Читать книгу Indienfahrt 1965 - Klaus Heitmann - Страница 8
5
ОглавлениеMorgens war eine Türkin drauf und dran, die Anwartschaft auf die Motorreparatur zu unterlaufen, welche wir uns am Vortag durch Eigenarbeit so mühsam erworben hatten. Sie heulte dem Werkstattpersonal so lange etwas vor, bis man ihr versprach, ihre Reparatur vorzuziehen. Erst unser Protest, bei dem die Mannschaft allen vorangegangen Querelen zum Trotz ganz geschlossen auftrat, führte dazu, dass man sich auch um unsere Sache kümmerte. Der Motor wurde unter unserer interessierten Anteilnahme Stück für Stück auseinander genommen, bis nur noch ein kleiner Block übrig blieb. Es stellte sich heraus, dass ein Zylinder samt Kolben völlig zerfressen war. Es schien eine teure Angelegenheit zu werden. Zu unserer Erleichterung hatte man dann aber günstige gebrauchte Ersatzteile parat, die wir einbauen ließen. Man arbeitete den ganzen Tag an unserem Auto und machte sogar Überstunden. Natürlich wollten wir wissen, wie bei einem so relativ neuen Fahrzeug ein solch gravierender Schaden eintreten konnte. Als man uns zu unserem Fahrstil befragte, war die Ursache schnell benannt. Wir hatten den Motor schlicht überfordert. In der Annahme, dass die Übersetzung des Getriebes wie bei einem VW-Käfer sei, hatten wir viel zu hohe Grenzgeschwindigkeiten zum Wechseln der Gänge festgelegt und auch noch peinlich darauf geachtet, dass sie auch ja eingehalten werden. Hinzu kam, dass unsere Schlafsachen hinten über dem Motor aufgetürmt waren, was das Geräusch des Motors, den man wegen seiner Lage am Ende des Wagens ohnehin schlecht hörte, so weit dämpfte, dass er immer schön weich zu schnurren schien. So hatten wir sein Leiden, das fürchterlich gewesen sein muss, gar mit mitbekommen. Schlechtes jugoslawisches Benzin, die sommerliche Hitze, hohe Beladung und die Berge, sicherlich nicht zuletzt der Wurzenpass und unsere hochtourige Attacke im ersten Gang, hatten ein Übriges dazu getan, dass unser Gefährt, das uns inzwischen vertrautes Heim und Pferd zugleich war, schon nach drei Tagen so etwas wie einen Herzinfarkt erlitt. Und da die Grenzwerte für das Umschalten nicht zuletzt unter meiner Mitwirkung als vorgeblich erfahrenem Käferreiseexperte zustande gekommen waren, tat dies meiner Stellung in der sich gerade formierenden Gruppe auch nicht unbedingt gut.
Kurz vor Eintritt der Dunkelheit war der Wagen wieder flott. Da wir den Ort unseres Unglücks unbedingt hinter uns lassen wollten, fuhren wir dennoch los. Nach etwa hundert Kilometer bogen wir von der Autoput ab, um einen Schlafplatz zu suchen, was in der Dunkelheit mit einigen Schwierigkeiten verbunden war. Bei den Vorbereitungen für Essen und Schlafen geriet Rajindra mit Gertrud aneinander, die ihn in militärisch-burschikoser Weise herumkommandierte. Er war in den vergangenen Tagen immer mehr in den Schlepptau von Gertrud geraten, die seine Anhänglichkeit nicht eben subtil zu Machtspielchen nutzte. Nur allzu offensichtlich ging es ihr dabei darum, eine Machtposition zur Sicherung von Vorteilen für sich und Vikram aufzubauen. Franz, Werner und ich beobachteten die Koalition, die sich hier zu entwickeln schien, mit einiger Skepsis. Irgendwann war dann auch Rajindra aufgefallen, dass er sich in einer merkwürdigen Lage befand, weswegen er nun aus eher kleinem Anlass aufbegehrte. Gertrud reagierte gereizt worauf Rajindra wieder völlig seine Fassung verlor. Franz und ich nutzten die Gelegenheit, Rajindra aus der Koalition zu lösen, indem wir Gertrud dezent in ihre Schranken wiesen. Kritik an ihrer Person oder ihrem Verhalten konnte sie aber überhaupt nicht vertragen, weswegen sie postwendend nun auch noch uns attackierte. Die Stimmung war daher alles andere als erbaulich. Der Verdacht war nicht von der Hand zu weisen, dass dies der Grund für das völlig ungenießbare, weil verpfefferte Abendessen war, an dem sie maßgeblich mitwirkte. Zu all dem erwies sich unser Schlafplatz auch noch als ziemlich mückenverseucht.