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Kapitel 18

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16.07.2012

Der Tag ist sonnig. Der Himmel ist blau, wolkenlos und kaum ein Lüftchen weht durch die Blätter an den Bäumen. Ein perfekter Tag für ein Geschenk.

Es ist Montag. Der erste Tag der Woche und dem Mond gewidmet – dem Wandel. Und der ist auch in mir vollzogen.

Die S-Bahn fährt in den Bahnhof ein und ich steige mit Yan aus. Wir sind in Berlin-Friedrichshagen angekommen. Ich trage Yan im Tragetuch. Er ist eingeschlafen und lehnt mit seinem Kopf auf meinem Brustbein.

Auf dem Bahnsteig herrscht Hektik. Ich bin extra hinten eingestiegen, damit ich dem Gedrängel entgehe. Langsam gehe ich zu den unzähligen Stufen der S-Bahn-Haltestelle. Die Eiligen sind sicher schon in den Anbindebussen und Tramlinien eingestiegen. Ich habe Zeit und gönne sie mir.

Die vielen Treppen steige ich hinab und komme auf der Bölschestraße, der Flaniermeile, an. Es sind haufenweise Menschen unterwegs und es ist laut. Nicht so laut wie sonst in Berlin, aber an der S-Bahn Haltestelle ist immer viel Trubel.

Vor der Sonne geschützt, spaziere ich mit Yan im erfrischenden Schatten die Straße entlang. Er ist munter geworden und sieht sich um. Ich bleibe stehen und rede kurz mit ihm.

Hier in Friedrichshagen herrscht eine sehr ruhige Atmosphäre. Der Ort wurde vom Preußenkönig angelegt. Er diente der Seidenraupenzucht, die jedoch erfolglos war. Das einstige Dörfchen ist jetzt ein gediegener Vorort von Berlin.

Die mittelhohen Häuser stammen vornehmlich aus dem vorletzten Jahrhundert. Sie sind meist liebevoll restauriert. Hier wirkt alles wie in einer eigenen Stadt und ich weiß, dass sich die Friedrichshagener auch so fühlen. Hier ist Berlin, obwohl Berlin fern ist.

Vor einem dieser restaurierten Häuser bleibe ich stehen. Die Fenster sind breit und bodentief. Über der Tür steht in unaufdringlicher Schrift: »BeiKai«.

Kai hat Sinn für Humor und ich muss lächeln. Es ist Montag und da sind die Restaurants meist geschlossen. Wenn ich Kai hier nicht erreiche, gehe ich zum Hausboot. Durch ihn würde ich Yanick ausfindig machen können. Mein Herz klopft und ich drücke Yan an mich.

»So, da sind wir. Bitte lass ihn nicht im Urlaub sein oder wer weiß, wo auf der Welt, sondern hier in Berlin«, bete ich leise mit den Lippen an Yans Kopf. Lichter sind hinter den Fenstern zu sehen. Yan quietscht und dreht aufgeregt seinen Kopf. Sicher spürt er meine Aufregung. Also los!

»Wir sind bei einem Freund von Papa. Du wirst ihn mögen. Er kann uns helfen.«

Einmal tief durchatmen und ich prüfe, ob die Tür zu öffnen geht. Geht sie und ich trete ein. Dezente Musik ist zu hören, aber Gäste sind keine zu sehen. Das Restaurant ist sehr elegant eingerichtet. Die Farben sind gedeckt und warm. Ganz Kai.

Ich sehe einen Mann auf mich zuschreiten und warte, bis er bei mir angekommen ist. Es ist der Oberkellner. Höflich aber unaufdringlich mustert er mich. Seine Augen gleiten an mir hinunter. Als er vor mir steht, fragt er: »Kann ich Ihnen behilflich sein?«

Er wirkt für seinen Rang überhaupt nicht arrogant und sieht mich nicht abwertend an, obwohl ich nicht im Edelfummel vor ihm stehe.

