden? Praktischer Mensch, der er ist, findet er eine Lösung. Er holt eine Flasche Jack Daniels heraus und leert der Schlange ein wenig Whisky ins Maul. Sobald die Schlange sich entspannt und schlaff wird, lässt er sie frei und macht sich wieder ans Fischen. Ein wenig später spürt er plötzlich, wie ihm jemand unten ans Bein tippt. Es ist dieselbe Schlange, mit noch zwei Fröschen im Maul.

Es gibt endlos viele Möglichkeiten, um positive Verstärkungsstrategien anzuwenden und Hundetrainer nehmen an wochenlangen Konferenzen zu dem Thema teil, weil es so komplex ist. Aber Sie müssen kein Experte werden und wie ein Hundetrainer jedes kleinste Detail wissen, um die wichtigsten Strategien und Punkte zu verstehen. Die im folgenden Abschnitt besprochenen Techniken werden Ihnen helfen, diese Methode anzuwenden, um das Verhalten anderer zu beeinflussen.

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