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Arbeitsverhältnisse als Kern der Lebensverhältnisse

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Im Alltag der Menschen, in ihrer Lebenswelt, in der Kultur, in den Familien, der Erziehung und Bildung, beim Lernen wie allen Praktiken, Routinen und Institutionen des gesellschaftlichen und individuellen Lebens, gelten eine Irreversibilität der Zeit und ein zunehmend erschlossener Wirtschafts- und Lebensraum, der sich von den kleinen lokalen Einheiten des täglichen Lebens und Arbeitens bis in die fernen globalen und teils auch nur imaginierten Räume einer Fremde öffnen. Die Vorstellungen einer linearen Zeit mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bei gleichzeitiger Möglichkeit, eine allgemeine Zeitrechnung für die Koordination der menschlichen Handlungen durch die Routinen der Zeitabläufe und die Messungen der Zeit mittels Uhren und Zeitplänen zu ermöglichen, sind Grundbedingungen für die Nutzungsmöglichkeiten der Arbeit im Kapitalismus.

Wie war es vorher? Die Arbeitsverhältnisse in den feudalen Strukturen organisierten alle Arbeitszeiten saisonal nach den nutzbaren Tagen, wobei Zeiten frei von Arbeit religiös und ritualisiert legitimiert waren. Das Überleben hing sowohl von den Naturgewalten, der Fruchtbarkeit der Böden, der eigenen Gesundheit und Leistungsfähigkeit als auch von den zu leistenden Abgaben in den feudalen Herrschaftsverhältnissen ab. Obwohl der Mensch nicht im Einklang mit seiner sozialen Lage leben konnte, obwohl Not, Unterdrückung und Fremdbestimmung dominierten, so lebte er halbwegs im Einklang mit der Natur. Er war nur bedingt mächtig, in sie einzugreifen.

Mit der Moderne beginnt sich nach und nach ein neues Natur-, Zeit- und Raumverständnis zu etablieren. Dazu gehören zunächst vor allem folgende Aspekte:

Das aufstrebende Bürgertum hatte im 19. Jahrhundert steigende Bildungsbedürfnisse, die über elementare religiöse Disziplinierung und Einordnung in die Pflichten des Lebens hinausgingen. Nicht nur die Erhöhung der Produktivität der Arbeit bedurfte der Innovationen, sondern auch die Verwaltung der expandierenden Aufgaben eines Warenverkehrs, einer Administration der gesellschaftlichen Organisation auch im Rahmen der Zunahme der Bevölkerung und der Verdichtung der Arbeit in wachsenden Städten, der Entstehung und Entwicklung eines Gesundheits- und Erziehungssystems, dem Aufbau einer Finanzverwaltung, der Polizei und des Militärs. Zugleich entstanden geistige Bedürfnisse, an der Entwicklung eines modernen, aufgeklärten Zeitalters teilzunehmen, wie sie etwa von Wilhelm von Humboldt als Bildungstheorie thematisiert wurden. Dabei blieben die allgemeinen Bildungsvorstellungen allerdings klar klassenbezogen, und es setzte eine Bildungsgeschichte ein, die seither gebildete und bildungsbenachteiligte Gruppen von Menschen unterscheidet.

Der entgrenzte Mensch und die Grenzen der Erde Band 2

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