Читать книгу Seawalkers (6). Im Visier der Python - Катя Брандис - Страница 19

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Sehr fedrig

Kurz darauf bogen wir in eine kleine Schotterstraße ein. Die Redcliff High lag etwa einen Kilometer vom Meer entfernt geborgen zwischen Hügeln und eingebettet in ein Wäldchen. Zum Glück hatte es hier nicht gebrannt, die Bäume und Büsche lebten alle noch und es stank nicht nach Rauch.

Neugierig betrachteten wir das aus dunkelbraunem Holz gebaute, zweistöckige Hauptgebäude, das mehrere Dachgiebel, weiß gestrichene Fensterrahmen und eine große Veranda hatte. Sah irgendwie aus wie ein Farmhaus. Davor erstreckte sich eine Grasfläche, die gerade nicht grün war, sondern strohgelb – anscheinend regnete es hier nicht oft.

Shari juchzte, als sie halb hinter dem Haus verborgen einen riesigen, aus Natursteinen gemauerten Pool erspähte, an dessen einem Ende ein Graureiher stand und zu uns herüberblickte. Das musste einer der Schüler sein. Weiter hinten sah ich ein zweites, kleineres Becken, ebenfalls aus Natursteinen. Daraus kam der Kopf eines Seeotters zum Vorschein, der uns neugierig betrachtete und ein Hi, ich bin Timur verkündete.

Kaum durften wir aussteigen, stürzte Shari zum großen Becken, schöpfte mit beiden Händen Wasser und kostete. »Salzig!«

»Iiih, Schwimmbadwasser trinkt man doch nicht.« Ella verzog angewidert das Gesicht.

»Ach, schon okay. Wir pumpen für das große Becken ständig frisches Meerwasser hoch, weil wir zwei Wasser-Wandler bei uns haben … einen davon habt ihr ja schon gesehen«, erklärte der bärtige Schulleiter. Er wirkte ein bisschen alarmiert, weil unsere Delfin-Wandler, Chris und sogar Miss White dreinblickten, als würden sie sich am liebsten sofort die Klamotten vom Leib reißen und reinspringen.

»Digga, was ist denn das zweite Wassertier? Habt ihr auch ’nen Hai?«, fragte Ralph. »Und dürfen wir im Pool übernachten? Da hätte ich Bock drauf.«

Noch während die Lehrer darüber beratschlagten, ob das okay war – anscheinend schon –, deutete Carag auf die Bäume. »Schaut mal, da!«

»Wow«, sagte ich. In etwa fünfzehn Meter Höhe thronte dort ein Baumhaus mit allen Schikanen, es hatte sogar Glasfenster. An den Außenseiten waren Landeplattformen und Sitzstangen angebracht. In anderen Bäumen bemerkte ich ungefähr ein Dutzend auf verschiedene Art kunstvoll aus Zweigen geflochtene Nester, die viel größer waren als die normaler Vögel. Man hätte sich auch als Mensch reinhocken können. Bunte Bänder waren in die Zweige hineingeflochten, jedes Nest hatte eine eigene Farbe.

»Warum …«, begann ich, doch Sierra ahnte voraus, was ich fragen wollte.

»Wir haben Haus und Gelände von einem Vogel-Wandler geerbt, der mit einer Robben-Wandlerin verheiratet war. Die beiden haben es dem Rat vermacht und der hat es Pa überlassen, weil der vorhatte, eine neue Wandler-Highschool zu gründen. Wir haben das Haus den Sommer über neu gestrichen und alles renoviert, das war eine unglaubliche Plackerei.«

»Die Nester find ich sehr fedrig«, sagte Daisy. »Das sagt man doch so, oder?«

In unseren Köpfen lachte jemand, ein Mädchen. Ja, stimmt, aber das darf nur jemand sagen, der Flügel hat!

»Hab ich«, erwiderte Daisy, ließ die Räder ihres Rollstuhls los und streckte die Arme aus. Graue Pelikanfedern sprossen daraus hervor, allerdings nur auf einer Seite. »Ups.« Schnell ließ Daisy die Schwinge wieder verschwinden.

Izzy blickte zweifelnd drein. Klar, sie hatte Flügel, war aber eindeutig ein Fisch.

