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1.6 Gute Informationen als Basis
Оглавление[36] Ein zentrales Qualitätsmerkmal für Diagnostik und Interventionsplanung ist die Frage, auf welche Weise gute Informationen in Familien gesammelt werden können. Die KOFA-Methodik kennt zwei methodische Zugänge für die Informationssammlung, sowie für die Ordnung und Bewertung von Informationen. Es wird unterschieden zwischen qualitativen (interpretativen) und quantitativ-aktuarischen Zugängen (siehe Flick, 2015; Diekmann, 2016), die v.a. in der Literatur zum Risikoassessment ausführlich diskutiert werden (vgl. Hart, 1998, Webster et al. 2013; De Ruiter et al. 2012, 2013).
Strukturierte Fachliche Einschätzung (SFE)
Der qualitativ methodische Zugang wird als «Strukturierte Fachliche Einschätzung SFE» bezeichnet (in der englischsprachigen Literatur als «Structured Professional Judgement»). Zentrale Bestimmungsmerkmale des SFE-Zugangs sind die folgenden:
Strukturiert
> Die Fachpersonen gehen strukturiert vor mit Hilfe von Instrumenten, die auf empirisch gut gestützten Dimensionen für die Einschätzung basieren.
> Die begründete Strukturierung bietet Gewähr für eine vollständige und systematische Informationssammlung.
> Alle Fachpersonen nutzen die gleichen Dimensionen und dokumentieren ihre Informationsgrundlagen systematisch.
> Die Informationen sind intersubjektiv nachvollziehbar (weil vergleichbar).
Fachlich
> Die Fachpersonen nutzen Dimensionen, die theoretisch fundiert sind.
> Die Fachpersonen sind qualifiziert: eine SFE verlangt eine adäquate Ausbildung sowie ein spezifisches Training der Fachpersonen.
> Eine SFE ist anspruchsvoll und nicht für Berufsanfänger/innen im Alleingang gedacht.
> Eine SFE beruht auch auf Erfahrung und professionell begründeter Intuition.
Einschätzung
> Die Einschätzung – die Bewertung/Integration der gesammelten Daten, die Formulierung von Schlussfolgerungen und Empfehlungen – ist der anspruchsvollste Teil einer SFE. Hier geht es um ein umfassendes Fallverstehen.
> Die Einschätzung sollte im Rahmen eines Teams erfolgen (Triangulierung, Reflexion).
> In einer SFE stehen immer die Besonderheiten einer individuellen Situation oder einer Einzelperson im Fokus, nicht die statistische Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe.
Für die Praxis
[37] Die meisten KOFA-Instrumente sind als SFE-Instrumente ausgestaltet. Sie werden von Mitarbeitenden nach einem spezifischen Training genutzt. Einschätzungen und daraus abgeleitete Schlussfolgerungen müssen in der Fachorganisationen/in den Fachteams immer reflektiert und diskutiert werden (Falldiskurse, Vier-Augen-Prinzip, Validierung).
Quantitative Methoden
Der zweite Zugang ist quantitativ (auch als aktuarisch bezeichnet). Quantitative Methoden geben zählbare Kategorien vor, und Personen erreichen bestimmte Punktwerte, die sie einer bestimmten Gruppe zuweisen (vgl. Diekmann, 2001). Bei quantitativen Methoden wird die einzelne Person mit Normwerten großer Gruppen verglichen, und die Wertung erfolgt im Rahmen dieser Gruppenzugehörigkeit. Die Ermittlung eines Intelligenzquotienten (IQ) ist ein typisches Beispiel für eine quantitative (testpsychologische) Methode zur Beurteilung der kognitiven Fähigkeiten einer Person. Quantitative Instrumente können mit vergleichsweise wenig Aufwand zu empirisch gut validierten Einschätzungen von Problembelastungen oder spezifischen Fähigkeiten führen.
Für die Praxis
KOFA setzt ergänzend zur SFE in ausgewählten Modulen quantitative Instrumente ein. Einige werden von den Fachstellen selber ausgewertet (z.B. SDQ, Goodman, 1997), für andere werden spezifisch qualifizierte Fachpersonen zur Interpretation beigezogen (z.B. FEEL, LSL. EBI3).