Читать книгу 2145 - Die Verfolgten - Katherina Ushachov - Страница 25

23. Ariane Faw – Atlanta – 08.07.2145

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Der Jun­ge war wahn­sin­nig. Er hat­te di­gi­ta­le Spu­ren in sol­chem Aus­maß hin­ter­las­sen, dass es ein Wun­der war, wenn die Re­gie­rung ihm noch nicht auf den Fer­sen war. Aria­ne schlug sich die Hand vor die Stirn. So viel Ri­si­ko. Und das al­les nur, um …

»Ich muss wis­sen, wo ich her­kom­me. Wer mei­ne El­tern sind. Du hast mich als Kind ins Wai­sen­haus ge­bracht.« Er woll­te sich durch die Haa­re fah­ren, spür­te ih­re Kür­ze und zuck­te zu­sam­men.

»Das ha­be ich.«

»Dann weißt du, wer sie sind?«

»Ich …« Sie hat­te die Pf­licht, es ihm zu sa­gen. Aber hat­te sie auch das Recht da­zu? Fa­bri­cia hat­te sorg­sam al­le Spu­ren ver­nich­tet, die zu ihm füh­ren konn­ten und sie hat­te gu­te Grün­de da­für, aber der Jun­ge war oh­ne­hin in Ge­fahr. Das biss­chen In­for­ma­ti­on än­der­te nicht mehr viel. »Ich weiß tat­säch­lich, wer sie sind. Sie ist ei­ne Mu­tan­tin, und er ist …«

Es war un­na­tür­lich still. Kei­ne Ju­gend­li­chen, die sich trotz Sperr­stun­de vor ih­ren Fens­tern her­um­drück­ten. Kei­ne selbst­fah­ren­den Last­wa­gen. Aber sie war sich si­cher, ein Geräusch durch die Stil­le wahr­zu­neh­men, das nicht hier­her­ge­hör­te. Nur wel­ches?

Aria­ne spür­te auf ein­mal ei­ne drän­gen­de Un­ru­he. Ir­gen­det­was stimm­te nicht. »War­te.« Sie stand auf und schau­te aus dem Fens­ter. Gera­de recht­zei­tig, um zu se­hen, dass ei­ne Mi­liz­squad auf ihr Haus zu­steu­er­te.

Das war es al­so, was sie ge­hört hat­te. Den Stech­schritt.

Sie hat­te kei­ne Ah­nung, wie sie aus­ge­rech­net auf ihr Haus ka­men, aber das spiel­te kei­ne Rol­le. Nun muss­te sie han­deln – wo­zu hat­te sie ei­ne Hin­ter­tür?

»Avri­el, du musst jetzt fort. Und zwar schnell!«

»Wa­rum? Was ist denn pas­siert?« Er starr­te sie aus großen Au­gen an. »Ich muss es wis­sen!«

»Kei­ne Zeit. Du musst hier weg.« Sie woll­te ihn auf kei­nen Fall in Pa­nik ver­set­zen, schei­ter­te je­doch. »Du kannst doch ein Elek­tro­mo­tor­rad steu­ern?«

»Ähm, schon, ist mit Au­to­pi­lot nicht wei­ter schwie­rig, aber was hat das …«

»Schön. Dann gehst du jetzt da raus, ich ge­be dir mein Pad in ei­nem Ruck­sack mit. Über­gib es Fa­bri­cia in New Or­leans, sie wird dir al­les er­klä­ren.« Hoff­te Aria­ne zu­min­dest. Wäh­rend sie re­de­te, pack­te sie das Gerät in den Ruck­sack, leg­te ei­ni­ge Kon­ser­ven­do­sen da­zu und schob ihn re­gel­recht aus der Hin­ter­tür.

Es klopf­te. »Auf­ma­chen! Mu­tan­ten-Raz­zia!«

»Ich kom­me gleich! Muss mir nur erst was an­zie­hen! Ich ha­be näm­lich nichts an!«

Avri­el senk­te sei­ne Stim­me. »Und wie soll ich die­se Fa­bri­cia er­ken­nen?«

»Schwar­ze Haa­re, blaue Au­gen, Zopf. Frag nach ihr, so­bald du da bist.« Aria­nes Hän­de schwitz­ten. Kei­ne Zeit, zu trö­deln. »Du kannst nicht zu lan­ge an ei­nem Ort blei­ben, oh­ne dass man dich fin­det. Und jetzt fahr end­lich, be­eil dich!« Sie schubs­te ihn nach drau­ßen, schloss lei­se die Tür und lehn­te sich da­ge­gen, um zu lau­schen.

