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Kapitel 2

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Tioman Pahang ist die größte Insel des Meeresparks Pahang. Neben den Touristen, die die Insel das ganze Jahr hindurch aufsuchen, leben hier ausschließlich Fischer. Die Unterkünfte für Touristen liegen auf der Westhälfte der Insel. Dort findet man auch die beliebtesten Tauchziele und außerdem ist die See dort ruhiger. Derek beharrte auf Tioman als Ausgangspunkt für ihre Suchaktion, weil sie täglich von Kuala Lumpur aus angeflogen wird. Motorboote brauchen eine Stunde, der Katamaran etwa doppelt so lange. Ihr Resort mit seinen aus Tropenholz gefertigten runden Hütten lag am Ende einer Landzunge. Die Unterkünfte waren einigermaßen komfortabel und auf ein weitläufiges Areal verteilt. Bis zur nächsten Tauchstation waren es nur fünf Minuten zu Fuß. Es war erst Vormittag. Trotzdem war das Thermometer schon auf sechsunddreißig Grad geklettert. Die Klimaanlagen in ihren Hütten sorgten für ausreichend Kühlung. Derek war bereits seit sieben Uhr auf den Beinen, hatte üppig gefrühstückt und ein paar Formalitäten für ihre Rückflüge erledigt. Er war körperlich in Bestform und brauchte nur wenig Schlaf. Seit er die Navy verlassen hatte, trainierte er regelmäßig mit Gewichten und joggte, um sich fit zu halten.

Es war gegen ein Uhr nachts, als das Telefon klingelte. Steven stand auf dem Balkon seiner Wohnung und blickte hinunter auf den nächtlichen Verkehr der ‚Bayswater Road’. Wenn der Hyde Park keine Bäume gehabt hätte, hätte er mit einem Fernglas bis hinüber zur Kensington Road schauen und sehen können, ob in seiner alten Wohnung noch Licht brannte. Als seine Frau erfuhr, dass er bisexuell ist und hinter ihrem Rücken mit Männern verkehrte, reichte sie die Scheidung ein. Daraufhin musste er ausziehen. Seitdem lebt er allein, während sie mit der gemeinsamen Tochter in der Wohnung verblieben ist. Die Einsamkeit aber schmerzte ihn nur anfangs. Mittlerweile wusste er die Vorteile und Freiheiten zu schätzen, die das Single-Leben mit sich bringt. Nun konnte er essen und trinken, soviel er schaffte, wetten soviel er wollte und wenn er jetzt Lust verspürte, jemanden für eine Nacht mit nach Hause zu nehmen, konnte er auch dies tun, ohne sich rechtfertigen zu müssen. Die restlichen Mieter wohnten wie er fast ausnahmslos alleine und schätzten die Anonymität. Leute wie Steven, die es sich leisten konnten, die hohen Mieten in Londons Innenstadt zu zahlen und nur für ihren Job lebten. Gelegentlich begegnete man sich im Aufzug, grüßte höflich und das war’s dann auch. Er hatte einen langen, harten Tag hinter sich. Mittwochs war Redaktionsschluss. Dann waren vierzehn Stunden, die er hinter dem Schreibtisch zubringen musste keine Seltenheit. Entsprechend lange dauerte es jedes Mal, bis er wieder abschalten konnte. Im Hintergrund lief noch immer der Fernseher. Nachdem er die Sportnachrichten gesehen und sich wieder einmal über einen verlorenen Wetteinsatz geärgert hatte, stellte er den Ton ab und mixte sich einen Drink, den er anschließend mit auf den Balkon nahm. Wenn er doch nur einmal über seinen Schatten springen könnte und für einen der Londoner Fußballclubs wetten würde. Aber er liebte nun einmal Manchester. Immer wieder setzte er hohe Beträge auf Manchester und lag nun erneut, zum dritten Mal in Folge, daneben. »Derek, weißt du, wie spät wir es hier haben?«

»Sicher doch. Aber du willst mir doch nicht erzählen, dass du schon im Bett liegst. Heute ist Mittwoch, zumindest noch bei dir.«

»Okay, schieß los! Ihr habt sie endlich... nein, lass mich raten. Ihr habt gleich zwei von den Dingern gefunden, bis zum Rand mit Porzellan und Edelsteinen gefüllt, richtig?«

»Klar, schön wär’s. Nein, wir haben nichts. Wir haben das ganze Gebiet abgegrast. Sie liegt dort nicht, ganz sicher. Aber wir haben etwas anderes gefunden.«

»Etwas anderes? Hoffentlich etwas, was wir brauchen können.«

»Kommt drauf an. Wir haben einen Frachter gefunden.«

»Was für einen?«, fragte Steven spontan.

