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Kapitel 3

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Die Frau, die vor ihm stand, war Asiatin. Sie schrie und flehte ihn an, ihr zu helfen. Ihr Gesicht war verweint und wie alle im Raum fürchtete sie, dass sie gleich sterben würde. Doch er konnte nicht. Er war genau wie sie mit dem Rücken an jemanden gefesselt und hatte schreckliche Angst. Sein Herz raste, sein Puls war extrem hoch und er glaubte, seinen Urin nicht mehr halten zu können. Alle im Raum waren aneinander gefesselt und durchlitten das Gleiche. Im Hintergrund ertönte die Stimme eines Kindes, das nach seinen Eltern rief. Zwei Gefesselte strauchelten in ihrer Verzweiflung unkoordiniert im Raum herum, rannten mal gegen diese Wand, mal gegen jene Wand. Andere fluchten laut in ihrer Panik. Sie verfluchten die, die ihnen das antaten. Dann ging das Licht aus und was jetzt noch zu vernehmen war, waren ihre Schreie. Schreie von Menschen, die nun gegen ihren Willen sterben sollten. Sie konnten sich nicht in ihr Schicksal fügen, weil sie es nicht verdient hatten. Im Getöse der einströmenden Wassermassen gingen ihre Schreie unter. Das Wasser war kalt. Es war Meerwasser, das von allen Seiten schäumend und spritzend anstieg und sie schon nach kurzer Zeit überflutete. Er atmete immer schneller, immer kräftiger, als könne er das, was nun folgen würde, dadurch abwenden. Noch einmal holte er tief Luft und hoffte, dass es schnell gehen würde. Eigentlich hätte er besser keinen Atemzug mehr getätigt, dann wäre es noch schneller gegangen. Das aber brachte er nicht fertig. Seine Reflexe waren dafür bestimmt zu überleben und nicht zu sterben. Gleich würde die Luft in seinen Lungen verbraucht sein und der Todeskampf begänne. Immer wieder würde sich sein Brustkorb ruckartig heben, Wasser statt Atemluft in die Lungen saugen und wieder ausstoßen. Bis sein Körper den Kampf gegen den qualvoll einsetzenden Tod aufgeben müsste und sein Bewusstsein für immer erlösche. Vielleicht würde er sein ganzes Leben noch einmal in einem dreidimensionalen Zeitraffer vor seinem geistigen Auge ablaufen sehen, wie es viele Menschen berichten, die dem Tod schon einmal nahe gewesen sind. Plötzlich spürte er, wie eine fremde Hand seinen Unterarm umschlang und ihn schüttelte. »Sie träumen, ....Sie haben einen Traum«, sagte eine sanfte, verständnisvolle Stimme und erlöste ihn so von seinem Qualen. Die vor ihm liegenden Sitzreihen sowie ein paar leer gegessene Plastikschalen samt Essbesteck auf seiner Ablage waren das, was Michael zuerst erblickte, als er die Augen wieder auftat. Er atmete tief ein und streckte seinen Rücken durch, während die Stewardess ihm half, den Sitz wieder aufrechtzustellen. Ihr war aufgefallen, dass er eingeschlafen war, aber keinesfalls gut geschlafen hatte. Er stöhnte ein paar Mal und drehte dabei ruckartig seinen Kopf hin und her. Als sie auf ihn aufmerksam wurde, entschied sie, ihn zu wecken, falls es ihm nicht bald besser gehen würde. »Ich danke Ihnen, haben Sie vielen Dank«, erwiderte er, während er mit einer Serviette seine feuchte Stirn abwischte. Neben ihm auf der anderen Seite des Ganges saß eine dicke Chinesin mit einer Baseballmütze, die ihn durch ihre Lesebrille mitleidvoll ansah.

»Alles in Ordnung, es geht mir gut... wirklich«, sagte er krampfhaft lächelnd. Er hatte die Nacht schon nicht gut geschlafen und das feuchte, heiße Klima in Malaysia sowie die lange Wartezeit zwischen den Flügen taten ihr Übriges. Nachdem er sein Essen eingenommen hatte, das ihm schon kurz nach dem Start serviert worden war, bekam er seinen ‚toten Punkt‘ und schlief ein. ,Es wird wohl noch eine Weile vergehen, bis ich mein Erlebnis ganz verarbeitet habe‘, wurde ihm im selben Moment bewusst.

Der Malaysia Job

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