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§ 5 AGG könnte aber gegen europäisches Primärrecht verstoßen. Nach der Entscheidung des EuGH in der Sache Mangold[30] ist das „Verbot der Diskriminierung wegen des Alters“ als „allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts“ (jetzt: „Unionsrechts“) anzusehen. Das Verbot ergebe sich gem. Art. 6 II EUV aus den „verschiedenen völkerrechtlichen Verträgen und der gemeinsamen Verfassungstradition der Mitgliedstaaten.“ Es kann weiter aus Art. 6 I EUV i. V. m. Art. 51 I, 21 I der Charta der Grundrechte der Europäischen Union[31] hergeleitet werden.

Das Verbot gilt als primärrechtlicher Grundsatz nicht nur im Verhältnis von Privaten zu Trägern hoheitlicher Gewalt, sondern es gilt ganz allgemein, also gerade auch im Verhältnis von privatem Arbeitgeber zu Arbeitnehmer.

Damit muss sich alles rangniedrigere Recht an diesem Recht messen lassen, d. h. alle einfachen Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträge. Verstößt eine gesetzliche Regelung gegen das Verbot, ist sie „nicht anzuwenden“. Der nationale Richter muss sie inzident verwerfen.

Allerdings hat der EuGH diese Rechtsprechung nachfolgend wieder eingeschränkt. Das Verbot der Altersdiskriminierung habe nur unmittelbare horizontale Direktwirkung, wenn eine Anknüpfung zum Unionsrecht bestehe[32] bzw. wenn der Anwendungsbereich des Unionsrechts eröffnet sei.[33] Dies ist der Fall, wenn durch die im Streit stehende nationale Norm eine Richtlinie umgesetzt werden soll und die möglicherweise diskriminierende Maßnahme nach Ablauf der Umsetzungsfrist erfolgte. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da durch § 5 AGG gerade Art. 7 I der Richtlinie 2000/78 umgesetzt werden soll und die Maßnahme – hier die Einstellung – nach Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie (2.12.2006)[34] erfolgte.

Jedoch gilt das Verbot der Altersdiskriminierung auch dann nicht uneingeschränkt. Ein Verstoß scheidet grundsätzlich aus, sofern sich das rangniedere Recht im Rahmen dessen hält, was die Richtlinie 2000/78 zulässt. Nach Art. 7 I der Richtlinie 2000/78 könnte es – wie unter aa), Rz. 36 bereits erwähnt – den Mitgliedstaaten gestattet sein, private Arbeitgeber zur Durchführung von positiven Maßnahmen zu ermächtigen.[35] Es kann jedoch nicht angenommen werden, dass Art. 7 I der Richtlinie 2000/78 eine solche Ermächtigungsgrundlage enthält. Diese ist im Wortlaut der Norm nicht einmal angedeutet. Insbesondere wäre zu erwarten, dass die Richtlinie angibt, welche Akteure zu derartigen Einschränkungen der Diskriminierungsverbote berechtigt wären (z. B. die Tarifvertragsparteien).

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Selbst wenn man aber sog. „private Quoten“ grundsätzlich für zulässig hielte, könnte die hier vereinbarte „starre Quote“, die die ausnahmslose Bevorzugung bei gleicher Eignung anordnet, gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoßen, weil die Quote unverhältnismäßig ist. Dies entspräche im Ergebnis der Rechtsprechung des EuGH zur ehemaligen Bestimmung in Art. 2 IV der Richtlinie 76/207.[36], [37] Grundsätzlich müssen die Maßnahmen jedenfalls dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen.[38] Die Anknüpfung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz würde auch hier gegen die Zulässigkeit einer „starren Quote“ sprechen. Zulässig wäre z. B. eine Quote mit Öffnungsklauseln wie „soweit nicht Gründe in der Person des älteren Mitbewerbers überwiegen.“

Klausurenkurs im Arbeitsrecht I

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