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Rilke (1875–1926)
ОглавлениеAufgrund ihrer Primortalität fällt es Eltern leicht auszublenden, dass aus ihren Kindern einst sieche Greise werden. Auch wenn Rilke im Folgenden mit dem „verhängten Weh“ nicht bewusst auf die Elternschuld angespielt haben wird, bringt er doch zum Ausdruck, dass die Erde genug an ihren Toten zu tragen hat und äußert sich somit tendentiell antinatalistisch:
Fragmente aus verlornen Tagen
„[…] wie Worte, welche nichts Bestimmtes meinen / und dennoch gehn, ins Ohr hineingehn, weiter / ins Hirn und heimlich auf der Nervenleiter / durch alle Glieder Sprung um Sprung versuchen, – / wie Greise, welche ihr Geschlecht verfluchen / und dann versterben, so daß keiner je / abwenden könnte das verhängte Weh, / wie volle Rosen, künstlich aufgezogen / im blauen Treibhaus, wo die Lüfte logen, / und dann vom Übermut in großem Bogen / hinausgestreut in den verwehten Schnee, – / wie eine Erde, die nicht kreisen kann, / weil zuviel Tote ihr Gefühl beschweren, […]“ (Rilke, Das Buch der Bilder, Werke, Bd. 1, S. 446)