»Einen von heute, einen modernen«, antwortete Derek.

»Hervorragend«, kam es von Steven abfällig.

»Steven, das Ding ist …voller Leichen.«

»Na und! Beabsichtigt Ihr jetzt eine Reportage über tote Seeleute zu machen?«, entgegnete er Derek noch immer missmutig.

»Nein, Steven. Es sind keine Seeleute.«

»Was dann? Ich meine, woher wollt ihr wissen, wie... ?«

»Glaubst du, dass sich Matrosen aneinander fesseln, wenn ihr Schiff untergeht?«

»Nein, das entspricht nicht gerade ihrer Mentalität«, sagte Steven mit verzerrtem Gesicht, nachdem er sich mit einem einzigen Zug seinen Drink einverleibt hatte.

»Diese Menschen sind mit ihren Rücken aneinander gefesselt. Es sind Frauen darunter und auch ein Kind, verstehst du?«

»Genauer, Derek. Wie sehen sie aus?«

»Asiaten, allesamt. Um die vierzig an der Zahl.«

»Und was für ein Schiff ist es? Irgend so ein verrosteter Seelenverkäufer aus der dritten Welt?«, hakte er nach, während er sein Glas dabei nachdenklich hin und her drehte. Derek spürte nun, dass Steven angebissen hatte.

»Keineswegs«, entgegnete Derek. »Das Ding sieht wie neu aus. Ein ganz gewöhnliches Containerschiff eben!«

Steven verspürte plötzlich Lust auf einen weiteren Drink und hantierte, den Hörer zwischen Kopf und Schulter verschränkt, hektisch mit den Flaschen aus seiner Hausbar herum. »Gut! Weiter!«

»Wir wissen nichts Genaues. Michael war drin in dem verdammten Kahn und hat sie zufällig gefunden. Dann hat er zur Kamera gegriffen und sie aufgenommen.«

»Das alles hört sich interessant an. Und wie sind die Aufnahmen geworden?«

»Grauenhaft.«

»Schade!«

»Nein, ich meine, es ist grauenhaft, was auf dem Film zu sehen ist. Die Qualität ist hervorragend.«

»Ihr habt also gute Arbeit geleistet.«

»Nein, Michael hat gute Arbeit geleistet.«

»Aha, der Kleine hat einen Alleingang gewagt?«

»So ist es. Unser Sonnyboy hat sich von der Leine gerissen und eine Sondernummer absolviert. Ich wäre auch mitgekommen, aber wir hatten nicht mehr genügend Luft«, erläuterte Derek.

»Nun, gut. Was wisst ihr noch über das Schiff?«

»Sonst nichts. Wir haben den Namen des Frachters und wissen, wo er liegt. Das reicht doch, oder?«

»Nein, tut es leider nicht. Namen sind wie Schall und Rauch. Einen Namen kann man ändern. Dazu braucht man nur Farbe. Wichtiger wären Papiere, oder so etwas. Schiffspapiere, Frachtdokumente. Wenn sich herausstellen würde, dass diese Menschen ermordet worden sind, wäre das ein dicker Fisch für uns. Ein Verbrechen auf hoher See, dazu die passenden Bilder. Ich sehe Licht am Ende des Tunnels. Aber im Vorfeld müssen wir es beweisen und hierfür benötigen wir Fakten.«

»Mir fällt da gerade etwas ein«, sagte Derek, fast abwesend wirkend.

»Prima. Ich bin noch dran.«

»Ich muss auflegen. Die Zeit rennt mir davon.«

»Derek, he, noch eins. Kein Wort zu den Behörden dort unten. Ihr habt hoffentlich noch nichts unternommen. Wenn sie euch das Filmmaterial abnehmen, war alles umsonst. Sobald wir die Nuss geknackt haben, können wir Scotland Yard einschalten. Aber vorher sollten wir davon profitiert haben, in Ordnung? Wir sind nämlich Journalisten.«

