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Die Zerschlagung der makedonischen Monarchie

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Mit Pydna ging der makedonische Staat unter. Der Raum Makedoniens wurde künftig in vier Zonen aufgeteilt, die in Amphipolis, Thessalonike, Pella und Pelagonia ihre neuen Hauptstädte erhielten. Die Dynastie wurde beseitigt, die alte staatstragende Schicht zerschlagen. Die neuen vier Zonenstaaten erhielten nun ihre eigenen, alljährlich zu wählenden Beamten und damit eine jeweils eigene, separate Organisation. Conubium und commercium zwischen den vier Zonen wurden untersagt, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß man auch durch diese Schnitte in erster Linie alle diejenigen treffen wollte, die durch Besitz oder Angehörige in allen Regionen beheimatet waren. Das heißt die Oberschicht, den Adel und die alte Beamtenschaft, also jene Kreise, die man ohnehin als potentielle Verfechter der makedonischen Einheit konsequent verfolgte, denn die höheren, ehemals königlichen makedonischen Beamten und Offiziere zwang man nun samt ihren Kindern über 15 Jahren nach Italien zu ziehen, weil man sie als eine zu starke Belastung der neuen „demokratischen“ Ordnung ansah. Nur drei der vier makedonischen Zonen durften in Zukunft eine kleine Grenzmiliz unter Waffen halten, welche die Barbarenstämme von der Nordfront abhalten sollte, im übrigen hatte das Land systematisch abzurüsten, seine Flotte wurde dem König von Bithynien übergeben. Die Hälfte der bisherigen Grundsteuer kassierten in Zukunft die Römer, Gold- und Silberbergbau wurde ebenso verboten wie der Export von Schiffsbauholz und auch der Import von Salz.

Allein die brutale Härte der römischen Abrechnung traf Epirus, den zweiten großen Widerstandsherd, ebenso. 70 Städtchen sollen dort zerstört, an die 150.000 Epeiroten in die Sklaverei verkauft worden sein. In Griechenland selbst griff Rom nicht weniger drastisch ein. Allein von den Achäern wurden auf die Belastungen von Denunzianten und politischen Gegnern hin an die 1000 führende Männer, darunter auch der Historiker Polybios, nach Italien verbannt, dort ohne jede Möglichkeit, sich zu rechtfertigen, interniert.

Doch die römische Lust zu züchtigen griff noch weiter aus. Sie traf auch Rhodos, dem man jetzt seine ungenügende und zuletzt unentschiedene Rolle und vor allem auch die Anmaßung der Friedensvermittlung heimzahlte. Zwar gelang es Cato, das römische Volk von einer direkten Kriegserklärung noch einmal zurückzuhalten, doch Rhodos verlor nun den Hauptteil seiner terra ferma in Lykien und Karien, und vor allem verlor es seine traditionelle wirtschaftliche Funktion als Handelszentrum und Umschlagsplatz, weil Rom in Delos einen günstig gelegenen Freihafen anlegen ließ, der künftig den Ägäishandel an sich zog — in Rhodos gingen die Einnahmen aus den Hafengeldern auf zurück.

Mit all dem nicht genug, leistete sich Rom den gewaltsamsten Akt in der Reihe der herrischen Eingriffe jener Jahre an noch entlegenerer Stelle, gegenüber dem romhörigen Seleukiden Antiochos IV. Dieser war auf Provokationen der ägyptischen Vormundschaftsregierung hin in Ägypten einmarschiert und hatte im Jahre 169 v. Chr. schon das ganze Land mit Ausnahme Alexandrias okkupiert, ja nach einem Arrangement mit dem jungen Ptolemaios VI. ließ er sich — angeblich als Vormund für den Ptolemäer — in Memphis zum König krönen, und für einen Augenblick sah es so aus, als wäre eine Vereinigung des seleukidischen und ptolemäischen Reiches bereits vollzogen. Doch dann mußte sich Antiochos IV. mit Unruhen in Palästina befassen, und das seleukidische Belagerungsheer zog sich von Alexandria wieder zurück.

