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Schwarzes Herz

Es war ein ziemlich seltsames Gefühl, mit den anderen in eine Damentoilette zu marschieren. Doch im Moment war niemand darin, der sich über mich aufregen konnte.

»Achtet genau auf das, was ihr spürt«, schärfte uns Alisha White ein und blickte sich um, registrierte sicher jede Kleinigkeit. »Wahrscheinlich ist sie ein sehr kleines Tier – gebt sofort Alarm, wenn ihr etwas seht.«

»Na klar.« Shari warf sich sogar auf Hände und Knie, um den Boden besser absuchen zu können. Ich inspizierte die Waschbecken von oben, unten und der Seite, schaute in die Seifenbehälter und prüfte die Luft auf Fluginsekten, während Miss White und Finny die Kabinen überprüften. »Nichts bisher«, meldeten sie.

»Bei mir auch nicht!«, rief ich und mir wurde beinahe schlecht, als ich an die dicht gepackten, hoffentlich nur schlafenden Vögel dachte. Wie konnte eine Woodwalkerin so etwas tun?!

»Geht mal alle raus«, sagte Jack Clearwater und winkte uns energisch zur Tür. »Im Moment spüre ich nur euch.«

Also zogen wir ab, während Mr Clearwater sich mit geschlossenen Augen in die Mitte des Waschraumes stellte. Doch auch er kam kurz darauf unverrichteter Dinge wieder heraus. »Nichts«, sagte er wütend. »Sie ist weg. Vielleicht durch einen winzigen Spalt abgehauen. Oder rausgeschlüpft, als die Polizisten die Tür geöffnet haben.«

Während wir uns am Gepäckband zusammendrängten, war Farryn García in der Gepäckhalle umhergegangen und hatte bestimmt ebenfalls seine scharfen Sinne befragt. »Ich habe nichts gespürt. Tut mir leid«, sagte er und atmete tief durch.

Inzwischen hatten die Zollbeamten die geschmuggelten Tiere und Körperteile weggebracht. Doch die anderen und ich waren noch immer aufgewühlt von dem, was wir mit angesehen hatten, diskutierten leise untereinander und ließen unsere Augen rastlos über Boden und Wände schweifen. Nichts.

»Ich werde das dem Rat berichten«, versprach Jack Clearwater und zückte gleich das Telefon. »Die werden in nächster Zeit die Augen offen halten nach Woodwalkerinnen mit dieser Beschreibung.«

Die Polizisten durchsuchten die gesamte Gepäckhalle, niemand durfte raus, deshalb dauerte es eine Ewigkeit, bis wir endlich mit unseren Koffern ins Terminal weitergehen konnten. Ganz allmählich schaffte ich es wieder, mich auf den Austausch zu freuen und meine Gedanken darauf auszurichten. Noch ein bisschen durcheinander, blickte ich mich um und fragte mich, wer uns abholen würde. Vielleicht Mr Blackheart, der Schulleiter, persönlich?


»Hat er wirklich ein so schwarzes Herz?«, rätselte Jasper, der ebenfalls Ausschau hielt.

»Wahrscheinlich nicht, schließlich hat unser Schulleiter auch nichts mit klarem Wasser zu tun«, meinte ich.

»Benehmt euch bitte und macht einen guten Eindruck«, schärfte Mr Clearwater meiner versammelten Klasse ein. »Mr Blackheart, der Schulleiter, ist ein hochrangiges Ratsmitglied, ich möchte auf keinen Fall, dass ihr unsere Schule vor ihm blamiert. Und seid bitte nett zu seiner Tochter Sierra, sie ist in der Erstjahresklasse.«

Ein paar Leute blickten verunsichert oder genervt drein. Finny fragte spitz: »Wieso denken Sie, dass wir uns nicht benehmen können?«

Dafür bekam sie von Miss White Klartext. »Für dich heißt das: in dieser Woche keine Streiche, klar?«

»Jaja, schon gut.« Finny verdrehte die Augen.

