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1. DIE RÖMISCHE EXPANSION IM WESTEN ZWISCHEN 201 UND 133 V. CHR. Das Ende des 2. Punischen Krieges
ОглавлениеNach der Niederlage von Zama, der letzten großen Schlacht des 2. Punischen Krieges (202 v. Chr.), erloschen auf karthagischer Seite alle Hoffnungen, das Schicksal doch noch zu wenden. Der Friede, den Scipio jetzt diktierte, beließ der Stadt wenig mehr als die nackte Existenz. Karthago mußte seine gesamte Kriegsflotte bis auf 10 Schiffe abliefern und ebenso die Kriegselefanten. Es mußte sich überdies verpflichten, in Zukunft nur noch mit römischer Zustimmung Krieg zu führen — und gerade diese Bestimmung sollte sich angesichts der römischen Freundschaft mit dem Numiderkönig Massinissa und angesichts der chronischen Wirren im Hinterland von Karthago wie in Numidien als eine schwere Fessel erweisen, aber auch als eine erniedrigende Provokation. Denn eine weitere Bestimmung besagte, daß Karthago den gesamten ehemaligen Besitz des Massinissa und seiner Vorfahren wieder herauszugeben hatte, und es war evident, daß hier immer neuen Forderungen Tür und Tor geöffnet war.
Daß der de facto schon längst eingetretene Verlust des gesamten ehemaligen karthagischen Kolonialbesitzes nun auch juristisch besiegelt wurde, verstand sich von selbst. Vielleicht am einschneidendsten und auch für jeden einzelnen karthagischen Bürger am fühlbarsten aber wurde die ungeheure Kontribution, welche die Stadt in der Gesamthöhe von 10.000 Talenten Silber auf die Dauer eines halben Jahrhunderts belastete. Wenn Karthago noch 100 Geiseln zu stellen hatte, als römisches Faustpfand für die Einhaltung dieses Friedens, so entsprach dies freilich den Normen der Zeit.
Sieht man aufs Ganze, so brachte dieser Friede des Jahres 201 v. Chr. nicht nur das Ende aller karthagischen Großmachtpolitik, sondern er beschnitt für die Zukunft auch die Handlungsfreiheit der Stadt in Afrika und selbst in ihrer nächsten Umgebung. Der römische Favorit Massinissa aber wurde von Rom ganz bewußt deshalb zu einer relativ starken machtpolitischen Gegenposition aufgebaut, damit Karthago durch den konstanten Rivalen in Atem gehalten würde. Dabei war der Numiderkönig eine Natur, die zu Übergriffen nicht erst ermutigt zu werden brauchte. In gleicher Weise ist auch die Kontribution eine Bindung für Jahrzehnte gewesen, denn Rom war nicht bereit, dem in seinen Augen ewig potentiellen Gegner noch einmal eine wirklich freie Entfaltungsmöglichkeit zu gewähren. Zu tief saß der Haß gegen die Macht, die Rom so lange gedemütigt hatte. Schon von der Regelung des Jahres 201 v. Chr. her ist es deshalb nicht ohne innere Konsequenz, daß Karthago das Ende der Kontributionszahlungen im Jahre 151 v. Chr. nur um wenige Jahre überlebte.
In Rom konnte Scipio endlich „in dem berühmtesten Triumph von allen“, wie Livius schreibt, in die Stadt einziehen, nicht weniger als 123.000 Pfund Silber in den Staatsschatz einbringen und dazu noch seine Soldaten aus der Beute reich beschenken. Der in Italien schon seit Hannibals Abzug im Winter 203/202 v. Chr. ausgebrannte Krieg war damit offiziell beendet, das Land wie die Stadt Rom bedurften des Friedens dringender denn je. Denn in den 17 Kriegsjahren waren Zehntausende von Römern und Italikern erschlagen oder verwundet worden, weite Landstriche durch eine Kriegführung, die das Land aussog und den Gegner zugleich schädigen wollte, vernichtet, angeblich rund vierhundert Ortschaften zerstört. Es dürfte in Süd- und Mittelitalien kaum eine Familie gegeben haben, der dieser Krieg keine Wunden schlug und keine Verluste brachte.
Um diesen hohen Preis hatte die Römische Republik nicht nur über das militärische Genie Hannibal triumphiert, sondern auch über die alte Vormacht des südlichen und westlichen Mittelmeerraumes. Sie triumphierte zugleich jedoch auch über die großen italischen Rivalinnen. Capua, die reiche und blühende Stadt in der Campagna, die von Rom abgefallen war, wurde als politisches Gemeinwesen ausgelöscht. Soweit die Einwohner nicht ausgesiedelt wurden, durften sie lediglich als Pächter ihres ehemaligen Eigentums bleiben. In dem ager Campanus gewann Rom eine der fruchtbarsten italischen Landschaften zu direktem Besitz. In einer ganz ähnlichen Weise wurde Tarent niedergedrückt. Die wichtige Hafenstadt hat sich von den Zerstörungen und Plünderungen und der Versklavung eines Großteils ihrer Einwohner bei der Eroberung im Jahre 209 v. Chr. nicht mehr erholt. Auch ihr Landbesitz wurde konfisziert, ihre Funktion als Hafen von Brundisium, der latinischen Kolonie am Adriatischen Meer und am Ende der Via Appia, übernommen. Ein ähnliches Schicksal hatte auch Syrakus erlitten. Wichtiger aber als der territoriale und materielle Gewinn war im Falle dieser drei Großstädte die Tatsache, daß in ihnen Stadtstaaten derselben Größenordnung wie Rom selbst eliminiert waren.