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Kapitel 11

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Michael hatte den Bus nach Kensington genommen. Obwohl er noch genügend Dope zu Hause hatte, um sich einen Joint zu drehen, stieg er zwei Stationen früher aus, um sich im Supermarkt auf der Cromwell Road eine Flasche Tequila zu kaufen. Ihm war nicht nach Kiffen. Vielmehr hatte er Lust, sich zu betrinken, obwohl er Alkohol nur schlecht vertrug. Kiffen macht nur Spaß, wenn man gut drauf ist. Wenn man aber depressiv und traurig ist, dachte er, ist Kiffen nicht das Richtige. Es war schon lange dunkel und die Luft war noch immer frisch und rein vom Regen. Michael liebte es, abends ein wenig herumzuziehen, wenn die bunten Pubs ringsum in warmem Licht erstrahlten und die Menschen zur Einkehr luden. Vor seinem Haus bemerkte er einen Mann, Mitte fünfzig vielleicht, grau meliert. Er trug einen Anzug, darüber einen Trenchcoat und hielt eine Zeitung in der Hand. Offensichtlich schien er auf etwas zu warten. Er schlenderte auf und ab und blickte regelmäßig die Fassade empor, als könnte dort jeden Augenblick jemand am Fenster erscheinen. Von weitem ähnelte er Leslie Nielsen, dem amerikanischen Komiker. Aus der Nähe jedoch wirkte sein Gesicht herber und ernst. Nachdem Michael die Tür geöffnet hatte, sprach ihn der Mann von der Seite an. »Sind sie Michael Burk?«, fragte er äußerst dezent.

»Ich fürchte ja und wer sind sie?«, gab er zur Antwort

»Mein Name ist O’ Mally. Inspektor O’ Mally, um genau zu sein zu sein. Ich bin Polizist«, antwortete er und hielt seinen Dienstausweis vor die Brust.

»In Ordnung ...gut. Und was kann ich für sie tun?«, fragte Michael.

»Sie sind Amerikaner, habe ich Recht?«.

»Ja, so ist es. Ich dachte, ich hätte längst einen englischen Akzent. Immerhin lebe ich schon zwei Jahre hier.«

»Und sie stammen von der Ostküste, nicht wahr?«

»Stimmt genau, alle Achtung!«

»Seien Sie beruhigt, einem Laien wäre es nicht aufgefallen. Von einem Polizisten aber sollte man erwarten können, dass er mehr wahrnimmt als gewöhnliche Menschen. Ich bin regelmäßig drüben, um Verwandtschaft zu besuchen. Sie alle leben um Boston herum, wie es sich für gute Iren gehört, nicht wahr. Ich will sie nicht lange aufhalten. Zufällig wohne ich in der Nähe und dachte mir, ich sehe mal auf dem Nachhauseweg vorbei.«

»Habe ich etwas verbrochen?«, fragte Michael verdutzt.

»Nein, das haben Sie natürlich nicht. Tja, wie soll ich anfangen…, es geht um Derek, Derek Coleman.«

»Was, woher wissen sie...?«

»Das kann ich Ihnen sagen. Ich ermittle für gewöhnlich in Mordfällen....«

»Was, Mord? Verdammt, ich wusste es, ich wusste, dass ich nicht verrückt bin.«

Der Mann spürte Michaels Erregung. »Langsam, Mr. Burk, nicht so schnell. Die Tatsache, dass ich Mordfälle untersuche, heißt noch lange nicht, dass ihr Freund ermordet wurde. Er war doch ihr Freund oder?«

»Ja, das war er«, antwortete Michael. »Wollen Sie nicht mit hochkommen?«, bot er ihm an.

»Nein, nein, es war ein anstrengender Tag heute. Wie schon gesagt, ich will Sie nicht aufhalten. Aber vielleicht können wir uns einen Moment auf die Treppe setzen.«

»Aber ja, Sir!«

Michael schaltete das Licht an und als sie sich niederhockten, knarrte morsch die Treppe. »Darf ich?«, erkundigte sich der Polizist, während er eine Zigarettendose hochhielt.

»Natürlich.«

»Sie auch?«

»Nein, Danke.«

»Solange ich mich erinnern kann, will ich damitaufhören. Aber in diesem Leben schaffe ich es wohl nicht mehr. Soviel steht fest. Und... wie gefällt Ihnen Europa?«

»Nun ja, es hat schon seinen Grund warum ich hier bin.«

O’ Mally ließ sich Zeit. »Nun, Ich könnte genauso gut in Amerika leben, glauben sie mir«, sagte er und blies seinen Zigarettenqualm genüsslich in die Luft. »Tragen sie eigentlich auch eine Waffe, Michael?«

»Nein«, entgegnete er verschreckt. »Weshalb sollte ich das tun? Weil ich Amerikaner bin?« »Nein, weil wir bei Ihrem toten Freund im Auto auch eine gefunden haben. Und sie war nicht auf seinen Namen registriert. In England ist es seit einigen Jahren sowieso verboten, Schusswaffen zu besitzen.«

»Was?«, meinte Michael ungläubig. »Derek besaß eine Waffe!?

Das kann nicht sein.«

»Wirklich nicht? Ihr Freund war doch bei der Armee. Kampftaucher, so viel ich weiß. Jedenfalls sagt das der Computer.«

»Sir, ich schwöre Ihnen, davon weiß ich nichts.«

Daraufhin griff der Inspektor in die rechte Seitentasche seines Trenchcoats und holte eine durchsichtige Plastiktüte hervor, in der sich eine schwarze Waffe befand. Eine Neunmillimeter.

