Читать книгу Latein - da geht noch was! - Karl-Wilhelm Weeber - Страница 32

Ein Ex-Sklave als Multimillionär

Оглавление

Wie erklärt sich die gewaltige Kluft zwischen Wollen und Wirken, zwischen Schein und Sein, die den Roman durchzieht und einen erheblichen Teil seiner Komik produziert? Ausschlaggebend ist Trimalchios Biographie. Als Sklave ist er der Liebling seines Herrn – nicht nur, aber auch in sexueller Hinsicht. Er erweist sich als gelehrig, erringt als Rechnungsführer eine hohe Stellung in der Sklavenhierarchie des Haushalts und wird zur Belohnung für seine guten Dienste testamentarisch freigelassen. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches; die Freilassungspraxis der Römer war zumal in städtischen Haushalten ausgesprochen großzügig. Das Entscheidende ist indes die Zugabe: Neben dem Kaiser ist Trimalchio von seinem ehemaligen Herrn als Erbe eingesetzt. Er erbt ein Millionen-Vermögen und könnte sich zur Ruhe setzen.

Aber er gehört zu den „hungrigen“ Aufsteigern. Er will mehr. Die höchsten Profite erzielt man im Überseehandel, andererseits kann man dort auch die schlimmsten Verluste einfahren: Schiffbruch und Piraterie stellen erhebliche Risiken dar. Genau das passiert bei Trimalchios erstem groß anlegten Handelsgeschäft: Alle fünf Schiffe gehen unter. „An einem Tage hat Neptun 30 Millionen geschluckt“, kommentiert Trimalchio seine kommerzielle Katastrophe anschaulich (76, 4). Die 30 Millionen sind maßlos übertrieben, aber der Verlust war schon sehr herb. Trimalchio lässt sich aber nicht entmutigen. Er versilbert nicht nur Grundstücke, sondern auch den Schmuck seiner Frau und rüstet damit neue Schiffe mit gefragten Konsumgütern aus. Diesmal geht alles gut. Der Gewinn ist beträchtlich. Trimalchio ist ein gemachter Mann.

Aber er ist Freigelassener und als solcher trotz seines Vermögens kein anerkanntes Mitglied der wirklich feinen Gesellschaft. Ex-Sklaven haben nur eingeschränkte politische Rechte, erst ihre Nachkommen besitzen das volle römische Bürgerrecht. Freigelassenen haftet gewissermaßen zeit ihres Lebens der Makel der einstigen Unfreiheit an – eine latente gesellschaftliche Stigmatisierung, die sich im Alltag nicht unbedingt als direkte Diskriminierung darstellt, die aber dem Betroffenen selbst stets bewusst ist. Und das erst recht, wenn er es im Unterschied zum Gros der Freigelassenen, das gewöhnlich zur Unterschicht zählt, finanziell geschafft hat.

Wie lässt sich der Reichtum trotz des Freigelassenen-Stigmas in gesellschaftliche Anerkennung ummünzen? In einem ersten Schritt stellt Trimalchio auf „seriöse“ Ökonomie um: Großgrundbesitz genießt in Rom erheblich höheres Ansehen als Handelsgeschäfte. Also erwirbt er ausgedehnte Ländereien und lässt sich ein herrschaftliches Haus in einer süditalischen Stadt nahe Neapel bauen. Genaueres zum Ort des Geschehens erfahren wir nicht. Wie die gesellschaftliche Elite nutzt auch Trimalchio dieses Haus zur Selbstdarstellung: Seinen Wohlstand zu präsentieren gehörte in der römischen Oberschicht zum guten Ton. Man lebte im Luxus, und den zeigte man auch. „Luxus ohne Zeugen“, sagt Seneca bissig, „macht auf Dauer keinen Spaß.“

Latein - da geht noch was!

Подняться наверх