Es dau­er­te nur Se­kun­den – sie hör­te den Kies in ih­rem Hin­ter­hof knir­schen, das Elek­tro­mo­tor­rad selbst gab kei­nen Laut von sich, und wuss­te, dass Avri­el sich auf den Weg nach Süd­wes­ten ge­macht hat­te. Wuss­te er, dass New Or­leans vor Jah­ren schon von der Re­gie­rung auf­ge­ge­ben wor­den war? Oder dass sei­ne Chan­ce, dort auch an­zu­kom­men, eher ge­ring war? Aber wenn er hier­blieb, war sie bei null …

Es klopf­te er­neut an ih­rer Tür.

Aria­ne ver­wu­schel­te sich die Haa­re, öff­ne­te ei­ni­ge Knöp­fe an ih­rer Blu­se und klatsch­te sich Was­ser aus der Mi­ne­ral­was­ser­fla­sche auf Ge­sicht und Aus­schnitt. Dann erst mach­te sie auf. Sie sah im Halb­dun­kel hof­fent­lich heiß aus. Vi­el­leicht konn­te sie so wert­vol­le Zeit ge­win­nen – so­lan­ge sie mit ihr be­schäf­tigt wa­ren, wür­den sie nicht nach Avri­el su­chen.

Ei­ner der Sol­da­ten vor ih­rer Tür sah so­gar di­rekt sym­pa­thisch und ziem­lich un­glück­lich aus, als wür­de er den Job nicht all­zu ger­ne ma­chen.

»Wie kann ich euch denn hel­fen?« Sie lehn­te sich las­ziv ge­gen den Tür­rah­men.

»Wir … ähem … al­so …« Ihr Aus­se­hen hat­te ih­nen of­fen­bar die Spra­che ver­schla­gen und nur der trau­ri­ge Sol­dat gab ei­ne Ant­wort. »Wir su­chen nach ei­nem ge­fähr­li­chen Mu­tan­ten. Ha­ben Sie et­was Ver­däch­ti­ges be­merkt? Hat je­mand viel­leicht ver­sucht, in ihr Haus ein­zu­bre­chen? Ich … Vor­hin ha­ben wir zwei Per­so­nen in die­sem Haus fest­ge­stellt, aber jetzt sind nur noch Sie da.« So­fort wur­de er rot, als wür­de er sich schä­men, ei­ne so däm­li­che Fra­ge zu stel­len.

»Nein, ich ha­be kei­nen ge­fähr­li­chen Mu­tan­ten ge­se­hen.« Sie schmun­zel­te. »Nur mich selbst im Spie­gel, aber ich glau­be nicht, dass ich ge­fähr­lich bin. Wie sieht er denn aus?«

»Ma­dam, es gab ei­ne Rund­mail des Prä­si­den­ten, Sie müss­ten …«

Aria­ne fuhr ihm ins Wort. »Dann ho­le ich mein Pad und ru­fe mei­ne Nach­richt ab, das ha­be ich noch nicht ge­tan. Könnt ihr so lan­ge hier war­ten? Dann kann ich euch de­fi­ni­tiv sa­gen, ob ich ihn ge­se­hen ha­be.«

»Ma­dam, das ist ne­ben­säch­lich, wir wis­sen ge­nau, dass zwei Per­so…«

»Wollt ihr viel­leicht ei­ne Tas­se Tee oder Kaf­fee?« Aria­ne lä­chel­te im­mer noch. Sie muss­te Zeit schin­den, um je­den Preis. Wenn sie ihn un­ter­brach, konn­te das zwei Fol­gen ha­ben. Ent­we­der war er über­rum­pelt oder wür­de sie an­grei­fen. Bei­des half Avri­el.

Der Mann schüt­tel­te den Kopf. »Nein, ei­gent­lich nicht. Wir sind auf Pa­trouil­le und soll­ten noch heu­te Nacht den Mu­tan­ten fin­den und …«

»Hab dich nicht so, Com­man­der. Ist es nicht rei­zend von die­ser Frau, uns zu ent­loh­nen?« Der Sol­dat lä­chel­te zwei­deu­tig.

»Dann ver­dient euch die­sen … Lohn. Durch­sucht das Haus. So­fort.«

Aria­ne tri­um­phier­te in­ner­lich. Sie wür­den nichts fin­den. Nicht mehr.

2145 - Die Verfolgten

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