Da fällt es mir leicht, ihn ebenso freundlich anzulächeln. »Sehr gerne sogar. Ich bin auf der Suche nach Kai. Ist er heute hier greifbar?«

»Sie sind Ella?«

Ich nicke und wundere mich nicht, dass ich erwartet werde. Kai wäre zu schade für den Jahrmarkt.

»Bitte folgen Sie mir! Er hat Sie mir angekündigt und mich gebeten Sie zu ihm zu führen. Hier entlang.« Er dreht sich um und schreitet einen Gang zwischen den Tischreihen lang. Ich folge ihm, bis er vor einer Doppeltür stehen bleibt. Dahinter höre ich leises Gemurmel.

»Hinter dieser Tür werden Sie ihn finden«, sagt der Restaurantleiter, verneigt sich leicht zum Abschied und eilt davon.

»Vielen Dank!«, antworte ich leise und sehe ihm nach. Er entfernt sich zwischen den Stuhlreihen.

»Wie Jo damals sagte: Nobelrestaurant. Mama ist ganz aufgeregt«, flüstere ich und öffne das Tragetuch. Yan sieht sich neugierig um und hält sein Tuch fest in seiner Faust. Sein Mund steht offen. Er ist sehr an der ungewohnten Umgebung interessiert. Die Tür hinter mir öffnet sich und ich drehe mich um.

Es ist Yanicks Vater. Er sieht zu mir. Sein Gesicht erhellt sich und er tritt auf uns zu.

»Ella!«

Ich nicke.

»Bist du gekommen, um mich wieder einmal um die Öffnung einer Tür zu bitten?«, lächelt er mich an und senkt seinen Kopf dabei leicht. Ich muss leise lachen. Er ist witzig.

»Oh ja. Einmal muss ich Sie leider noch darum bitten. Allerdings bitte ich dieses Mal um Einlass.«

Er kommt näher und führt mich um eine Ecke.

»Ich freue mich, dich wieder zu sehen. Mit wiedererlangter Stimme und Enkel.« Er sieht Yan an, der ihn aufmerksam mustert und berührt ihn vorsichtig.

»Möchten Sie ihn nehmen?«

Er sieht mich an und raunt mir zu: »Nenn mich bitte Fabian, Ella. Und ja. Ich möchte ihn nehmen.«

Er hält die Hände ausgestreckt und ich setze Yan bequem hinein. Stolz wie Oskar besieht er sich seinen Enkel von Nahem.

»Ich habe deine Grüße in Warnemünde erhalten und mich wirklich sehr gefreut«, sage ich.

»Dann hoffe ich, dass ich dir Grüße ab heute nur noch persönlich ausrichten brauche«, sagt er erleichtert. Er führt seine Hand zu meiner Wange und belässt sie dort.

»Ich gehe von nichts anderem aus, Fabian. Ich habe gehört, dass du im Kindergarten warst und geholfen hast. Ich habe mich sehr gefreut, dass du die vergessenen Kinder nicht vergessen hast. Danke.«

»Gerne. Ihr leistet einen wichtigen Beitrag und ich wünschte, ich könnte noch mehr tun. Ach, da fällt mir ein, dass Yanick mich in Kenntnis gesetzt hat, dass er lediglich an seinem Pflichtteil interessiert ist. Den soll ich so klein wie möglich halten. Hast du etwas damit zu tun, Ella?« Fabian sieht mich eindringlich an. Ein spitzbübisches Lächeln steht auf seinem Gesicht.

»Wenn, dann indirekt«, antworte ich. »Aber letztlich ist es Yanicks Angelegenheit. Vielleicht beruhigt es dich, dass dein Enkel noch nicht hungern musste. Er wird es auch in Zukunft nicht. Du hast mir erzählt, dass du dir alles erarbeitet hast. Yanick wird das auch können, wenn er will.«

Seine Augenbrauen fahren hoch und er sieht mich erstaunt an. »Hat Yanick dir nicht erzählt, dass er das schon hat? Nein? Nun, das überrascht mich nicht. Er ist so bescheiden. Aber letztlich ist das seine Angelegenheit. Ich weiß, dass mein Enkel nicht hungern wird, Ella. Aber verwöhnen darf ich ihn doch, oder?«, fragt er und sieht vorsichtig zu mir. Ich lache und umschließe beide.