Als wir mit unseren Koffern zum Ausgang gingen, fingen Jasper, Shari und ich an zu lästern. »Bestimmt ist die Tochter total blöd«, flüsterte Shari. »Sonst müsste uns Jack nicht extra bitten, nett zu ihr zu sein, oder?«

»Vielleicht heftig verwöhnt«, spekulierte Jasper.

»Kann sein – und wahrscheinlich geht sie zu ihrem Vater petzen, wenn ihr etwas an uns nicht gefällt«, wisperte ich zurück und steckte mir einen neuen Erdbeerkaugummi in den Mund.

»Da sind sie!«, rief Noah und wir reckten die Hälse.

Am Ausgang des Gepäckbereichs erspähte ich drei Personen. Ein Mädchen mit widerspenstigen braunen Haaren, die sie gerade hektisch mit den Fingern durchkämmte, während sie Ausschau hielt. Mit der anderen Hand versuchte sie, ein Schild mit der Aufschrift BLUE REEF HIGHSCHOOL hochzuhalten, das immer wieder umknickte und ihr auf den Kopf fiel. Neben ihr stand ein bärtiger dunkelhaariger Mann mit Jeans und aufgekrempeltem Hemd. Er sah aus wie jemand, der gewohnt ist, das Kommando zu übernehmen. Ich mochte die Art, wie er uns freundlich und gespannt entgegenblickte.

Boah, was hat der für Unterarme … war der früher Holzfäller, oder was? Rocket hatte die Schnauze vorsichtig aus meinem Rucksack geschoben.

Ich antwortete nicht, denn eben hatte ich entdeckt, wer auf der anderen Seite des Mädchens stand: Carag, der Puma-Wandler, gerade ein blonder Junge mit grün-goldenen Augen! Ich winkte ihm begeistert zu.

Das Mädchen bezog das Winken auf sich und winkte fröhlich zurück. »Herzlich willkommen, ich bin Sierra Blackheart!«, sagte sie und strahlte uns an. Sierra trug ein selbst gemacht aussehendes, violettes T-Shirt mit Wolfskopf-Motiv – stimmt, ich hatte schon mitbekommen, dass sie in zweiter Gestalt wie ihr Vater ein schwarzer Wolf war. Zumindest auf den ersten Blick wirkte sie weder blöd noch verwöhnt, aber ob jemand gerne petzte, sah man ihm natürlich nicht an. Gut fand ich schon mal, dass sie nach Orangen duftete.

»Hallo. Nett, dich kennenzulernen, ich bin Tiago Anderson«, sagte ich zu ihr und lächelte sie an. Dann musste ich dringend erst mal Carag begrüßen, den ich wirklich gerne mochte, weil er so eine gelassene Art hatte, Spaß verstand und seine Freunde beschützte, wenn es brenzlig wurde. Auch die Lehrer stellten sich vor – nur Farryn García kannte den kalifornischen Schulleiter schon – und begrüßten sich herzlich.

Alle anderen Schüler aus meiner Klasse scharten sich neugierig um Sierra und sagten Hallo zu Carag, den die meisten mochten. Lediglich Ella, Toco und Barry beließen es bei einem gelangweilten »Hi« und beschäftigten sich ansonsten mit ihren Handys. Nur Ella nicht, was mir ein bisschen seltsam vorkam, denn sonst waren sie und dieses Ding praktisch miteinander verwachsen.

Benjamin Blackheart sog die Luft ein. »Ah, ihr habt nicht nur Meerestiere dabei … ein Panther, nicht wahr?«

Noemi nickte geschmeichelt. »Ja, ich!«

»Und eine Ratte?«

»Nein, einen Ratten-Wandler haben wir beim Austausch nicht dabei«, meinte Mr Clearwater erstaunt.

Doch Miss White hatte schon begriffen. Mit stahlhartem Blick wandte sie sich mir zu.

Oh shit!, war das Einzige, das mir in diesem Moment durch den Kopf ging.

Seawalkers (6). Im Visier der Python

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