»Hier haben wir das gute Stück. Dasselbe Modell wird auch von der Royal Navy benutzt. Halten sie das für einen Zufall?«

Michael hielt die Waffe mittlerweile in seinen Händen, nachdem O’ Mally sie aus der Tüte genommen und ihm zur Ansicht gegeben hatte. Ungläubig beäugte er sie von allen Seiten.

»Kommen Sie Michael, das muss ja nicht automatisch heißen, dass ihr Freund ein schlechter Mensch war«, lenkte er ein.

»Es kann schwer sein, sich von lieb gewonnenen Gewohnheiten zu trennen. Besonders für jemanden, der mit Leib und Seele Soldat war. Verstehen Sie!«

Sollte es tatsächlich eine Seite an Derek gegeben haben, von der er nichts gewusst hat, fragte sich Michael.

»Aber deswegen bin ich nicht hier«, fuhr O’ Mally fort. »Der Obduktionsbericht hat ergeben...«

»Es gab also doch einen Obduktionsbericht«, unterbrach ihn Michael.

»Aber ja, natürlich. Das alles ist Ermessenssache, verstehen Sie? Verkehrstote werden in der Regel nicht obduziert. Aber in diesem Falle hat man darauf bestanden. Die Sache ist ein wenig mysteriös. Es gab keine Zeugen, als es passierte und nicht alle Verletzungen an seinem Körper stammen offenbar vom Unfall.«

Michael stutzte kurz.

»Was machen sie eigentlich beruflich, Mr. Burk?«

»Nun, ich bin Journalist für ‘Divers Ground’. Derek und ich haben zusammen gearbeitet. Das Tauchen ist, oder besser war, unsere Leidenschaft.« »Ein Tauchsportmagazin also. Und dieser Steven ist ihr Boss?«

»Genau, Sie kennen ihn bereits?«

»Ich bin ihm nicht begegnet. Aber ich weiß, dass er an dem Abend im Krankenhaus war, mit einem Mädchen. Dereks Eltern haben es mir erzählt.«

»Sir, Sie sagten etwas von Mord.«

»Nein, sagte ich nicht. Ich sagte nur, dass es ein paar Ungereimtheiten gibt. Dinge, die Fragen aufwerfen. Um wegen Mordes ermitteln zu können, brauche ich stichhaltige Beweise. Ein bloßer Verdacht reicht da nicht aus. Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen. Vielleicht können Sie mir ja etwas erzählen, was mich weiterbringt. Seine Eltern haben mir erzählt, dass sie erst kürzlich zusammen in Südostasien waren, beruflich.«

»Ja, wir sind erst vor ein paar Tagen wiedergekommen und dann ist es direkt passiert.«

»Hatte Derek Feinde, ich meine, als Journalist kann es schon mal passieren, dass man sich Feinde macht, oder?«

»Nein, Derek hatte keine Feinde. Wir sind keine Enthüllungsjournalisten. Wir schreiben über Tauchsport. Über die schönsten Tauchreviere, Korallenriffe und seltene Fischarten. Die herrliche Welt dort unter Wasser eben.«

»Nichts über gesunkene Schiffe?«

Michael bekam einen Schreck. »Wie, was meinen Sie, was wollen Sie damit sagen?«

O’ Mally zog noch einmal an seiner Zigarette und inhalierte tief, bevor er weiterredete. »Ich habe neulich eine Reportage gesehen, über ein gesunkenes, deutsches U-Boot aus dem Zweiten Weltkrieg. Es liegt direkt hier, vor unserer Haustür, im Ärmelkanal. Reizt Sie so etwas nicht?«

Michael begann sich wieder zu entspannen. »Doch, doch.

Selbstverständlich, Sir. So etwas natürlich auch.«

»Sind sie eigentlich offen zu mir, Michael?«, fragte der Inspektor plötzlich in einem inquisitorischem Tonfall und mit unerwartet strenger Mimik.

»Das bin ich, Sir. Ganz sicher.«

»Mir kommt es so vor, als hätten Sie Angst vor der Polizei.

Schon mal schlechte Erfahrungen gemacht?« »Nein, Sir, eigentlich nicht.«

»Was glauben Sie, wie schnell ich das herausfinde?«, setzte er nach, während er ihn noch immer von der Seite ansah.

»Okay, Sie haben gewonnen. Es war so: Als ich nach London kam, vor gut zwei Jahren, hatte ich anfangs eine verdammt gute Zeit«, erzählte Michael.

»In Amerika ist vieles strenger, wie Sie wahrscheinlich wissen. Ich war mal auf einer Party. Da stürmten auf einmal ein halbes Dutzend Männer die Wohnung. Sie waren Drogenfahnder und führten eine Razzia durch. Ich hatte die Hosen verdammt voll und stand da wie angewachsen. Als sie auch mich durchsuchten, fanden sie ein paar Joints. Dann nahmen sie mich mit und nahmen meine Fingerabdrücke, ließen mich aber wieder laufen.«

»Keine Anklage?«

»Nein, wegen Geringfügigkeit. Aber seitdem glaube ich, immer einmal Probleme mit meiner Aufenthaltsgenehmigung bekommen zu können. Die läuft nämlich zufällig bald ab.«

»Vergessen Sie’s, Michael. Die Sache ist erledigt. Die haben besseres zu tun. Ich werde jetzt gehen. Falls Ihnen noch etwas einfällt, rufen Sie mich an. Hier ist meine Mobilfunknummer. Gute Nacht!«, sagte der Polizist wieder absolut freundlich und öffnete die Haustür.

»Gute Nacht, Sir.«

Der Malaysia Job

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