Noch versuchte ich, diejenige auszumachen, die gesprochen hatte. Etwas blitzte azurblau zwischen den Bäumen auf, oh, das musste der Ara sein! Wenn ich an Papageien dachte, sah ich sie in einem Käfig auf einer Stange hocken, doch dieser hier flog und sah dabei mit seinen langen Schwanzfedern prachtvoll aus.

Wie ein Geist glitt eine Schnee-Eule heran, lautlos und fremdartig, dicht gefolgt von einem riesigen goldbraunen Adler und einem deutlich kleineren Vogel mit grauen Flügeln, einem weißen Bauch und einer lustigen schwarzen Tolle auf dem Kopf – aha, der Meisenjunge. Er versuchte, so majestätisch zu gleiten wie der Adler, was zu einem unkontrollierten Sinkflug führte.

Gib’s auf, Crowley, und verlass dich auf deinen natürlichen Charme, sagte eine Jungenstimme, vielleicht die des Adler-Wandlers.

Crowley hat natürlichen Charme? Die Mädchenstimme von vorhin lachte. Inzwischen war ich sicher, dass sie dem blauen Ara gehörte.

Könnt ihr mal aufhören – die Gäste hören den ganzen Blödsinn, den ihr labert! Der Meisen-Wandler setzte sich beleidigt auf einen Ast. Auch die anderen Windwalker landeten.


Die Schnee-Eule mischte sich ein. Genau, benehmt euch, Leute! Wir wollen schließlich einen guten Eindruck machen. Wisst ihr nicht mehr, was Blackheart uns gesagt hat?

Ich musste mir das Lachen verbeißen. Lehrer waren anscheinend überall ähnlich.

Steinadler und Schnee-Eule landeten hinter einem Busch, wo sie offenbar Klamotten deponiert hatten. In Gestalt eines unglaublich gut aussehenden Jungen mit goldbraunem Haar und eines elfenhaft bleichen, schönen Mädchens kamen sie wieder zum Vorschein. Sie begrüßten uns beide freundlich, obwohl das Mädchen ein bisschen zurückhaltend wirkte.

»Herzlich willkommen«, sagte der Junge freundlich. »Ich bin Sky und das da ist Avery.« Er deutete auf das blasse Mädchen.

Nun kamen von allen Seiten neugierige Wandler herbei, um uns abzuchecken. Ein Mustang mit braun-weiß geflecktem Fell galoppierte in unsere Richtung, der Graureiher von vorhin stakste herbei und ein großes Mädchen mit von der Sonne gebleichten Haaren, abgewetzten Jeans und kariertem Hemd kam mit langen Schritten auf uns zu. »Hi, ich bin Summer.«

Sierra umarmte sie kurz und sagte »Hi« zum Wildpferd, dann knuffte sie mit einem »Na, Alex, was geht ab?« einen etwas kleineren rotblonden Jungen, der uns gerade musterte. Ich merkte, dass seinen wachen blauen Augen nichts entging. Nicht, dass ich gerade unauffällig meinen gebrauchten Kaugummi hatte fallen lassen, weil er nach nichts mehr schmeckte und weit und breit kein Mülleimer in Sicht war. Nicht, dass Sharis Locken nach der langen Reise wie ein Vogelnest aussahen oder dass Jasper völlig eingeschüchtert war von den vielen neuen Eindrücken.

Aber der rotblonde Junge sagte nichts, lächelte nur vergnügt und fragte Sierra: »Und, wie viele Koffer sind dir auf den Fuß gefallen, als du die Gäste abgeholt hast, Chaos-Wolf?«

»Stell dir vor: gar keiner«, erwiderte Sierra und versuchte, ihn ins Becken zu schubsen, was der Junge durch ein blitzschnelles Ausweichmanöver verhinderte. Dafür fiel Sierra selbst hinein. Prustend kam sie wieder hoch, hielt sich wassertretend an der Oberfläche und fragte den Jungen: »Ist dir inzwischen eingefallen, wie du die Weltherrschaft an dich reißen kannst?«

»Ich arbeite noch dran«, meinte der Junge und sein Grinsen wurde noch breiter, als er unsere fassungslosen Mienen sah.

