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Thomas Robert Malthus und die Überbevölkerungsfalle

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Immerhin gab es Ausnahmen in der Wirtschaftsgeschichte. Die Frage nach der Nachhaltigkeit wurde bereits für Thomas Robert Malthus angesichts der Überbevölkerung zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu einem zentralen Anliegen. Die Malthusianische Falle, auch Bevölkerungsfalle genannt, besteht für ihn darin, dass die Bevölkerung exponentiell zunimmt, die Erträge aus der Landwirtschaft aber nur linear anwachsen. Je schneller die Menschheit anwächst, desto weniger wird sie zu essen haben, das ist die schlichte Formel.

Zunächst ist diese Falle nur regional eingetreten. Zwar zeigen Hungerkatastrophen immer wieder, wie eine solche Falle lokal wirken kann, aber die Industrialisierung der Landwirtschaft hat die Erträge aus landwirtschaftlichem Anbau so gewaltig steigen lassen, dass die kritische Grenze der Überbevölkerung im Grunde bis heute nicht erreicht wurde. Es müsste niemand verhungern, wenn die Lebensmittel fair verteilt werden würden. Aber genau diese oft fehlende Fairness macht den Überlebenskampf in bestimmten Regionen der Welt schwierig und für ein Siebtel der Menschheit heute zum Überlebensproblem.8

Weil die vorausgesagte Katastrophe in den Industrieländern ausblieb, wuchs der Optimismus und der ungebrochene Glaube an den technologischen und wissenschaftlichen Fortschritt in der Moderne so an, dass die Menschen bei steigendem Wohlstand selbst Schattenseiten in Kauf zu nehmen bereit waren. Dies bedeutete schon früh ein Ende der Nachhaltigkeitsfragen. Das Denken und die Vorstellungen wurden auf Fortschritt hin konfiguriert, ein automatisch ablaufender Prozess, der durch die sichtbaren Erfolge des Fortschritts stets bestätigt werden konnte.

Erst nachdem Müll und Verschmutzung, Treibhausgase und Ressourcenverschwendung in dieser Erfolgsgeschichte offensichtlich wurden, reagierten die Menschen, wenn auch in bisher bescheidenem Ausmaß. Ein Bewusstsein für die Natur und Umwelt sind besonders abhängig vom Druck einer sozialen Gruppe. Das Bewusstsein darüber, dass etwas notwendig ist und gebraucht wird, ein Verständnis für ökologische Konsequenzen und davon abhängige soziale und subjektive Bezugsnormen, können menschliche Verhaltensmuster umso stärker bestimmen, je höher der soziale Druck durch Mehrheiten in der sozialen Gruppe anwächst. Wichtig ist dabei die soziale Bezugsnorm, die früh in der Kindheit gelernt und dann durch ständige Wiederholung, vor allem durch Gewohnheiten, sozial bestätigt wird. So lässt sich beispielsweise die Mülltrennung in Haushalten heute leichter einführen als die Vermeidung von Treibhausgasen in der Lebenswelt, weil sie sozial gewollter und besser kontrollierbar erscheint. Insgesamt lässt sich nachhaltiges Verhalten auf lange Sicht ohnehin nur hinreichend erwerben, wenn es in die Sozialisationsvorgänge mit Belohnungen oder Bestrafungen einbezogen wird. Der nachhaltig sozialisierte Mensch kann dann später leichter erinnern, was er tun sollte und zu unterlassen hat.

Der entgrenzte Mensch und die Grenzen der Erde Band 2

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