»Ja, sicher, das weiß ich auch. Ich bin doch kein Anfänger mehr.«

Für Derek und Michael stand außer Frage, dass es eine schlechte Idee wäre, die Polizei vor Ort einzuschalten. Sie hielten Malaysias Ordnungshüter für unzureichend ausgebildet und korrupt. Womöglich würde man die Leichen, nachdem man sie geborgen hat, verschwinden lassen und versuchen, die Hintergründe zu vertuschen. Letztendlich würden man ihnen nur Schwierigkeiten machen, fürchteten sie. Während Steven in London wieder den Balkon betrat, um sich seinen fertig gemixten Drink zu verabreichen, eilte Derek noch einmal außerplanmäßig zur Tauchstation. Dort lieh er sich eine Ausrüstung und ließ sich aufs Meer hinausfahren, um noch einmal zum Wrack hinunterzutauchen. Ihm war eingefallen, dass das Werftschild, das an Bord jedes Schiffes im Umfeld der Brücke montiert ist, das beste Beweisstück wäre, wenn es darum ginge, die Identität zu ermitteln. Er wurde schnell fündig. Es hing über dem Trepppenaufgang, genau wie er es vermutet hatte und ließ sich in kürzester Zeit abmontieren. So benötigte er nur kurze Dekompressionspausen und war relativ schnell wieder zurück an Land. Michael wurde unsanft geweckt, als Derek den Raum betrat und hinter sich laut die Tür ins Schloss fallen ließ. Er war total verkatert. Sein ganzer Körper war verspannt und er hatte fürchterliche Kopfschmerzen. Hinzu kam ein enormer Durst. Während er sich langsam von seinem Bett erhob, starrte er wie hypnotisiert auf eine Flasche amerikanischen Bourbon, die vor ihm auf dem Fußboden stand. Er hatte sie sich am Vorabend in der Hotelbar besorgt und zur Hälfte ausgetrunken. Er hoffte, sich so entspannen und Abstand gewinnen zu können und war darüber eingeschlafen. Es half ihm jedoch nichts. Sein gestriges Erlebnis bei ihrem letzten Tauchgang hatte sich wie ein glühendes Eisen in sein Gedächtnis gebrannt und ihn nicht zur Ruhe kommen lassen. Wenn er geahnt hätte, wie er sich am Morgen danach fühlen würde, hätte er keinen Tropfen davon angerührt. Derek war verwundert, weil er Michael noch nie betrunken erlebt hatte. Für gewöhnlich mied er Alkohol, weil er ihn sowieso nur in geringen Mengen vertrug. Stattdessen wendete er sich gelegentlich verbotenen Substanzen wie Marihuana oder Dope zu. Meist auf Partys oder wenn er mit bestimmten Leuten zusammen war.

»Wie fühlst Du dich?«, fragte Derek besorgt und ließ sich in eine Sitzecke fallen, nachdem er Michael ein Glas kalte Milch aus dem Kühlschrank ans Bett gebracht hatte.

»Den Umständen entsprechend«, antwortete Michael und trank in hastigen Zügen. »Du hast sie nicht gesehen. Verstehst du. Du warst nicht dort drin«, sagte er in sich gekehrt, als wolle er sich für seinen Zustand rechtfertigen. Derek war im Nachhinein froh, dass er ihm nicht in den Ladetrakt gefolgt war. Er hatte die Aufnahmen einige Male auf seinem Laptop abgespielt und wusste, wovon Michael sprach. Was er auf seinem Bildschirm sah, schockierte ihn ebenso, er musste deshalb nicht unmittelbar vor Ort sein. Deshalb war er auch nur bestrebt, das Werftschild zu sichern. Den Ladetrakt hatte er bewusst gemieden, obwohl es der enge Zeitplan, den er sich auferlegte, noch zugelassen hätte. Dann holte er das polierte Messingschild aus einer Plastiktüte und warf es auf den Glastisch.

»Was ist das,« fragte Michael verdutzt.

»Das Werftschild,«

»Was ist ein Werftschild?«, hakte Michael nach.

»Der Fingerabdruck eines Schiffes, die Visitenkarte sozusagen. Nenn es, wie du willst. Ich war heute morgen noch einmal unten, während du noch geschlafen hast.«

»Was sagst du da? Du warst in dem Frachter, alleine und hast dir alles angesehen?«

»Nein, hab ich nicht! Ich bin noch einmal getaucht, um das Werftschild zu holen. Den Laderaum habe ich gemieden. Ich habe auch so gesehen, was du gesehen hast. Alles, was wir brauchen, steht hier drauf.« Dann griff er nach dem Schild und hielt es senkrecht auf dem Tisch. »Sieh her! Das Baujahr, Bauoder Code

Nummer der Werft und hier die Maße und sogar die PS-Zahl. Damit können wir herauszufinden, wem der Kahn gehört und was es mit den Toten auf sich hat.«