»Mit Liebe immer!«, antworte ich.

Er gibt mir einen Kuss auf die Wange. Nach all dem, was ich seinem Sohn angetan habe, begrüßt er uns überaus freundlich und warm.

Yan beginnt unruhig zu zappeln.

Fabian regt sich und flüstert. »Hallo Yan! Magst du mal deine Oma kennenlernen? Mama und Papa können sich dann in Ruhe unterhalten.«

»Er ist hier?«, frage ich hastig und wische mir nervös meine Hände ab. Sie sind schlagartig feucht geworden.

»Keine Angst Ella. Wer springt, um von einem Partyboot mitgenommen zu werden, muss sich nicht davor fürchten, was sich hinter dieser Tür befindet.«

Fabian dreht sich zum Gehen um, bleibt aber noch einmal stehen, um zu mir zu sehen.

»Ich muss schon sagen. Du siehst umwerfend aus. Ich fand dich in deinem Bikini und mit offenen Haaren auch nicht übel«, sagt er breit grinsend und kommt noch einmal zurück. »Ich freue mich wirklich, dich wieder zu sehen. Jetzt komm! Ich mach dir die Tür auf.«

»Danke«, flüstere ich leise.

»Bereit?«

»Ja«, hauche ich. Mein Herz klopft wie wild in meiner Brust und ist doch zeitgleich die Ruhe in Person. Fabian öffnet die Doppeltür. Ich sehe einen großen Saal vor mir, der in seinen roten Wänden eine Wärme ausstrahlt, die mich überflutet und schwer atmen lässt. Leises Gläserklirren, Gemurmel und Lachen von vielen Menschen dringt an mein Ohr. Fabian steht an einer Tür gelehnt und sieht mich an, doch ich bin zu sehr mit meinen Sinnen beschäftigt, um davon Notiz zu nehmen.

Ich hebe Daumen, Zeige- und Mittelfinger und führe sie an meine Stirn.

»Im Namen des Vaters …«

Meine Finger führe ich an den Bauch.

»… Des Sohnes …«

Meine Finger berühren den rechten, dann den linken Brustkorb.

»… Und des Heiligen Geistes …«

Ich sehe auf und meine Augen richten sich in den großen Saal, in dem nun Fabian mit Yan auf den Arm schreitet und ruft. »Besuch!«

Er dreht sich zu mir und winkt mich zu sich.

»Amen«, beende ich mein Gebet und gehe nun bedächtig auf Fabian zu. Was auch immer gleich passiert. Ich beschließe, mich der göttlichen Ordnung zu überlassen. Ich gehe Schritt für Schritt in den Saal. Als ich im rechten Augenwinkel eine lange Tafel wahrnehme, halte ich verschreckt inne. Dort sitzen unzählige Menschen.

Es wird still und Köpfe drehen sich zu mir. Unendlich viele Augenpaare sehen mich an, aber das Augenpaar, das ich suche, finde ich nicht.

Totenstille, die unterbrochen wird und ich der geliebten Stimme zuordne, wegen der ich kam: »Ella!«

»Yanick!«, rufe ich und suche ihn in den vielen Gesichtern. Ich sehe, dass er am Ende der Tafel aufsteht und herbei eilt. Erleichtert atme ich aus und gehe ihm entgegen.

»Ella!« In seinem Gesicht sehe ich Freude.

»Yanick«, antworte ich noch einmal und mir bricht meine ohnehin schon heisere Stimme.

