Читать книгу 2145 - Die Verfolgten - Katherina Ushachov - Страница 11
9. Avriel Adamski – Gordon City – 07.07.2145
ОглавлениеEndlich erreichte Avriel das Waisenhaus. Flüchtig sah er sich um. Nach rechts, links, hinten, oben.
Nichts.
Jetzt musste er nur noch ungesehen hinein.
Hastig zog er seinen UniCom aus der Hosentasche und schaute auf die Uhrzeit. Das Abendessen hatte er jedenfalls schon verpasst, das verhieß nichts Gutes.
Das Gerät vibrierte in seinen Händen und er rief die Nachricht ab.
»An alle registrierten Nutzer.«
Er las weiter.
Scheiße. Das war sein Fahndungsaufruf.
Sein Hemd. Sein T-Shirt. Seine Haare. Zum Glück hatte er das Hemd bereits entsorgt und seine Haare hingen so weit in sein Gesicht, dass man es kaum erkennen konnte. Aber was, wenn das nicht reichte? Wie viele Jungs in seinem Alter trugen lange Haare? Und wie viele von denen kannten Valentine?
Übelkeit stieg in ihm auf, traf auf einen schmerzhaften Kloß in seinem Hals. Er lehnte sich an den Baum vor dem Waisenhaus und übergab sich so lange, bis er nur noch Magensaft spuckte.
Er verlor wertvolle Zeit.
Schnell zog er den UniCom wieder hervor und tippte eine Nachricht an seinen besten Freund Todd. »Ich brauche Hilfe.«
Prompt kam die Antwort: »Wo bist du? Die Ronny tobt. Die haben hier eine Razzia gemacht, alles auf den Kopf gestellt, und sie ist ihnen die ganze Zeit nachgerannt und hat gebrüllt.«
Mrs. Ronnington war der größte Waisenhausdrache, den man sich vorstellen konnte. Fast musste Avriel bei dem Gedanken daran, wie sie Soldaten zur Schnecke machte, lächeln. Aber nur fast.
»Ich bin direkt vor dem Waisenhaus und muss irgendwie rein, ohne dass die Ronny das mitkriegt. Sind noch Soldaten hier?«
»Die sind weg. Die Nachricht vom Weißen Haus, bist du das? Alter, was hast du angestellt?«
»Hilfst du mir?«
»Nur, wenn du mir nichts tust. Da stand was von ›gefährlich‹ im Aufruf.«
»Ich habe nicht vor, dich aufzufressen …«
»Okay. Ich mache dir das Kellerfenster auf.«
»Danke. Hast was gut bei mir.« Nicht, dass Avriel wusste, wie er Todd irgendetwas zurückzahlen sollte, aber er musste ins Waisenhaus hinein, die Wiedergutmachung konnte warten. Er schlich sich an der Hauswand entlang zur nördlichen Seite, wo er den Zugang zum Keller kannte. Es war ein offenes Geheimnis, dass sich die Heimkinder regelmäßig dort aus dem Haus und wieder hinein schlichen. Nur scheiterte die Heimleitung anscheinend an ihren kläglichen Versuchen, herauszufinden, wo sich der Durchgang befand und wie man ihn stopfen konnte.
Gut für Avriel.
Das Fenster war tatsächlich offen und er quetschte sich hindurch.
»Was ist passiert?« Im schummrigen Kellerlicht sah Avriel nur das Weiße in Todds Augen.
»Lange Geschichte. Ich habe eine Menge Ärger am Hals.«
»Und da willst du dich ausgerechnet hier verstecken?«
»Ich wüsste nicht, wo sonst! Es ist Sperrstunde.«
»Ja, gut …« Todd kratzte sich am Kopf. »Du willst nicht, dass die Ronny weiß, dass du hier bist, oder?«
»Zuerst wollte ich zum Abendessen kommen, aber … Nein. Ich muss …« Avriel fuhr sich durch die Haare und fühlte getrocknetes Blut an den Haarspitzen. Offenbar hatte er im Park nicht alles erwischt.
»Dich umziehen …?«
»Das auch. Die Haare müssen ab.«
»Die Mädchen fliegen auf deine langen Haare!«
Avriel dachte an Valentine. »Ich weiß. Weg damit.«