Sierra erklärte in unsere Richtung: »Alex ist noch nicht ganz sicher, ob er zum FBI gehen oder Meisterdieb werden soll …«

»Sie schlägt mir dann meist vor, dass ich stattdessen einen Reinigungsservice aufmachen soll – Waschbär halt.« Der Junge lehnte sich gegen einen Zaunpfahl. »Worauf hin ich ihr hässliche Spitznamen gebe, bis sie den Mund hält.«

Was für ein schräger Typ! Aber ich mochte ihn.

Bei der Weltherrschaft wäre ich dabei, meinte Rocket, der gerade auf meiner Schulter Männchen machte. Beim Reinigungsservice eher nicht.

Oh, da war auch Holly, ihre rotbraunen Locken wehten im Wind, als sie auf Noah zurannte und dabei seinen Namen rief. Auch unser Delfinfreund setzte sich strahlend in Bewegung und dann umarmten sich beide ganz fest. Sah nicht aus, als würden sie sich in nächster Zeit wieder loslassen. Das konnte schwierig werden mit dem Abendessen.

Shari nahm meine Hand und ich ihre, dann blickten wir uns lächelnd an. Wer war schon Shakira? Ihre Poster vermoderten schon lange zwischen irgendwelchen alten Skizzen von mir.

Seid ihr die Seawalker oder nicht? Worauf wartet ihr?, fragte der Otter mit dem hellbraun-strohfarbenem Fell. Ein anderer Schüler mit einem runden, gutmütigen Gesicht ließ sich lachend rücklings hineinfallen und wurde zu einer schokoladenbraunen Robbe. Schnaufend vor Vergnügen schwammen die beiden zwischen ihren herumtreibenden Klamotten herum. Moment mal, dieser Junge mit dem runden Gesicht, der jetzt eine Robbe war – der kam mir irgendwie bekannt vor. Nein, nicht nur irgendwie, das war doch …!

»Tiago, Tiago, jetzt du!«, riefen ein paar Leute aus meiner Klasse, aber ich zeigte ihnen den Vogel (was hier irgendwie passte). Wenn ich plötzlich als Tigerhai zwischen diesen beiden herumschwamm, würden sie mit Herzinfarkt untergehen und ich war schuld!

Tiago?, fragte die Robbe und schwamm auf mich zu. Du … du bist das wirklich, oder?

Auf diese Art fand ich heraus, was aus meinem ehemals besten Grundschulfreund Sebastian geworden war, der mit seinen Eltern weggezogen war. Die Muschel, die er mir geschenkt hatte, lag noch immer als Glücksbringer auf meinem Nachttisch.

»Das ist der Hammer«, sagte ich und freute mich total über das Wiedersehen. »Du bist ein Seawalker! Wieso hast du mir das nie gesagt? Hast du nicht gespürt, dass ich auch einer bin?«

Doch, aber du wusstest offensichtlich nicht, dass du einer bist, meinte Sebastian und schwamm zu mir, während ich mich am Beckenrand hinkniete. Sehr meerig, dich wiederzusehen. Es war so blöd, dass meine Eltern weggezogen sind

Weiter kamen wir nicht, denn gleich darauf waren wir es, die fast einen Herzinfarkt bekamen. Nämlich, als Blue Summer fragte, was für ein Tier sie war.

»Moment, zeig ich euch«, gab Summer zurück und fixierte uns.

Eine Wolke schob sich vor die Sonne und plötzlich fröstelte ich in einem kühlen Wind, der vom Meer herüberwehte. Summer verwandelte sich mit einer unheimlichen Geschwindigkeit und erschrocken sahen wir zu, wie pelzige Ohren auf ihrem Kopf auftauchten, sich ihr Körper verformte und gestreiftes Fell ihre Haut überzog.

Bevor wie es uns versahen, stand eine Tigerin vor uns. Hunderfünfzig Kilo geballte Kampfkraft mit handlangen Fangzähnen, die wir in ihrem offenen Maul sehr gut sehen konnten. Schritt für Schritt pirschte sie auf uns zu.

Seawalkers (6). Im Visier der Python

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