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Nachhaltigkeit wird einem Kosten-Nutzen-Denken unterworfen

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Das Kosten-Nutzen-Denken erschwert es in besonderem Maße, Nachhaltigkeit in der kapitalistischen Wirtschaftsweise umzusetzen. Und je mehr das gewinnmaximierende Denken sich in der Wirtschaft in allen Umverteilungen durchsetzt und die Lebensverhältnisse bestimmt, desto schwieriger ist es für nachhaltige Denkweisen und Vorstellungswelten, als sinnvoll und machbar zu erscheinen.

Der Kostendruck ist bei den Kapitalbesitzern ein Teil der Gewinnstrategie. Sie haben sich darauf eingerichtet, die Löhne möglichst immer relativ niedrig zu halten, die Nachfragen überproportional zu erhöhen; sie streben danach, alle weiteren Kosten im Hinblick auf die billige Natur, weil und insofern es keine Gewerkschaften der Nachhaltigkeit gibt, möglichst ganz zu vermeiden. In den letzten Jahrzehnten haben sich die kapitalistischen Interessen der Gewinnmaximierung im Neoliberalismus breit durchgesetzt, wie Naomi Klein (2008) in ihrer »Schockdoktrin« folgert, indem Regulationen für die Firmen aufgeweicht, soziale Ausgaben gesenkt, große öffentliche Bereiche privatisiert und dadurch verteuert wurden, um letztlich kleinen ökonomischen Eliten zugute zu kommen. Selbst das Klima ist ein Objekt der Spekulation geworden, es blüht ein Derivatehandel, der am Klimawandel Profite generiert. »Neue Wege zu finden, um das Gemeingut zu privatisieren und von der Katastrophe zu profitieren, ist das, wozu unser gegenwärtiges System gebaut ist; auf sich selbst gestellt, ist es zu nichts anderem fähig.« (Klein 2015, 9)

Immerhin haben Wissenschaften, Kunst und Musik sowie kulturelle Strömungen Ideale entwickelt, die die Ansprüche des Homo oeconomicus überschreiten und andere Möglichkeiten aufzeigen. Wissenschaft, Kunst, Musik, die Kultur in all ihren Facetten, stellen sich seit der Aufklärung oft gegen den Strom der rein ökonomischen Zwänge, gegen die Masse und die Begehrlichkeiten der materiellen Welt, aber sie sind zugleich abhängig von ihnen, weil auch sie durch Arbeit und Entlohnung charakterisiert sind. Nachhaltigkeit gewinnt auch in diesem Bereich erst in der Gegenwart eine größere Bedeutung. Hier zeigt ihre Durchsetzung sich als besonders schwierig, da sie den Freiheits- und Individualisierungswünschen gerade in kreativen Bereichen widerstreitet. Die auch hier erzeugten größeren Fußabdrücke auf der Welt erscheinen als notwendig, weil sie Ausdruck einer Freiheit sind, die sich gegen alle Formen von Begrenzungen und Beschränkungen scheint wehren zu müssen.

Wissenschaft, Kunst, Musik, letztlich alle kulturellen Tätigkeiten sind auf Austausch und Kommunikation ausgelegt, sie bedürfen Konferenzen, wechselnder Ausstellungsund Spielorte, und damit Reisen, um ihre Wirkung zu entfalten, was dann zu negativen Fußabdrücken führt. So sind gerade auch jene Kräfte, die gegen den Materialismus des Kapitalismus, gegen Konsumwahn und immer mehr Müll und andere Schädigungen streiten können, selbst immer schon Teil eines negativen Fußabdrucks. Damit erschwert nicht nur das Kosten-Nutzen-Denken die Nachhaltigkeit, sondern alle Formen menschlicher Arbeit und Unterhaltung zeigen eine mehr oder minder schädigende nachhaltige Bilanz.

Der entgrenzte Mensch und die Grenzen der Erde Band 2

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