»Und das alles lernt man in der Navy?«

»Nein, mein Freund«, kam die Antwort lakonisch, wobei er versuchte absichtlich überheblich zu klingen. »Das... ist Allgemeinbildung«, worauf Michael zum Spaß die Augen verdrehte. Dann wurde er wieder ernst und sah Michael an, als sei er ihm etwas schuldig. »Das ist mein Beitrag, okay?«

»Sicher, ja, in Ordnung.«

»Was ist mit dem Zoll? Glaubst du, sie werden uns irgendwelche Fragen stellen?«

»Nein, werden sie nicht. Weil wir es hier lassen«, entgegnete Derek fest entschlossen. Auch ihm kamen ernsthafte Bedenken, dass sie vor dem Flug in Erklärungsnot geraten könnten, wenn die Zollbeamten ihr Gepäck durchsuchten.

»Du willst es erst gar nicht versuchen? Wir könnten es doch als Souvenir vom Trödelmarkt deklarieren. Oder ihnen weismachen, wir seien Spaßvögel und hätten das Tüv-Schild vom Swimmingpool mitgehen lassen, oder so etwas.«

»Und wenn es nicht funktioniert? Dann sitzen wir in der Klemme. Wenn wir Glück haben, ist nur das Schild futsch. Nicht das Blech ist entscheidend, sondern das, was draufsteht. Lass uns die Daten abschreiben und eine genaue Kopie machen. Wenn wir fertig sind, vergraben wir es in der Nähe der Tauchstation. Dort bleibt es uns für den Bedarfsfall erhalten. Das Wichtigste ist sowieso die Aufzeichnung.«

»Zu Befehl, Sir. Wie sie wollen. Und was sagt Steven zu der Sache?« Er wusste, dass Derek längst mit ihm telefoniert hatte, weil er es jeden Morgen tat.

»Steven ist sofort drauf angesprungen. Er plant wohl, eine Recherche darüber anzustellen und die Sache als Story zu verwerten. Du kennst ihn ja.«

‚Divers Ground’ gehört zu einem Konsortium unterschiedlichster Magazine. Die Büros liegen zum Teil im selben Gebäude. Man kennt sich untereinander und tauscht regelmäßig Informationen aus. Auch wenn die Hintergründe am Ende keine Story für ihr Tauchsportmagazin ergeben sollten, fände man vielleicht bei einem der anderen Blätter Verwendung dafür.

»Also gehen wir nicht direkt zur Polizei?«

»Nein. Dafür ist es noch zu früh. Wenn wir die Fakten zusammen haben und wissen was passiert ist, schalten wir Scotland Yard ein. Solange sollten wir den Mund halten.«

Sie ließen die letzten Minuten verstreichen, indem sie sich noch einmal ausstreckten und entspannten, während sie das Martyrium ihrer Langstreckenflüge näherrücken sahen. Es verging einige Zeit, bis wieder gesprochen wurde.

»Was meinst du? Glaubst du, dass man sie umgebracht hat?«

Derek ließ sich Zeit mit der Antwort. »Nun, zumindest glaube ich, dass sie nicht vorgehabt haben zu sterben. Entscheidend ist, dass sie aneinander gefesselt waren. Niemand tut so etwas selber oder lässt es freiwillig über sich ergehen. Ich glaube, dass man sie dazu gezwungen hat. Kann auch sein, dass man gar nicht vorhatte, sie zu töten. Vielleicht hatte man sie nur einfach ihrem Schicksal überlassen, als das Schiff sank.«

»Was ebenfalls einem Verbrechen gleichkommt.«

»So ist es. Wenn ich jemanden fessele, verhindere ich, dass er sich frei bewegen und sich im Notfall selber helfen kann. Weiter heißt das, dass ich dafür verantwortlich bin, wenn ihm etwas zustößt.«

