Читать книгу 2145 - Die Verfolgten - Katherina Ushachov - Страница 20
18. Avriel Adamski – Atlanta – 08.07.2145
ОглавлениеWaren immer so viele Cops auf den Straßen oder patrouillierten sie verstärkt seinetwegen? Er wusste es nicht. Und es lag nicht in seinem Interesse, es herauszufinden. Auch den Mutantenmilizen, die in Gruppen die Stadt durchkämmten, musste er auf eine möglichst lockere Art aus dem Weg gehen, sodass es nicht verdächtig erschien. Beiläufig.
Also tat er das, was Touristen so taten. Wann immer Polizisten ihn zu lange beobachteten, blieb er vor Sehenswürdigkeiten stehen und schoss Fotos mit dem UniCom. Oder stellte sich in eine Reihe vor den Kaffeebot, um überteuerten Kaffee zu trinken.
Irgendwann fühlte er sich erschöpft, traute sich jedoch nicht, auf einer Bank auszuruhen. Wenn er wie ein Penner wirkte, griff man ihn bestimmt auf. Also hatte er sich ein Ticket für irgendeinen 5D-Film gekauft und war genau an der Stelle eingeschlafen, an der ein Bösewicht dem eingesperrten Helden seinen finsteren Plan darlegte. Erst beim überlauten Einsetzen des Abspanns schreckte er auf und wankte aus dem Kino an die frische Luft.
Abenddämmerung. Bald begann die Sperrstunde. Zeit, sich zu seiner Zieladresse zu begeben.
Er umrundete den Häuserblock und näherte sich dem Haus von der anderen Seite. Tat so, als würde er die Werbesäule anschauen, und überlegte, ob er sofort bei Ariane klingeln sollte.
Da verließ eine Blondine – wie sollte er herausfinden, ob sie es war? – das Haus, schloss ab und näherte sich zielstrebig dem Zigarettenautomaten, an dem er sein Leihauto geparkt hatte. Sie hantierte mit ihrer Karte, doch der Automat blinkte in einem wütenden Rot. Die altmodischen Blondlöckchen wippten im Rhythmus ihrer wütenden Flüche und als sie es endlich schaffte, zu zahlen, fielen die zwei Packungen auf den Boden.
Am liebsten wäre er zu ihr gerannt, aber Avriel hielt sich zurück. Sein Herz klopfte schmerzhaft. Wenn sie das war! Er durfte sie auf keinen Fall verschrecken. Also normale Spaziergeschwindigkeit.
Die Blondine kämpfte immer noch mit den Folgen der Schwerkraft. »Mist, Mist, Mist!« Sie versuchte, trotz High Heels und kurzem Rock nach den Zigaretten zu angeln.
Das war die Gelegenheit, sie anzusprechen. »Einen Moment, ich helfe Ihnen.« Avriel trat zu ihr, beugte sich schnell hinunter und reichte ihr die Zigarettenpackungen. Dabei blickte er ihr ins Gesicht. Das musste sie sein!
»Danke.« Sie lächelte vage. Vermutlich war sie älter, als sie aussah, ihre Kleidung wirkte modisch gesehen nicht ganz auf der Höhe. Auch ihr Lockenhaarschnitt war eher von der Art, wie ihn wesentlich ältere Frauen trugen. Dennoch … richtete er seine Augen auf die langen Beine der Fremden und folgte ihnen langsam mit dem Blick nach oben, bis der Saum ihres Minirocks seine ›Wanderung‹ stoppte.
»Meine Augen sind weiter oben. Noch weiter … Ja, genau.«
Ich weiß! Peinlich berührt starrte er ihr ins Gesicht, das sich zu einem spöttischen Lächeln verzog. Ihre blauen Augen leuchteten leicht im Dunkeln.
»Also, ähm … Ich sollte dann mal los.« Wieso benahm er sich so lächerlich?
»Ja, danke für deine Hilfe.« Die Frau stakste auf ihren High Heels davon.
Avriel zählte bis zehn, dann atmete er tief ein. Sie war es, und wenn er diese winzige Chance nicht verstreichen lassen wollte, musste er ihr nach! Sofort!
Er lief hinter ihr her. »Warten Sie!«
Die Frau machte sich nicht die Mühe, langsamer zu gehen.
Avriel spürte ein heftiges Stechen in seiner Seite. Benommen lehnte er sich an eines der Häuser.
Sie drehte sich am Ende doch noch um. »Kann ich Ihnen helfen, junger Mann? Bald ist Sperrstunde, soll ich Sie nach Hause bringen?«
Avriel schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, es geht. Alles in Ordnung. Es ist nur … Ich muss mit Ihnen sprechen.« Er zwang sich zu einem Lächeln.
»Mit mir?« Sie zündete sich eine Zigarette an. »Warum?«
»Das kann ich hier draußen nicht sagen.« Er schaute sich gehetzt um.
Es gab nicht viel zu sehen. Ein paar Einfamilienhäuser wie die in Gordon City.
Wie das von Valentine.
Der Gedanke an sie, an das, was er getan hatte, nahm ihm die Luft zum Atmen. Ariane warf ihm einen seltsamen Blick zu und nickte. »Beeil dich.« Sie packte ihn am Handgelenk und zog ihn mit sich. »Du hast mich beobachtet, oder? Ich habe dich gesehen.«
Er nickte.
Ariane schloss die Haustür auf. Es war eines dieser zweistöckigen Häuser, die man sich in den 2120ern aus dem Katalog aussuchen und auf ein Grundstück stellen lassen konnte, eines sah aus wie das andere und diesem hier schien niemand besondere technische Modifikationen verpasst zu haben.
Eine der allgegenwärtigen Außenkameras schwenkte in seine Richtung. Jeder seiner Schritte wurde gefilmt, und Avriel konnte nur hoffen, dass sie dem verschwommenen Gesicht hinter einem Vorhang aus Locken immer noch keinen Namen zugeordnet hatten. Sonst war er verloren.