»Yanick!«, ruft noch jemand, allerdings zischender und unfreundlicher. Ninette hat sich ebenfalls erhoben. An der gegenüberliegenden Seite. Sie hastet zu mir und ihr Gesichtsausdruck verheißt mir nichts Gutes. Ihre Augen funkeln mich böse an. Sie sprühen vor Hass.

»Yanick!«, schreit sie erneut und ich bleibe stehen. Ich überlege, ob ich zu Yan eile. Er sitzt aber sicher bei Fabian auf dem Arm. Eine Frau steht neben den Beiden. Sicher Yanicks Mutter. Ich sehe zu der Pudelblondine.

»Yanick? Was macht die denn hier?«, entrüstet sie sich.

Da springt jemand auf und hält Ninette am Arm fest. Lisa.

Neben ihr erhebt sich Kai und baut sich ebenfalls vor der Pudeldame auf. Sie wird nun von den Beiden keinen Schritt weiter gelassen. Beide nicken unmerklich zu mir und geben mir zu verstehen, dass sie Ninette im Griff haben. Dankbar senke ich kurz meinen Kopf.

Diese begreift, dass ihr Weg zu Ende ist. Sie dreht sich zu Yanick, der jedoch zu mir sieht und mich anlächelt.

»Und bringt auch noch ein Balg mit!«, ergänzt sie bösartig und verabscheuend.

Yanick, der nur noch weniger Meter von mir entfernt ist, bleibt augenblicklich stehen. Sein Gesichtsausdruck wandelt sich.

Fehler!

Er senkt seinen Kopf. Sein Brustkorb hebt sich in Sekundenschnelle und saugt Luft für eine kleine Ansprache ein. »Ninette! Ich erlaube dir zu gehen. Keiner meiner Freunde würde ein Kind als Balg bezeichnen und ganz sicher nicht mein Kind! Ab sofort erwarte ich, dass du dich von meiner Familie fernhältst. Du entschuldigst mich sicher. Ich bin gerade dabei, meine familiäre Angelegenheit zu klären. Und wenn du meinen Sohn noch einmal als Balg bezeichnest …«, er hebt er seine Stimme um eine weitere Lautstärke. Die Gäste horchen auf und sehen neugierig zu Yan, der von seinen Großeltern gehätschelt wird. Er sucht die Stimme und reckt den Kopf, um sie zu orten.

Yanick senkt seine Stimme, spricht wieder leise und bedrohlich: »… Dann wahre dir Gott!«

Zornig tritt eine Ader an seiner Schläfe hervor. Sein noch zornigerer Blick lässt die Kinnlade von Ninette sinken. Yanick strafft sich und streicht die Krawatte glatt. Er hat das giftgrün dreinblickende Pudelchen mit einem Tritt aus seinem Leben befördert und dreht sich wieder zu mir.

Mein strahlend weißer Ritter in seiner strahlend weißen Rüstung.

Kurz bevor er bei mir ankommt, strecken wir unsere Hände zueinander aus. Wir fliegen uns entgegen. Dann berühren sich unsere Hände und er steht vor mir.

»Ich bringe dir ein Geschenk zu deinem Geburtstag! Eigentlich zwei. Das eine kam schon zu Weihnachten. Es gehört uns beiden, wie du schon weißt«, sage ich und deute zu Yan. Seine Eltern sehen zu uns. Ihre Gesichter strahlen. Yanick sieht von Yan zu mir.

Ich ziehe ein Schächtelchen hervor und reiche es ihm. »Das ist das zweite Geschenk und es ist von mir.«

Er sieht zu meinen Händen und nimmt die Schachtel in Ringgröße entgegen. Bewegt sieht er hinab und öffnet vorsichtig den Deckel. In der kleinen Schachtel liegen zwei Rosendornen und die Träne rollt aus seinen Augen, als er zu mir sieht.

»Alles Liebe zum Geburtstag, Yanick. Das sind meine. Du kannst deine hundert mit dazu legen«, flüstere ich. In einem Satz ist er bei mir und umschlingt mich für einen hingebungsvollen Kuss.

