Читать книгу Seawalkers (6). Im Visier der Python - Катя Брандис - Страница 12

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Ganz schön grau

Hatte Shari genug geübt und gelernt, um die Prüfung zu bestehen? Zu meiner Schande glaubte ich selbst nicht ganz daran. Shari schenkte mir ein nervöses Lächeln, das ich mehr schlecht als recht erwiderte, dann zog sie sich die Kette mit den drei silbernen Delfinflossen über den Kopf, hastete zum Meerwasserbereich und sprang hinein.

»Komplette Verwandlung in fünfzehn Sekunden bitte«, sagte Mr García. Das war klar gewesen, wir hatten es fast alle machen müssen … aber für Shari war es eine besonders schwere Aufgabe. Ich sah, wie ihre Lippen sich unter Wasser bewegten, bestimmt bat sie Tangaroa um seinen Beistand.

Dann drückte unser Verwandlungslehrer auf die Stoppuhr.

In der Verwandlungsarena war es so still, dass ich Wasser von Nestors Pult auf den Boden tropfen hörte. Gespannt beobachteten wir alle, auch Mr Clearwater und Miss Bennett, das blonde Mädchen dort im Wasser, das keinem von uns egal war. Blue hatte vor Anspannung die Hände ineinander verkrampft und die Lippen zwischen die Zähne geklemmt. Noah knetete unruhig seine Hände.

»… sieben Sekunden … acht Sekunden …«, zählte Mr García und noch immer war nichts passiert. Dann veränderte sich Sharis Körper und in der Klasse wurde aufgeregt geflüstert. Noah, Blue und ich stöhnten.

Ella lachte. »Oh wow, vielleicht wird das jetzt der neue heiße Look.«

Glaub ich eher nicht, sagte Shari unglücklich und blickte an sich herab. Sie hatte immer noch ihre menschliche Gestalt, aber am ganzen Körper graue Haut. Gut, dass ihr das nicht an einem öffentlichen Strand passiert war, als Sonnenbrand hätte man das nicht wegerklären können. Außer, es gab seit Neustem einen Sonnenbrand, der einem auch sämtliche Haare wegsengte, eine Glatze hatte Shari nämlich ebenfalls.

»Digga, du siehst aus wie ein Alien«, sagte Ralph fasziniert.

»Probier es weiter, Shari, du hast noch ein paar Sekunden!«, rief Jack Clearwater, doch ich ahnte, dass es keinen Sinn hatte, bestimmt war Shari inzwischen zu nervös.

Und so war es, sie schaffte es nur noch, ihren Alien-Look wieder loszuwerden.

Als die Lehrer sich kurz besprachen, sprang ich auf und hastete zum Meerwasserbereich. »Du schaffst das, denk an deine Kindheit im Meer und wie du dich als Delfin gefühlt hast … ruck, zuck bist du einer«, flüsterte ich meiner Freundin zu.

Shari nickte, zwang sich zu einem Lächeln und legte ihre Hand an die Glasscheibe.

Ich legte meine darauf und blickte ihr in die Augen. In diesem Moment beschloss ich, dem Beispiel von Olivia zu folgen: Wenn Shari nicht fahren durfte, würde ich auch hierbleiben! Sie bedeutete mir mehr, als ich sagen konnte.

»Okay, zweiter Durchgang«, kündigte Mr García an und scheuchte mich mit einer Handbewegung auf meinen Platz zurück.

Diesmal schaffte Shari die Verwandlung in der vierzehnten Sekunde. Erleichtert sackte ich auf meinem Stuhl zusammen. Aber noch musste sie die anderen Teile des Tests bestehen. Shari nahm ihre Menschengestalt wieder ein und wartete auf die nächste Aufgabe.

Inzwischen hatte Ivy Bennett auf ihrem Schultablet einen Film aufgerufen – mehrere Große Tümmler tummelten (oder eher, tümmelten) sich am Bug eines schnellen Schiffs, um sich von der Druckwelle tragen zu lassen. Untergetaucht, mit im Wasser wogenden Haaren, betrachtete Shari den Film durch die Glasscheibe … und behielt dabei ihr Menschen-Ich.

Wir applaudierten erleichtert. Shari hatte bestanden!

»Herzlichen Glückwunsch, schön, dass du dabei sein wirst.« Jack Clearwater lächelte ihr zu.

Damit war ihr Test beendet, sie kletterte aus dem Meerwasserbereich und kehrte zu ihrem Stuhl zurück. Aber warum ging sie so komisch? Sie schaute weiter zu den drei Lehrern hinüber, als ob sie sich nicht sicher wäre, ob sie wirklich bestanden hatte. Ging sogar fast seitwärts, bis sie an ihrem Platz neben mir angekommen war.

Zum Glück achtete außer mir niemand darauf, weil Chris, der nach ihr dran war, gerade nach vorne stolzierte, als sei er ein großer Filmstar (der Ruhm von Magic Fish war ihm ein bisschen zu Kopf gestiegen). Toco versuchte natürlich sofort, ihm ein Bein zu stellen, doch Chris hatte gute Reflexe und stieg einfach über seinen Fuß.

Als Chris sich in einen Seelöwen mit Menschenkopf verwandeln sollte, hörte ich ein Geräusch … hatte in der Klasse jemand gepupst? Nein, es klang eher, als hätte ein Delfin geatmet. Es war aber keiner in Sicht. Seltsam.