»Also ist in jedem Fall jemand schuld an ihrem Tod.«

»Natürlich, zwangsläufig. Und ich glaube auch, dass sie nicht zur Mannschaft gehört haben. Ich habe noch nie von Frauen unter asiatischen Seeleuten gehört. Nur die Russen und andere ehemalige Ostblockstaaten führen auch weibliche Besatzungsmitglieder. Und wie wir ja wissen, war da noch... dieses Kind.« Derek atmete tief durch und stand nun auf, um sich etwas zu trinken zu holen. Michael spürte, dass auch er den Anblick des toten Jungen nicht ohne weiteres verdrängen konnte. Es war kurz vor zwölf, als sie ins Freie traten. »Oh, mein Gott!«, stieß Michael hervor. Schnell verbarg er seine Augen hinter einer Sonnenbrille. Er hatte den Eindruck, als würde die helle Mittagssonne in den hintersten Winkel seines vom Restalkohol gepeinigten Gehirns vordringen. Derek marschierte ein paar Meter vor ihm zwischen turmhohen Palmen auf einem mit Hölzern ausgelegten Weg entlang, in Richtung Hauptportal. Sein Gesicht war leicht angespannt. Er glaubte, sich noch eine Weile um Michael bemühen zu müssen und trug deshalb ihr gesamtes Gepäck am Körper. Als sie die Hotellobby betraten, begegneten sie noch einmal Mandy Wong. Mandy war eine äußerst attraktive Asiatin mit amerikanischem Pass und arbeitete an der Rezeption. Sie studierte Philosophie und Fremdsprachen an der Universität San Diego. Während der Semesterferien besuchte sie regelmäßig ihre wohlhabende Verwandtschaft in Hongkong, die auch Miteigentümer des Resorts war. Sie war bildhübsch und hatte schulterlanges Haar. Dazu war sie perfekt gebaut, was niemand übersehen konnte. Und Michael wäre der letzte gewesen, der es übersehen hätte. Als Hotelangestellte war es ihr verboten, sich mit den Gästen einzulassen. Doch für ihn war sie bereit, die Vorschriften zu ignorieren. Mit seinen schulterlangen blonden Locken, seinen azurblauen Augen und seiner leicht gebräunter Haut vermochte er stets einen bleibenden Eindruck beim weiblichen Geschlecht zu hinterlassen. Wegen seiner athletischen Figur und den oftmals vom Salzwasser verfilzten Haaren hielten sie ihn meistens für einen Profisurfer. So auch Mandy. Er musste überhaupt nichts tun. Wie die meisten kam sie von alleine auf ihn zu. Dass auch er Amerikaner war, machte die Sache noch leichter. Nach sieben Uhr hatte sie frei und schlich sich in seine Hütte. Beiden war jedoch klar, dass es nur ein Abenteuer sein würde. Mehr wollten sie nicht und jetzt war es eben vorbei. »Hat ihnen der Aufenthalt in unserem Resort gefallen, Mr. Burk?«, fragte Mandy mit einem breiten Lächeln und reckte ihren Kopf schnippig nach oben.

»Natürlich«, entgegnete Michael, »das Personal hier war besonders zuvorkommend.« Dabei zog er die Augenbrauen hoch und lächelte zurück. Sie sahen sich noch einmal an, während er auscheckte und noch ein paar Papiere unterschrieb. Ihr fiel sein verquollenes Gesicht auf, woraufhin sie sich ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte. »Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Rückflug und hoffen, dass sie wieder unser Resort wählen, wenn sie hier Urlaub machen.« Ein paar offene Worte zum Abschied waren wegen der anderen Gäste, die mit ihm in der Reihe standen nicht möglich. Aber was sie sich hätten sagen wollen, verstanden sie auch durch ihre Blicke. Derek sah aus einiger Entfernung zu. Er hatte vor kurzem geheiratet und flüchtige Affären waren nicht sein Ding. Er hatte ohnehin nicht das Glück bei Frauen wie Michael, trotzdem empfand er keinerlei Neid. Beim Verlassen der Lounge packte er Michael fest am Arm. »Und ...hast du den Reis noch einmal so richtig zum Kochen gebracht? Ich meine, hast du es der kleinen Lotusblüte noch einmal richtig besorgt?« stichelte er von der Seite.

»Nein, sie hat es mir besorgt. Hast du etwa meine Hilferufe nicht gehört?«

»Ich hätte es wissen müssen. Es ist nur, weißt du, ich stelle mir gerade vor, wie du mit dieser kleinen, verdorbenen Pekingente die Drachenstellung...«

Michael musste zum ersten Mal an diesem Tag lachen. »Warum halten sie nicht einfach die Klappe, Lieutenant Coleman?« Ein kleiner weißer Bus mit offenen Fenstern stand draußen vor dem Hotel. Er hatte auf sie gewartet, Um sie zusammen mit anderen Touristen, die noch in den umliegenden Resorts abgeholt werden mussten, zum Flughafen zu bringen. Die Maschine würde sie zuerst nach Kuala Lumpur bringen. Und nach zwei Stunden Aufenthalt würde es weitergehen nach London und New York.

Der Malaysia Job

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