Читать книгу Seawalkers (6). Im Visier der Python - Катя Брандис - Страница 9

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Auf zu fernen Ufern

Was für Neuigkeiten gab es? Bestimmt wichtige, denn unsere Lehrer standen vollzählig an der Treppe, die zum ersten Stock führte, und beobachteten, wie sich unsere Eingangshallen-Aula füllte. Ich lächelte Miss White und Farryn García zu, die wahrscheinlich nicht ahnten, dass zwischen ihnen gerade ein eisenhartes Duell um den Platz 1 auf meiner Lieblingslehrer-Liste im Gange war.

Jedes Mal, wenn ich Farryn sah, durchströmte mich ein warmes Gefühl, das ich bei meinen Eltern nie gespürt hatte. Ich fand es immer noch unglaublich, dass wir verwandt waren. Innerhalb von wenigen Monaten hatte ich einen Bruder gefunden oder eher wiedergefunden und nun auch noch einen Onkel, das machte mich unglaublich dankbar.

Miss White nickte mir zu und mein Verwandter lächelte zurück, es konnten also keine wirklich fiesen News sein, die uns erwarteten, oder?

Waren es auch nicht. »Gerade habe ich das Okay bekommen für unseren ersten Schüleraustausch«, verkündete Jack Clearwater und versuchte gar nicht erst zu verbergen, wie sehr er sich darüber freute. »Der Rat hat versprochen, die Kosten zu übernehmen. Jetzt fragt ihr euch bestimmt, wohin es gehen wird. Infrage kam natürlich nur eine Wandler-Schule, die in der Nähe des Meeres liegt, oder eine Seawalker-Schule.«

Ich hielt den Atem an. Peinlich, aber wahr – ich hatte mein ganzes Leben in der Umgebung von Miami verbracht und war kein einziges Mal woanders gewesen.

»Eine Zusage haben wir schließlich von der Redcliff High in Kalifornien bekommen«, fuhr unser Schulleiter fort. »Sie liegt etwa dreißig Meilen nördlich von San Francisco an der Küste und ist erst Mitte September eröffnet worden. Der Schulleiter will sich unbedingt mit mir treffen, um Erfahrungen auszutauschen.«

Kalifornien! Ein aufgeregtes Raunen lief durch den Raum. Wir alle kannten die Westküste aus zahllosen Filmen, in Sachen Coolness gab es außer New York keinen Ort in den USA, der es damit aufnehmen konnte. Eine andere Schule und viele neue Leute kennenzulernen, würde bestimmt spannend werden.

Darf jeder mit?, fragte Papageifisch Nox aus dem Aquarium heraus. Aufgeregt schoss er hin und her, sodass er unsere drei Kleinsten – den Nachwuchs von Seepferdchen Linus – locker abhängte. Kichernd ließen sich Tox, Lox und Mox von seinen Wasserwirbeln herumstrudeln.

»Alle Erstjahresschüler, die ihre Verwandlungen im Griff haben«, informierte ihn Mr Clearwater und Nox – den ich noch nicht oft als Mensch gesehen hatte – begann frustriert an einer Koralle zu nagen. Im Griff, was heißt schon im Griff? Ich hab mein Leben im Griff, ich könnte Videokurse über Gelassenheit und positives Denken geben! Oder über die Erziehung von jungen Seepferdchen!


»Wir werden übermorgen einen strengen Verwandlungstest machen … wer besteht, darf ins Flugzeug«, ergänzte Mr Clearwater mit einem Blick in die Runde.

Ich mache auf jeden Fall mit, verkündete Nox. Ich kann menschlicher sein als jeder Mensch, ihr werdet sehen!

Darunter konnte ich mir nicht rasend viel vorstellen, aber ich wünschte ihm trotzdem viel Glück. Nervös schaute Shari mich an und ich warf ihr einen Du-schaffst-das-Blick zu. Auch Noemi, Zelda und ein paar andere konnten kaum noch stillhalten – die rannten wahrscheinlich gleich in ihre Hütten, um mit dem Üben loszulegen.

»Vielleicht besteht sogar Noemi?«, flüsterte ich Shari ins Ohr und sie nickte. Es war der Hammer gewesen, dass sie es heute Morgen geschafft hatte, ihre Gestalt stabil zu halten – trotz Foto.

»Na klar schaffe ich das, Verwandeln ist nicht schwer, finde ich«, verkündete Noemi, kletterte auf unseren im Boot festgeschraubten Tisch und schien plötzlich zusammenzusacken. Ihre Arme und Beine schrumpften, schwarzes Fell begann ihre Haut zu überziehen und ihre langen Locken zogen sich in den Kopf zurück, als würden sie von ihrem Körper weggesaugt. Dafür reckten sich über ihrer Stirn pelzige Öhrchen hoch. Schon lag eine Pantherin schnurrend mitten auf dem Tisch und grub die Krallen in die Klamotten, auf denen sie lag. Na, wie war das?

