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Die römische Politik gegenüber Griechenland und Kleinasien

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In Griechenland hatte man noch das ganze Jahr 189 v. Chr. über weitergekämpft. Hier hatten sich die Kampfhandlungen am Ende auf Ambrakia im Süden von Epirus konzentriert, das lange von M. Fulvius Nobilior vergeblich belagert wurde. Ende des Jahres 189 v. Chr. aber erlosch der Krieg auch dort, und der ätolische Bundesstaat wurde territorial erheblich beschnitten, auch Delphi wurde jetzt wieder frei. Makedonien und der Achäische Bund dagegen sind für ihre Treue belohnt worden, wenn auch längst nicht in dem von ihnen erwarteten Maße. Entscheidend wurde jedoch, daß Rom sich noch immer weigerte, in Griechenland und Kleinasien die direkte politische Verantwortung zu übernehmen. Schon bald folgten deshalb auch neue Verwicklungen. In Kleinasien zog der pergamenische König Eumenes II. den Haß der Könige von Bithynien und Pontos auf sich, es begannen jahrelange Kämpfe. Aber auch in Griechenland selbst blieb es nicht ruhig. Hier wurde vornehmlich Sparta, das unter achäische Herrschaft gekommen war, zu einer offenen Wunde, weil sich dort mit den politischen Regenerationsbestrebungen fort und fort Sozialrevolutionäre Tendenzen verbanden. Und zu den ungezählten, offenen oder latenten Spannungen waren jetzt auch noch Flüchtlings- und Emigrantenprobleme hinzugetreten, die niemals mehr eine echte Beruhigung des öffentlichen Lebens aufkommen ließen.

Auch die wenigen Staatsmänner, die Griechenland in diesem Augenblick noch aufwies, wie Philopoimen und Lykortas, die profilierten Politiker des Achäischen Bundes, konnten diese Aufgaben nicht lösen. Und gerade im Achäischen Bundesstaat ist jene Partei, die bei aller Anerkennung der römischen Belange doch noch eine gewisse selbständige Politik anstrebte, von skrupellosen Demagogen vom Schlage eines Kallikrates, der sich in Rom römischer gab als die Römer, überspielt worden. Der Appell an den fernen Verantwortlichen gab solchen Existenzen die Möglichkeit, sich durch die Unterstützung Roms innenpolitisch durchzusetzen, und für die zwielichtigen Figuren der Opportunisten, Denunzianten und Berufsspitzel war das Klima dieser Fernlenkung so günstig wie nie zuvor.

Auf diese Weise kam es schließlich zu der paradoxen Situation, daß sich ausgerechnet Makedonien noch einmal zum Vorkämpfer griechischer Freiheit und Unabhängigkeit erheben konnte. In Makedonien hatte Philipp V. nach Kynoskephalai eine durchaus loyale Politik gegenüber Rom betrieben. Er widerstand der Versuchung, Antiochos’ Angriff auf die römische Ordnung in Griechenland zu unterstützen, doch am Ende war er nur unzureichend belohnt worden. Er mußte vielmehr erleben, daß Rom den Klagen seiner Nachbarn Gehör schenkte und daß das römische Mißtrauen gegen ihn zunahm. Daran trug Philipp V. in einer Hinsicht selbst Schuld, denn er hatte sich zwar aller außenpolitischen Aktivität weitgehend enthalten, andererseits jedoch seine Herrschaft in dem verbliebenen makedonischen Königreich aufs intensivste gestrafft und erhärtet.

