Читать книгу Antinatalismus - Karim Akerma - Страница 195
Daseinwollensbefragung
ОглавлениеSofern die meisten Personen nicht in der Lage sind, über den Schatten der eigenen Existenz zu springen, werden sie antworten, sie hätten – noch nicht existierend – auch dann zu existieren beginnen wollen, wenn sie gewusst hätten, dass ihnen eine miserable Existenz beschieden sein wird. Hierzu erläutert Vischer:
„Am Kindergesicht finde ich dies das Rührende, dass es so lieblich arm bittend zu sagen scheint: ich kann ja gewiß nichts dafür, daß ich gemacht bin. – Eigentlich von Rechts wegen sollte man jeden vorher fragen, ob er existieren wolle. Dabei müßte man sein Lebensschicksal wissen, ihm voraussagen, und so dann fragen: willst du unter diesen Bedingungen zur Existenz gelangen? Müßte man nun dem Gefragten ein ganz unglückliches Leben in Aussicht stellen, würde der wohl ja sagen? – Hier hebt sich die ganze Vorstellung höchst belehrend von selbst auf. Ja, freilich würde er ja sagen! Denn unser Satz nimmt an, er lebe, ehe er lebt, sonst könnte man ihn ja nicht fragen. Dann hat er ja aber das Leben schon verschmeckt, schon sich angewöhnt, und diesem Reiz widerstehe der Teufel!“ (Vischer, Auch Einer, S. 260)
Die „Moral“ dieser Ausführung Vischers liegt offenkundig darin, gar nicht erst so zu handeln, dass ein neuer Mensch zu existieren beginnt, der sich fast immer als Jasager erweisen würde.