An meinem Ohr flüstert er atemlos: »Die perfekten Geschenke!«

»Es tut mir so unendlich leid, was ich dir angetan habe. Ich habe meinen Maßstab zur Überprüfung in die Werkstatt gegeben. Er war falsch eingestellt und einseitig nummeriert. Bitte bleib. Bleib bei mir an der Kapelle. Bleib bei mir in meiner Wohnung. Bleib bei mir in Warnemünde und für eine gemeinsame Zukunft bei mir.«

»Du bist gesprungen und ich wäre ein Narr, wenn ich das nicht auch wollen würde. Es bedeutet mir alles, dass du gekommen bist, Ella.«

Er besiegelt seine Worte mit einer festen Umarmung und zieht mich zu Yan.

Der sitzt mittlerweile bei seiner Großmutter auf dem Arm. Sie zieht mich sofort zu sich und begrüßt mich freundlich: »Du musst Ella sein. Ich habe schon so viel von dir gehört und ich freue mich, dich zu sehen. Ich bin Henriette, Yanicks Mutter.«

»Hallo, freut mich sehr. Ihr habt euch schon bekannt gemacht?«

»Ja«, sagt sie und sieht zu Yan. »Er ist so allerliebst. So aufgeweckt und freundlich. Ich mag ihn gar nicht hergeben.«

»Hallo, klein Yanick! Komm mal zu Papa!«

Yan lächelt und lässt sich ohne Protest hochheben. Stolz betrachtet er sich seinen Sohn, der ihn immer wieder anlächelt und sein Köpfchen dabei verschämt dreht.

»Ich sagte doch, dass du eines Tages wunderschöne Kinder haben wirst«, schmunzelt Yanick stolz. Er sieht verliebt zu mir. »Er ist schöner, als ich ihn mir immer vorgestellt habe.«

Ich betrachte beide und mein Herz schwillt mir über, sie zusammen sehen. Augen sagen mehr als tausend Worte und ich fühle mich im Herzen so voll und reich wie noch nie in meinem Leben. Das ist das Gefühl, dass mir mein Großvater beschrieb. Er schaut ganz sicher auf uns herab und freut sich. Ich schwöre an dieser Stelle inbrünstig, diesen Mann nie wieder auch nur einen Dorn in sein Herz zu stechen. Bis an meine Lebensende.

»Komm, ich stelle euch vor!«, sagt Yanick und zieht mich zu einer Stelle, von der aus jeder im Saal uns sehen kann. Seine kleine Familie.

Dort positioniert stellt er mich neben sich. Alle sehen zu uns. Er umschlingt mich und spricht freudestrahlend zu seinen Gästen: »Liebe Familie, liebe Freunde! Ich möchte euch jemanden vorstellen.«

Lisa unterbricht ihn und kommt eilig zu uns. Kai neben ihr erhebt sich ebenfalls. »Entschuldige bitte Yanick. Wenn du erlaubst, würde ich das gerne übernehmen. Kai und ich haben etwas vorbereitet«, sagt sie.

Yanick nickt.

Lisa ist nun bei uns und beugt sich für einen Wangenkuss zu mir. Liebevoll sieht sie zu Yan, streichelt über seinen Arm und besieht sich seine Fingerchen. Dann wendet sie sich an die Gäste.

»Yanick und ich haben an jedem unserer Geburtstage ein kleines Spiel gespielt. Das Spiel hieß: Wunsch-Geburtstag. Das ging so: Wer das lange Stäbchen gezogen hatte, der war an diesem Geburtstag die Nummer eins. So eine Zwillingssache. Einige von euch können sich sicher an dieses blödsinnige Spiel erinnern«, sagt sie und Ich sehe in nickende und lachende Gesichter. Besonders ihre Eltern stimmen bejahend zu.

