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Kirche und Laien – ein schwieriges Verhältnis

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Seit der Epoche der ostfränkischen Karolinger nahmen die Könige für sich in Anspruch, Bischöfe und Äbte durch die zeremonielle Übergabe eines Stabes in ihr Amt einzuführen. Sie mussten dabei zwar die Wünsche des Adels und des Klerus berücksichtigen, doch in dem Maße, wie sich die Kirche seit ottonischer Zeit zur wichtigsten Stütze der Reichsverwaltung entwickelte, verstärkte das Königtum seinen Zugriff auf die hohen Kirchenposten. Bischöfe und Äbte waren eng in die Regierungsgeschäfte eingebunden, versorgten den Hof mit Naturalabgaben, stellten militärische Kontingente, wirkten als Berater oder leiteten den Schriftverkehr und übten königliche Hoheitsrechte wie Markt-, Münz- oder Zollrechte aus. Sie gehörten damit zu den unverzichtbaren Stützen der Monarchie, und die gekrönten Häupter waren verständlicherweise daran interessiert, nur vertraute und loyale Kandidaten, die sie meist schon aus ihrer Hofkapelle kannten, zu berufen. Gerechtfertigt wurde diese Gewohnheit ausnahmsweise nicht durch einen Rückgriff auf das Eigenkirchenwesen, sondern durch die Betonung der herausgehobenen Stellung des Königs als Gesalbter und von Gott zur Herrschaft Berufener. Unter Heinrich III., der neben dem Stab auch noch den Ring verlieh, schälte sich eine bestimmtes Verfahren heraus, das Abt Hermann von Niederaltaich im Rückblick folgendermaßen beschrieb: »Jedes Mal, wenn ein Bischof oder Reichsabt verstarb, pflegte die entsprechende Kirche Ring und Stab an den Kaiser zu senden und sich vom Hof einen neuen Bischof oder Abt auszubitten.« Nach eingehender Beratung mit seinen Großen übergab der Herrscher dem Auserwählten mit den Worten »Accipe ecclesiam« – »Empfange die Kirche« – die Insignien Stab und Ring und ließ sich danach einen Treueid leisten, der den Anwärter zum Königsdienst verpflichtete. Die übrigen Elemente der Berufung – Wahl, Weihe und Inthronisation – wurden zwar weiterhin in großen öffentlichen Akten zelebriert, traten in ihrer Bedeutung gegenüber der königlichen Insignienübergabe aber in den Hintergrund. Die Wahl mutierte häufig zur bloßen Akklamation. Wie bei den Reichsbischöfen nahmen die Könige der ottonischen und frühsalischen Zeit für sich in Anspruch, kraft ihrer sakralen Autorität auch bei der Kür des Bischofs von Rom und damit des Papstes mitzuwirken. Um diesen Eingriff rechtlich zu untermauern, griffen die Monarchen auf den spätantiken »patricius«-Titel zurück, der sie zu Schutzherren Roms und gleichzeitig zu Mitgliedern des wahlberechtigten römischen Volkes machte. Mit diesem Trick gelang es ihnen, den Einfluss der römischen Adelsfamilien auf die Papstwahl auszuschalten und eigene Kandidaten auf den Stuhl Petri zu erheben. Doch in Zeiten der erstarkenden Kirchenreform stieß diese Praxis zunehmend auf Kritik.

Heinrich in Canossa gedemütigt!

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