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Elternschein und Elternschulung

Als einen wohlbegründeten Einstieg in den praktizierten Antinatalismus schlagen wir die Einführung eines Elternscheins vor. Beim Elternschein handelt es sich um eine Lizenz, wie sie den Angehörigen bestimmter Berufsgruppen – etwa den Heilberufen – standardmäßig abverlangt wird, bei deren Ausübung andere Personen schweren körperlichen oder seelischen Schaden nehmen können. Ein Elternschein wäre eine Lizenz, mit deren Erwerb Fortpflanzungswillige den Nachweis erbringen, zur Hervorbringung und Erziehung von Kindern geeignet zu sein. Zahlreiche Fachleute sind der Meinung, dass die Hervorbringung und Erziehung eines Menschen zu den verantwortungsvollsten und schwierigsten Aufgaben gehört; und doch werden Eltern weniger Qualifikationen abverlangt als einen Fahrzeughalter oder manchen Hundehaltern.

Die Einführung von Elternscheinen sollte in erster Linie dem Kindeswohl dienen, in nachgeordneter Hinsicht dem Wohle der Gesellschaft. Rücksichten auf das Kindeswohl gebieten es, dass der Elternschein Personen versagt bleibt, bei denen hochgradig wahrscheinlich ist, dass sie einem eigenen Kind seelischen oder körperlichen Schaden zufügen, obwohl sie an einer spezifischen Elternschulung teilgenommen haben.

Wem das Verlangen nach einem solchen Elternschein völlig abwegig und unvermittelt scheint, sieht sich sogleich korrigiert, wenn wir uns kurz vor Augen führen, dass Adoptiveltern eine solche Lizenz längst zu erbringen haben. Der Umstand, dass Adoptiveltern ihre Eignung zur Erziehung eines Kindes zuallererst darlegen müssen, führt zu beeindruckenden Ergebnissen im Sinne des Kindeswohls. Trotz des Traumas, das viele Kinder durchmachen, bevor sie adoptiert werden, werden adoptierte Kinder von ihren Adoptiveltern sehr viel weniger häufig misshandelt als Eltern ihre biologischen Kinder misshandeln: Das Verhältnis beträgt Eins zu Fünf. Und das, obwohl es heißt, biologische Elternschaft führe stets zu einem innigeren Band als „bloße“ Adoption.

Hunderte Millionen Kinder haben schwerst Alkohol- oder Nikotinabhängige, Psychopathen oder Gewalttäter zu Eltern. Wie kann es da sein, dass es bis auf den heutigen Tag keine das künftige Kindeswohl berücksichtigenden Fortpflanzungsauflagen gibt? Erzieherisches Totalversagen führt nicht allein die Kinder ins Elend, sondern beschert den Gesellschaften und der Menschheit insgesamt einen erheblichen Teil ihrer – auch auf diese Weise selbstgemachten – Probleme. Vor diesem Hintergrund ist es vielleicht nicht abwegig, wenn wir für alle Fortpflanzungswilligen nach einer Schulung verlangen, nach deren Bestehen der Elternschein als Zeichen der Kompetenz ausgestellt wird.{63}

Einen Elternschein antizipierend schrieb Ebner-Eschenbach in ihrem „Gemeindekind“: „Nicht jeder braucht einen Hausstand zu gründen; das ist der größte Wahn, dass man einige Kinder haben müsse – es gibt Kinder genug auf der Welt... und je besser ein Vater ist, desto weniger hat er von seinen Kindern – wer fühlt edel und selbstlos genug, um sich zutrauen zu dürfen, er werde ein guter Vater sein?“ (Ebner-Eschenbach, Das Gemeindekind, S. 253)

Adoption

Jandl, Hermann (*1932)

In Jandls Gedicht Erziehungstraum hat das lyrische Ich , also das Kind, offenbar schlechte Erfahrungen gemacht und möchte die ihm schädlichen Erwachsenen-Rollen einmal gattungs-exemplarisch kontrafaktisch korrigieren: bitte nur in eine Welt menschenwürdiger Erwachsener hineingeboren werden.

„erziehungstraum

den vater zeugen / den vater gebären / den vater erziehen

die mutter zeugen / die mutter gebären / die mutter erziehen

die lehrer zeugen / die lehrer gebären / die lehrer erziehen

dann geboren werden“ (Hermann Jandl, leute leute, S. 21)

Antinatalismus

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