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Der Fordismus als Prototyp kapitalistischen Erfolgs

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Der Fordismus (abgeleitet vom Autofabrikanten Henry Ford), die schwere Industrie und ein »schwerer Kapitalismus«, in dem Kosten und Gewinne klar überprüft werden können, um wachsende Ergebnisse zu erzielen, sind Prototypen einer solchen Moderne. Ihre Bauruinen oder Baudenkmäler mahnen uns heute, dass man in solcher Industrie noch nicht an die Hinterlassenschaften der Produktion und des Konsums dachte: Schadstoffe, Verunreinigungen, Zerstörung ganzer Ökosysteme, das waren immer Begleiterscheinungen der schweren Industrie, wie sie heute im Ruhrgebiet oder im Rust Belt in den USA besichtigt werden können.

In der kapitalistischen Entwicklung bilden die maschinelle Produktion und der wissenschaftlich-technische Fortschritt Bedingungen, um eine schwere, solide und dynamische Moderne zu gestalten. Sie ist schwer, weil sie in Manufakturen und später Fabriken mit großer Maschinerie konstruiert wird, sie ist solide, weil ihre Materialien gebaut, verschraubt, meist unbeweglich und nur mit Aufwand zerstörbar sind, sie ist dynamisch, weil sie auf festem Boden und klaren Eigentumsverhältnissen basiert, und dennoch dynamisch nach Gewinn und Profit den Wohlstand steigert. Die maschinelle Produktion ermöglicht die wachsende Massenfertigung von Waren aller Art. Die Manufaktur verwandelt sich in eine Fabrik, die Fabriken werden zu komplexen Industrieunternehmen und Konzernen. Alles ist auf solidem Grund gebaut, immer mit privaten Anreizen auf Gewinne versehen, es drückt sich nach Größe der Anlagen, nach Volumen der Bauten aus und benutzt eindrucksvolle Fassaden, um die Gewinne und den wachsenden Reichtum nach außen zu präsentieren. Meist steht die Unternehmensvilla zu Beginn dieser Entwicklung noch in der Nähe der Fabrikgebäude, um die Zugehörigkeit zu demonstrieren. Dagegen sind die Arbeitersiedlungen in serieller und kasernenhafter Wohngestaltung eher ein Abbild der ökonomischen Nutzung und kulturellen Bedeutung der Arbeitskräfte, aber die Arbeitskräfte haben noch ein Bild der materiellen Produktion: Sie sehen den Wohlstand wachsen und entwickeln den Wunsch, an dem soliden Wohlstand teilzuhaben, wobei sie erwarten, dies nach und nach zu erreichen. Soziale Gerechtigkeit wird angesichts der ungleichen Verteilung des Wohlstands zur Dauerherausforderung.

Die Entwicklungen der Wissenschaften und Technik beschleunigen die Entfaltung der Industrie, dabei verändern sich die Anforderungen an die unterschiedlichen Teilarbeiten. Wiederkehrende Arbeiten, intensivierte Detailverrichtungen, Überwachung und Kontrolle, Erfindung und Qualitätssteigerung, Forschung und Leitung werden voneinander geschieden und wirken in zeitlicher Planung und räumlicher Anordnung dennoch zusammen. In gewissem Rahmen vollzieht sich innerhalb der Moderne mit der Steigerung der Produktivität und des gleichzeitigen gewerkschaftlichen Kampfes einer Begrenzung der Arbeitsintensität aber auch ein kontinuierlicher Wandel, der in einen flexiblen, disponiblen und auch mobilen Einsatz der Arbeitskräfte mit unterschiedlichen Kompetenzgraden mündet. Die Arbeitszeiten konnten dabei deutlich gesenkt und die Urlaubszeiten erweitert werden; soziale Gerechtigkeit wird hier in einen Verteilungskampfverwandelt. Aber der zunehmende Abstand zwischen Arm und Reich zeigt selbst in den reichen Ländern, dass die Gewinne sehr einseitig verteilt werden. Der Übergang in die flüssige Moderne, die sich durch Wanderungen des Kapitals an jene Orte auszeichnet, wo die Gewinne noch einfacher und höher zu erzielen sind, steigert diese Einseitigkeit bis heute immer mehr.

Der entgrenzte Mensch und die Grenzen der Erde Band 2

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