Allein im nächsten Jahre, 168 v. Chr., stieß der Seleukide zum zweitenmal vor, bis in die Vorstädte von Alexandria. Inzwischen hatte sich jedoch das Blatt gewendet, und Rom, das sich vor Pydna in der seleukidisch-ptolemäischen Auseinandersetzung noch zurückgehalten hatte, griff jetzt in unerhörter Weise ein. Der römische Legat Popilius Laenas zog damals mit seinem Stab um Antiochos IV. auf dem Boden einen Kreis und befahl dem König, diesen Kreis nicht eher zu verlassen, bis er ihm seine Stellungnahme zu dem römischen Senatsbeschluß, den der Gesandte übergeben hatte, mitgeteilt habe. Antiochos IV. gehorchte und erfüllte alle römischen Forderungen.

Die Vorgänge von Eleusis zeigen in aller Eindringlichkeit nicht nur den Wandel in den Methoden der römischen Ostpolitik seit Flamininus an, sondern gleichzeitig auch die Existenz und das Wirken der römischen Weltmacht in mediterranen Dimensionen. In der Rechnung des Polybios hat sich Rom in den berühmten 53 Jahren, zwischen dem Beginn des 2. Punischen und dem Ende des 3. Makedonischen Krieges, die Weltherrschaft errungen, und nach der Interpretation der späteren Danielkommentatoren stehen wir hier an jenem Punkt, da sich innerhalb der Konzeption von den vier Weltreichen das vierte und letzte, das römische, an die Stelle des dritten, des makedonischen Reiches, geschoben hatte.

Aber Rom fand sich auch jetzt noch immer nicht bereit, die direkte Verwaltung in den von ihm in einer so massiven Weise indirekt beherrschten Räumen zu übernehmen. Durch Eingriffe in allen Regionen hatte Rom einen tiefgehenden Zersetzungsprozeß eingeleitet, der im Grunde alle hellenistischen Staaten erfaßte, selbst das einst mit Rom befreundete Pergamon und Rhodos. In Makedonien blieb eine dumpfe Atmosphäre, die erfüllt war von Verzweiflung, Niedergeschlagenheit und wirtschaftlicher Not, der beste Nährboden für die Spekulationen von Glücksrittern. Rom benötigte Jahre, um den Putsch des Andriskos, der sich als Sohn des Königs Perseus ausgab, zu liquidieren. Aber es war jetzt endlich auch gezwungen, die letzten Konsequenzen zu ziehen, Makedonien wurde römische Provinz. Wohl blieben die 168 v. Chr. geschaffenen vier Zonen, hauptsächlich als Gerichtsbezirke, bestehen, aber wichtiger war, daß sie nun alle zusammen mit illyrischen Gebieten die eine und in sich geschlossene Provinz Macedonia bildeten. Denn dieser große römische Brückenkopf mußte stark genug sein, um alle Angriffe aus dem Norden aufzufangen, und er mußte ebenso über eine direkte Verbindung zur Adria und damit zu Italien verfügen. In der Via Egnatia, die in kurzer Zeit von Dyrrhachium am Adriatischen Meer durch den Süden von Illyrien und damit durch die gesamte neue makedonische Provinz über Pella bis nach Thessaloniki durchgezogen wurde, erhielten diese Landschaften eine erste Fernverkehrsbahn von West nach Ost, die militärischen Interessen ebenso entsprach wie wirtschaftlichen. Im Land selbst trat eine überraschende politische Ruhe ein, fast könnte es scheinen, als hätte sich das Makedonentum, das seine Heere zwei Jahrhunderte zuvor über den ganzen antiken Orient vorgetrieben hatte, von dieser titanischen und erschöpfenden Überanstrengung nie mehr erholt.

Krise und Untergang der römischen Republik

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