»Seit 2010 ist dieses Spiel Geschichte. 2010 trafen wir Ella, die euch Yanick vorstellen wollte. Auf einem Steg tanzte sie zur dröhnenden Musik, die auf unserem Boot lief. Ich sah sie tanzen und habe so lange gebettelt, bis er umdrehte. Wir waren auf der Stelle verknallt. Na ja und wie ihr seht, hat er sie sich geangelt.«

Sie deutet mit ihrem Arm auf Yanick und strahlt ihn an. Einige Gäste klatschten begeistert.

»Was soll ich sagen? Er hat es sogar zum Papa gebracht«, sie streichelt Yan. Der wedelt mit seinem Tuch und schmeißt es Lisa auf den Boden, damit sie es aufhebt. Sie beugt sich elegant und reicht es ihm. »Lange Rede, kurzer Sinn. Ella! Kai und ich haben etwas vorbereitet.«

Sie nickt Kai zu, der mit einer Fernbedienung das Licht im Saal dimmt und per Beamer ein Video an eine Leinwand projiziert.

Alle sehen gespannt hin. Die Leinwand zählt von fünf auf null. Dann erscheint mein Name.

Elisa Eleonora Schmitt.

Und gleich darauf bin ich zu sehen. Ich stehe im Bikini und mit geöffneten Haaren, auf dem Steg neben Uta. Ich stapfe mit meinen Füßen im Takt. Meine Hände klatschen. Bis zu beiden Ohren strahle ich. Die Bewegungen sind anmutig. Die Hüfte bewegt sich, als ob sie an einer Perlenkette aufgefädelt ist im Kreis. Unglaublich geschickt. Ich bin schön, trotz ollem Bikini. Das ist nicht der springende Punkt. Es ist meine Ausstrahlung. Mein Großvater drückte sich immer so aus. Dein Herz ist zu sehen. Lauthals singe ich den Refrain mit und tanzte vor und zurück, seitlich und vorwärts, wo auch immer Platz ist. Der Steg gehört mir, ist meine Bühne. Ich baue Salsa-Schritte mit ein, die sehr anmutig sind und die Leute auf dem Boot vor Begeisterung ausflippen lassen. Das Typhon ertönt und ich werfe lachend meinen Kopf in den Nacken. Mit wippenden Fingern feuere ich jetzt die Leute auf dem Boot an. Und sie tanzten. Die Kamera vibriert, weil alle auf dem Boot hüpfen und johlen. Ich hopse und hebe meine Hände, woraufhin die Menge noch frenetischer jubelt. Meine überlangen Haare sind offen und wenn ich mich drehe, sieht es aus, als sei eine lächelnde und tanzende Eva eben erst dem Paradies entsprungen. Das Typhon ertönt erneut und ich deute auf das Boot. Von dort ist eine brüllende Horde zu hören, die die ehs und ohs schreit. Dann zeigt mein Finger zu mir und ich ergänze mit aufgerissenen, lachenden Augen die las . Meine Hand schnellt wieder zum Boot. Dort wiederholen alle im Chor die ehs und ohs . Die tanzende Eva spendet klatschend Beifall. Ich habe die Menge in der Hand und mir springt purer Spaß aus den meerblauen Augen.

Lisa ist vor der Kamera zu sehen, wie sie sich über Bord beugt und ruft: »Kommt rüber!«

»Ja! Los! Kommt her!«, schreit die hüpfende Menge ihr nach.

Ein kurzer Blick zu Uta, die neben mir steht.

»Komm!«, rufen die Leute auf dem Boot immer lauter. Sie übertönen beinahe die Musik. Ich rede mit Uta, die zum Boot zeigt und nickt. Dann drehe ich mich um und setze zum Sprung an.

Das Bild bleibt stehen. Es zeigt mich, wie ich mit erhobenen Händen, wehenden Haaren, leuchtenden Augen und lachenden Mund vom Steg abhebe und … springe.

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Spring!

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