Als ich zu Shari rüberschaute, merkte ich, dass sie verlegen grinste. Ich hob fragend die Augenbrauen. Absichtlich blickte sie nach rechts, von mir weg … und beinahe hätte ich losgeprustet. Sie hatte ein Blasloch am Hinterkopf! Zum Glück hatte keiner der Lehrer es gemerkt, dass sie eigentlich nicht bestanden hatte.

In der Pause umarmten meine Freunde und ich uns stürmisch und feierten, dass wir bald die Westküste erkunden würden. Mein nicht ganz dünner, bester Freund Jasper tanzte so wild herum, dass ihm beinahe die Brille vom Kopf geflogen wäre. »Meinste, wir dürfen schon Koffer packen?«, fragte er atemlos.

»Klar, bestimmt.«

»Ich hab aber keinen«, wandte Shari ein.

»Das macht nichts, ich leihe dir meinen«, sagte Juna tonlos und wir machten uns zusammen mit Olivia daran, sie zu trösten.

Währenddessen versuchte Ella, Daphne davon zu überzeugen, dass der Kalifornien-Trip bestimmt total anstrengend werden würde und sie Glück hatte, weil sie nicht mitmusste.

Das zog nicht richtig. »Dann bleib du doch auch daheim, wenn es so blöd wird«, motzte Daphne.

Blue und Shari verschwanden in der Küche, um für Juna und Olivia Buttermilch-Mandel-Muffins zu backen (Junas Lieblingssorte), und ich zog mit Jasper ab zu unserer Hütte Nr. 3, um etwas für die beiden zu zeichnen. Mir schwebte da ein Gruppenbild von Falter- und Doktorfisch vor. Wie schön, dass die beiden ihr Glück gefunden hatten.

»Haste nicht auch gedacht, dass Juna in Mr Clearwater verliebt ist?«, fragte mich Jasper, der noch ein bisschen überfordert wirkte von dieser romantischen Wendung.

Ich zuckte die Achseln. »Tja, und ich war früher verknallt in Shakira, aber da war mir auch klar, dass das nichts wird.«

»Das war nich, was ich meinte … ich wusste nich, dass man Jungs und Mädchen lieben kann«, wandte Jasper ein.

Das brachte mich zum Grinsen. »Du bist eben nicht mit einer Tante aufgewachsen, die irgendwann zum Onkel geworden ist. Alles ist möglich!«

Mein Handy meldete sich und ich sah, dass es Rocket war. Ugh, ich musste ihm noch beichten, dass wir ohne ihn auf Klassenfahrt gehen würden. Doch im absolut gleichen Moment, als ich das dachte, hatte ich eine supergeniale Idee. Also ging ich ran und sagte: »Hi Rocket … sag mal, könntest du dich als Ratte an Flughafenkontrollen vorbeiwieseln?«


»Fliegen Raketen nach oben?«, kam es sofort zurück. »Und übrigens, Wiesel wieseln. Ratten dagegen …«

»Rätteln?«, schlug ich vor. »Was meinst du, würden deine Eltern erlauben, dass du mit uns auf Klassenfahrt gehst?«

»Never ever, die wissen nichts von euch. Aber ich könnte meiner Mum sagen, dass ich ein paar Tage bei Oma Sally und euch wohne, weil meine Schwestern mich gerade zu Tode nerven. Und für die Schule fälsche ich eine Entschuldigung.«

»Cool«, sagte ich. »Sally verpetzt dich nicht, oder?«

»Ich hab noch was gut bei ihr für den blöden Spruch mit dem Ungeziefer«, behauptete Rocket. Als er sich versehentlich verwandelt hatte, hatte seine Oma mit ihrer gewohnten Energie Jagd auf ihn gemacht, bis Johnny und ich sie davon abgehalten und ihr die Wahrheit über ihren Enkel und sie selbst gesagt hatten.

»Stimmt. Das heißt, dass sie dich auch hier abliefern könnte, oder? Und zwar heimlich, am besten in ihrer Gestalt als Fischadler.« Mein Gehirn ratterte auf Hochtouren, während ich zu planen versuchte, wie ich meinen Freund unentdeckt auf so eine weite Reise mitnehmen konnte. Wie viel Ärger würde ich dafür bekommen? Mir fiel ein, dass ich damit womöglich mein Stipendium in Gefahr brachte. Oh Mann. Vielleicht war das alles eine Eins-a-Scheißidee …

»Wohin fahren wir eigentlich?«, drang es an mein Ohr. »Oder ist das geheim?«

»Kalifornien«, sagte ich.

»Sauber – da wollte ich schon immer mal hin!«, kam es zurück und danach brachte ich es nicht mehr übers Herz, Rocket wieder abzusagen. Stattdessen erzählte ich ihm, dass Lydia Lennox anscheinend vorhatte, unsere Schule zu sabotieren, sobald Ella nicht mehr dorthin ging. »Oje … wisst ihr schon, auf welche Art?«

»Leider nein«, sagte ich mit gemischten Gefühlen. Die Lehrer wollten uns aus der Schusslinie haben, doch das hieß auch, dass nur die Zweitjahresschüler vor Ort waren, um die Blue Reef zu verteidigen.

Aber das konnte ich gerade nicht ändern. Ich presste ein paar Extraklamotten für Rocket in meinen Koffer und hockte am Sonntag, auf dem Weg zum Flughafen, mit Herzklopfen auf meinem Sitz im Kleinbus. Hoffentlich ahnten die Lehrer nicht, dass ich einen blinden Passagier im Rucksack hatte …

Seawalkers (6). Im Visier der Python

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