Von der Forderung nach mehr Kindern bis zur verstärkten und geheimen Wiederaufrüstung, von der Sippenhaft für die antimonarchische Opposition bis zur Zwangsevakuierung der Griechen im makedonischen Küstenstreifen reichten die Methoden dieser Konzentrationspolitik. Allein, es ist ebenso unverkennbar, daß Philipp V. durch diese Maßnahmen letzten Endes schon im Ansatz jene Krise der makedonischen Monarchie unterdrücken wollte, in die das Land nach der Katastrophe von Kynoskephalai zwangsläufig geraten mußte, wenn eine starke Hand fehlte. Dazu genügten nun jedoch gemäß den Traditionen des Landes auf die Dauer die Erfolge der inneren Herrschaftsorganisation nicht, und etwa seit 184 v. Chr. hat Philipp V. dann auch wieder eine militärische Initiative an der einzigen Front ergriffen, wo er keine römischen Interventionen befürchten mußte, im Norden seines Landes, gegen den Stamm der Dardaner.

Rom durfte sich im Falle Makedoniens eine Änderung der Beziehungen dadurch erhoffen, daß Demetrios, ein Sohn Philipps V., lange Jahre als Geisel in Rom gelebt und sich innerlich von dem verbitterten Isolationismus seines Vaters freigehalten hatte. Doch die Gefahr einer solchen Entwicklung sahen auch makedonische Fanatiker voraus; Demetrios wurde 181 v. Chr. ermordet, und als zwei Jahre später Philipp V. starb, folgte ihm Perseus, ein älterer Sohn aus einer illegitimen Ehe und in diesem Augenblick der Exponent des national-makedonischen Kurses, auf dem Thron nach. Die letzten Ziele einer Restauration und einer neuen Entfaltung der makedonischen Macht teilte Perseus mit seinem Vater, doch er ging dazu bald erfolgreich ganz andere Wege.

Wenn Makedonien unter Philipp V. ein betont exklusiver, den Griechen wie den hellenistischen Mächten immer fremdartiger Staat geblieben war, in welchem zudem abstoßende politische Maßnahmen durchgeführt wurden, so trat gerade hierin ein grundsätzlicher Wandel ein. Perseus begann sein Regiment mit Amnestieerlassen, mit der Lockerung der allzu autokratischen und teilweise sicher auch überspannten Regierungspraktiken seines Vaters und mit der öffentlichen Proklamation einer Rückkehr zu rechtsstaatlichen Prinzipien. Schüttete er so gegenüber den Griechen trennende Gräben zu, so war er doch klug genug, auch gegenüber Rom zunächst die Form zu wahren und den alten, mit seinem Vater abgeschlossenen Bündnisvertrag zu verlängern. Die schönsten Früchte aber erzielte seine große diplomatische Offensive der neuen makedonischen Aufgeschlossenheit und Kommunikationsbereitschaft im hellenistischen Osten. Durch eine Heirat mit einer syrischen Prinzessin festigte Perseus seine Beziehungen zu den Seleukiden, und auch zu Rhodos knüpfte er freundschaftliche Bande an.

Bei all dem wuchsen ihm jedoch vor allem in Griechenland mehr und mehr die Sympathien der antirömischen Opposition zu, und so wurde Perseus eben auch zum Kristallisationskern aller antirömischen Elemente. In dieser Entwicklung mußte vor allem Eumenes II. von Pergamon auf die Dauer die größten Gefahren für sich erblicken, und er war es denn auch, der unablässig die römische Animosität gegen Makedonien schürte. 172 v. Chr. reiste er eigens nach Rom, um dem Senat im Geheimen Kenntnis von den makedonischen Rüstungen zu geben und um Rom zu warnen. Wenn man in Rom schon jetzt zu einem neuen, im Grunde präventiven Krieg gegen Perseus bereit war, obwohl Eumenes II. die Lage mit hoher Wahrscheinlichkeit einseitig dargestellt und manches verzerrt hatte, so wurde dieser Entschluß vollends unumstößlich und schien notwendiger denn je, als auf Eumenes während seiner Heimreise in der Nähe von Delphi ein Attentat verübt wurde, bei dem der König schwer verletzt worden ist. Natürlich wurde Perseus auch dafür verantwortlich gemacht. Rom zögerte nicht, diesen propagandistischen Trumpf auszuspielen, es prangerte den Makedonen vor der delphischen Amphiktionie an und erklärte schließlich in aller Form den Krieg.

Krise und Untergang der römischen Republik

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