Jack Clearwater musste lächeln. »Das war super. Wir alle möchten, dass du mitkommst, also mach das beim Test genauso wie eben, ja?«

»Andere Frage …«, meldete sich Finny gut gelaunt zu Wort. »Meine Oma und ungefähr zehntausend Verwandte von mir leben in Kalifornien oder jedenfalls vor der kalifornischen Küste. Die darf ich doch besuchen, oder? Ich habe sie ewig nicht mehr gesehen!«

»Ja, natürlich, du kannst das Wochenende dranhängen und später zurückfliegen«, erklärte Miss White. »Und wer Verwandte im Großraum San Francisco hat, darf sie direkt besuchen, da wir sowieso in der Nähe sein werden.«

Erst als ich sah, wie Chris nickte und strahlte, wurde mir klar, dass er wahrscheinlich derbes Heimweh gehabt hatte in den letzten Monaten – obwohl sein Vater nach dem Tod von Chris’ Mutter ziemlich entgleist war.

Selbst Ella wirkte aufgeregt, aber würde sie wirklich mitdürfen? Vielleicht war sie dann schon nicht mehr auf der Schule, denn Jack Clearwater erklärte, dass wir bereits am Sonntag losfliegen würden.

»Was ist mit externen Schülern?«, fragte ich, weil ich an meinen Freund Rocket aus Miami dachte, einen Ratten-Wandler, der ab und zu an der Blue Reef Nachhilfe in Wandler-Fächern bekam.

»Leider nein«, informierte mich Farryn García. »Tut mir selber auch leid. Ich mag Rocket. Aber wir haben nur eine begrenzte Anzahl von Plätzen.«

Schade! Trotzdem musste ich ein bisschen grinsen, weil selbst die Lehrer aufgehört hatten, meinen Freund »Edward« zu nennen.

»Ach ja, wichtig – selbst wenn ihr die Prüfung besteht, braucht ihr natürlich eine Erlaubnis eurer Eltern, dass ihr mitdürft«, verkündete unser Schulleiter.

Shari und Blue schauten skeptisch drein – ihre Eltern schwammen irgendwo im Meer herum. »Ach, die finden wir schon«, meinte Shari schließlich. »Und garantiert sagen sie Ja.«

Ich weiß nichts von Eltern, meldete sich Lucy ein bisschen eingeschnappt zu Wort. Forscherleute haben mich ausgebrütet aus einem Ei, um großviele Dinge rauszufinden.

»Für dich haben wir etwas Besonderes geplant«, versprach ihr unser Schulleiter. »Eine Helferin des Rates hat zugesagt, dass sie dich per Tiertransport nach Kalifornien bringt … aber nicht in die andere Schule, sondern zu deinem Freund Leon, damit ihr eine Woche zusammen tauchen könnt.«

Lucy wurde so aufgeregt, dass keiner ihrer acht Arme mehr still halten konnte. Oh ja! Das ist eine tausendgute Idee! Mein Dank ist so groß wie das Meer tief. Schon so lange vermisse ich Leon … Sie umschlang Mr Clearwaters Beine und drückte sie dankbar. Den Rest der Woche würde unser Schulleiter mit dollargroßen Saugnapf-Abdrücken auf den Waden herumlaufen. Aber er war nicht der Typ, dem so was etwas ausmachte.

Zur Vorbereitung auf den Austausch krempelten unsere Lehrer kurzerhand den Stundenplan um, der am Eingang des Klassenzimmerbereichs aushing – ein Fach nach dem anderen wurde ausgestrichen und durch Verwandlung ersetzt. Wow, die meinten es ernst!

»Das wird die Redcliff-Leute bestimmt beeindrucken, wenn ihre Gäste sich exzellent verwandeln können, aber das kleine Einmaleins nicht im Griff haben«, witzelte unser Maori-Freund Noah und ließ uns den Vortritt, als wir losmarschierten zur Verwandlungsarena. Irgendetwas hatten seine Eltern bei seiner Erziehung richtig gemacht.

»Ach, wir werden nicht gleich verblöden, weil wir mal ein paar Tage keinen normalen Unterricht haben«, hielt ich dagegen.

»Manche sind eh schon verblödet.« Finny warf einen Blick zu Toco hinüber, der die Bemerkung hoffentlich nicht gehört hatte. So wie ich hatte er, wie Miss White das manchmal nannte, ein Problem mit seiner »Impulskontrolle«.

Also ICH kann das Einmaleins. Noemi blickte uns mit vorgereckten Tasthaaren an. Wollt ihr wissen, wie viel dreimal acht ist? Oder fünfmal sieben?

»Lass stecken«, sagte Chris, doch Blue stieß ihn mit dem Ellenbogen in die Rippen.

»Klar, sag mal«, meinte ich und stolz verkündete Noemi ihre Ergebnisse, die immerhin stimmten.

»Ich finde es enorm, wie viel du in so kurzer Zeit gelernt hast«, lobte Shari unser Panthermädchen. »Als wir dich gefunden haben, konntest du nicht mal zählen, oder? So wie ich, als ich hier an der Schule ankam …«

Na ja, ich konnte schon unterscheiden, ob Bob mir zwei oder vier Portionen Futter spendiert hatte, meinte Noemi, während sie als Pantherin vor uns entlangtappte.

Seawalkers (6). Im Visier der Python

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