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Geschmacklos, peinlich, selbstverliebt – aber großzügig

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Die Mentalität der Elite hat Trimalchio schnell verinnerlicht, es hapert allerdings bei der Umsetzung. Typisch für Neureiche: Trimalchio kennt kein Maß, dreht das Rad der Zurschaustellung seines Vermögens stets ein paar Schrauben zu weit, überdehnt den Rahmen – auch den Rahmen des guten Geschmacks. Er begnügt sich nicht mit einer riesigen, prachtvoll ausgestatteten Stadtvilla, sondern nutzt sie auch noch als Werbefläche für seinen Stolz: Die Außenmauer seines Hauses ist mit Fresken bemalt, die den Aufstieg des Hausherrn dokumentieren. Sein Problem ist indes: Je steiler er seine Karriere darstellen will, umso tiefer unten muss er anfangen und damit ständig die Erinnerung seiner Anfänge als Sklave offenlegen.

Tatsächlich beginnt die auf die Hauswand gemalte Szenenfolge seiner Erfolgsgeschichte auf einem Sklavenmarkt. Mag Trimalchio dort auch schon von huldvollen Gottheiten umringt sein – das Dilemma seiner Selbstdarstellung wird hier sehr deutlich. Und auch sein schlechter Geschmack: So – als langhaariger Sklavenbursche – bildet man sich in der Öffentlichkeit nicht ab. Oder eben nur, wenn man partout alle Welt geradezu mit der Nase auf seine kleinen Anfänge stupsen will, weil man vom eigenen kometenhaften Aufstieg berauscht ist.

Der stellt auch das Rahmenthema für Trimalchios gesellschaftliche Aktivitäten dar. Wie es in der noblen Welt üblich ist, lädt Trimalchio gern und häufig zu üppigen Gastmählern in sein Haus ein. Auf der Gästeliste stehen indes nur Freigelassene. Die Honoratioren der Stadt lassen einem Freigelassenen die Ehre ihres Besuchs nicht zuteil werden. Das bringt den Gastgeber wieder in eine ambivalente Situation: Einerseits wird ihm sehr deutlich, dass er gesellschaftlich in der zweiten oder dritten Liga spielt, andererseits ist er dort, um es modern-flapsig auszudrücken, der King. Auf Lateinisch der princeps libertinorum, der ungekrönte König der Freigelassenen. Als solcher führt er sich auch auf. Er behandelt seine Gäste mit einer Mischung aus Herablassung und Bonhomie. Er gibt sich als großzügiger Gastgeber, der der Tafelrunde in jeder Hinsicht etwas bietet – kulinarisch wie mit Showeinlagen. Aber er fährt ihnen auch schamlos über den Mund, er benutzt sie als Zwangs-Auditorium seines Geschwafels und seiner Angebereien und macht sie zu Statisten und Mitspielern in seinen Inszenierungen. In seiner cena reiht sich eine Peinlichkeit an die nächste, aber eben auch ein Leckerbissen an den anderen. Trotz der Demütigungen, die sie durch Trimalchio erfahren, kommen seine Gäste immer wieder: Erlesene Weine und feine Speisen haben ihre Anziehungskraft. Und natürlich auch die Ehre, vom führenden Mann des Freigelassenen-Milieus empfangen zu werden.

Derweil protzt Trimalchio mit seinem Luxus. Pausenlos versucht er, seine Gäste zu beeindrucken. Mit manchen Dingen funktioniert das, und zwar immer dann, wenn Geld im Spiel ist und er Sachen vorweisen kann, die kostspielig sind. Mit anderen Dingen funktioniert es gar nicht: In Sachen Benehmen, Kultiviertheit und Bildung ist Trimalchio ein Totalausfall, ohne dass er selbst merkt, wie sehr er sich zumindest vor den etwas Klügeren seiner Tafelrunde blamiert. Freilich: Dass man Trimalchios Niveau, das immerhin durch eine gewisse Bauernschläue etwas aufgewertet wird, noch deutlich unterbieten kann, stellen die banalen Gespräche anderer Gäste unter Beweis: Der Stammtisch ist nicht weit. Andererseits aber ertönt hier eben auch einmal Volkes Stimme aus einem Klassiker der lateinischen Literatur.

Trimalchio führt seine Gäste vor, das ist klar. Er selbst aber wird in kontinuierlicher Selbstentlarvung von seinem geistigen Schöpfer Petron vorgeführt – als ein Parvenü, der nicht wirklich dort angekommen ist, wohin es ihn mit Macht drängt. Die Glücksgöttin Fortuna hat dem ehemaligen Sklaven ihre Huld erwiesen, indem sie ihn zum freien und reichen Mann hat aufsteigen lassen. Aber sie hat ihn im Stich gelassen, was seine Manieren und seinen Geschmack, seine Schulbildung und seine Fähigkeit zur Selbstdarstellung mit Maß angeht. Da ist er der „Prolo“ geblieben.

Latein - da geht noch was!

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